CORTISSIMO 09

Für eine Kreativarbeiterin haben Sie eine sehr geradlinige Karriere hingelegt, oder? Stimmt, erschreckend gerade! (Lacht.) Ich habe in den Niederlanden und Schottland studiert, bin dann in den späten 90ern nach Berlin gezogen und habe mich hier relativ schnell als Illustratorin selbst- ständig gemacht. Das war am Anfang nicht so einfach, aber nach einer Weile lief es ganz gut. Seit zehn Jahren stehe ich außerdem bei einer Agentur für Illustration unter Vertrag: 2agenten. Dadurch kommen andere Auftraggeber auf mich zu als die, die mich sonst kontaktieren. Auch die einzelnen Jobs sind dadurch andere, das ist sehr schön und abwechslungsreich. Wie kommen Illustrationsaufträge für Zeitungen oder Magazine typischerweise zustande? Die meisten Auftraggeber kennen mein Portfolio. Entweder, weil sie meine Bilder zum Beispiel in einem Magazin gesehen oder weil sie meine Homepage bzw. die der Agentur besucht haben. Wenn sie mich kontaktieren, steht das Thema des Artikels meist fest, oft ist auch der Text schon fertig. Falls er noch nicht vorliegt, bekomme ich Stichworte oder telefoniere mit dem Autor oder der Autorin. Die umreißt mir dann kurz, was sie schreibt. Meistens weiß ich vorab, was zu tun ist, also ob es ein Aufmacherbild werden soll mit einer weiteren Illustration auf der Folgeseite oder ob es nur um Vignet- ten geht oder Ähnliches. Wenn ich das Magazin nicht kenne, frage ich noch so ein biss- chen das Drumherum ab, also zum Beispiel die Zielgruppe. Geht’s hier um eine junge Optik, ist es ein eher sensibles Thema, das keine starken Bilder verträgt und so weiter. Es werden also Inhalt, Umfang und Format kurz besprochen, und dann entscheide ich mich für oder gegen den Auftrag. Es spricht auch nichts dagegen, wenn die Kunden bereits eine konkrete Vorstellung davon haben, wie es werden soll, weil ich mich dann nicht erst rantasten muss. Haben Sie nach der Lektüre des Textes sofort eine Vision, ein Bild im Kopf? Es gibt natürlich Aufträge, wo umgehend klar ist, was ich abbilde. Da geht’s dann nur noch um handwerkliche Fragen: Technik, Far- bigkeit, Komposition. Interessanter für mich sind allerdings Aufträ- ge, die inhaltlich mehr Raum bieten, Texte, die schwieriger, subtiler, psychologischer sind. Da taste ich mich visuell an die Atmosphä- re heran, die ich mit der Illustration erzeugen will. Ich habe aber nie sofort ein Bild im Kopf. Was ich im Kopf habe, ist die Stimmung eines Bildes. Und die Komposition, die suche ich dann, durch Aus- probieren bzw. Basteln. Basteln? (Lacht.) Viele, auch Studierende, lehnen das Wort kategorisch ab. Vermutlich, weil sie glauben, dass es nach Kindergarten klingt und sie befürchten, dass nichts Ernsthaftes oder Professionelles dabei herauskommt. Für mich beschreibt das Wort aber sehr gut den kre- ativen Prozess überhaupt. Weil man mit den Händen dabei ist, aus- probiert, schieben und vergleichen kann und sich erst am Ende fest- legt. Ich bastele gerne. Wie überführen Sie dann Informationen in eine Komposition, in ein Bild? Konkret kann das zum Beispiel bedeuten, dass ich die Farbigkeit eines Gewitters auf die Darstellung einer Innenraumsituation über- trage, wenn ich beispielsweise ausdrücken möchte, dass es umMob- bing geht. Das finde ich nämlich gerade das Spannende an meinem Freie Arbeiten von Rinah Lang sind als Wandbilder in unterschiedlichen Größen zum Beispiel im Human Empire Shop (www.humanempireshop.com/rinah-lang) und bei Junique erhältlich (www.junique.de/rinah-lang ). 11 CORTISSIMO 9

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