CORTISSIMO 11
CORTISSIMO 11 Haben Sie eine Zeitung abonniert? - Ich habe als Mitarbeiter der Rheinische Post Mediengruppe sowohl Zugriff auf die klassische Printausgabe als auch Zugang zu den Online-Angeboten der Mediengruppe sowie E-Paper-Ausgaben der Tageszeitung Rheinische Post, welche ich ergänzend zueinander gerne nutze. Über welche Medienkanäle — neben Print — informieren Sie sich regelmäßig? - Ich informiere mich hauptsächlich über drei Kanäle über aktuelle Neuigkeiten. Zum ersten höre ich oftmals morgens den Presseschau-Podcast des Deutschlandfunks, welcher die relevanten Themen kompakt und aus Sicht verschiedener Zeitungshäuser zusammenfasst und so einen guten Überblick mit unterschiedlichen Blickwinkeln gibt. Den Tag über nutze ich hauptsächlich Twitter, wo ich den meisten relevanten Newsportalen folge und so aktu elle Meldungen verfolgen kann. Zuletzt schaue ich, insbesondere abends, auch gern noch klassische TV-Nachrichten- und Informationsformate der öffentlich-rechtlichen Sender. Was kann Print, was nur Print kann? - Print hat für mich immer etwas mit „Commitment“ zu tun. Ich nehme mir bewusst Zeit, mich mit einem Buch auf die Couch zu legen und es zu lesen. Ich nehme mir bewusst Zeit, einem Werbemittel für den Moment des Betrachtens meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ich nehme mir bewusst Zeit, am Morgen die Tageszeitung zu lesen, um mich auf den neuesten Stand zu bringen. Digitales wird oft nur halbherzig und nebenher wahrgenommen, ohne die volle Konzentration auf die Sache, die Print dem Leser abverlangt. Wie kann Print im Wettbewerb mit Online mithalten? - Ich persönlich verbinde Print immer mit Hochwertigkeit. Dies insbesondere auf die journalistische Qualität der Inhalte bezogen. Zwar können Online-Angebote natürlich die höchste Aktualität bieten, allerdings geht in unserer schnelllebigen Zeit und mit der Erwartungshaltung möglichst als Erster über Themen zu berichten, oftmals auch die Gründlichkeit in Sachen Recherche verloren. Hier können meiner Meinung nach gerade Printprodukte punkten, indem Themen von allen Seiten und ausführlich beleuchtet werden und somit einen enormen Mehrwert gegenüber der bloßen Berichterstattung, ohne Blick auf etwaige Hintergründe, liefern. Haben Sie ein Beispiel, wie sich Print und Online optimal ergänzen? - Ein tolles Beispiel für die Ergänzung von Print und Online habe ich erst kürzlich im Kinderzimmer des Sohnes eines Freundes gefunden. Dieser hat mir beim letzten Besuch ganz stolz sein neues Buch gezeigt, in dem die abgebildeten Tiere dank zugehöriger App zum Leben erweckt werden. Mithilfe von Tablet oder Smartphone können die Kinder die Tiere nicht nur sehen, sondern auch hören. Ein wie ich finde äußerst hilfreicher Mehrwert, durch den die Kinder spiele- risch mehr über ihre Umwelt lernen können. Auf welches Printprodukt können Sie nicht verzichten? - Hier ist für mich zuerst, ganz klassisch, das Buch zu nennen, auf welches ich sowohl zu Hause auf der Couch als auch im Urlaub am Strand wahrscheinlich niemals verzichten könnte. Das haptische Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten, löst in mir ein anderes Entspannungsgefühl aus, als es ein Tablet jemals könnte. Ein weiteres, etwas spezielleres Beispiel ist für mich der Reiseführer. Vor jeder Reise kaufe ich mir gerne noch altmodische Reiseführer, in denen ich dann sowohl im Vorfeld zu Hause, während der Reise, z. B. im Flieger, oder auch letztlich vor Ort gern blättere, um mich bei der Suche nach interessanten Anlaufstellen am Urlaubsort nicht nur auf das Internet zu verlassen. Print und Urlaub — das gehört für mich zusammen. Welche Apps nutzen Sie am liebsten und welche am häufigsten? - Sowohl privat als auch beruflich und sowohl am liebsten als auch am häufigsten ist es bei mir wahrschein- lich dieselbe Antwort: Spotify. Musik spielt in meinem Leben eine sehr große Rolle, sei es unterwegs, zu Hause oder auch wenn ich mich während der Arbeit auf eine bestimmte Tätigkeit konzentrieren muss — mit der richtigen Musik geht alles leichter von der Hand. Abgesehen von Spotify ist es beruflich wahrscheinlich Trello. Ich bin ein sehr strukturierter Mensch und habe gern alles übersichtlich organisiert — dabei hilft Trello ungemein. Im privaten Bereich sind sonst wahrscheinlich vor allem Apps sozialer Medien, insbesondere Instagram, Twitter, YouTube und WhatsApp, zu nennen. Wie hat die Digitalisierung Ihren Arbeitsalltag verändert? - Meine konkrete Tätigkeit im Bereich Online-Marketing wurde durch die Digitalisierung nicht nur verändert, sondern letztlich erst geschaffen. War das Marketing noch vor nicht allzu langer Zeit lediglich auf Offline-Kanäle beschränkt, wird heutzutage erwartet, dass Unternehmen sich, angefangen von der eigenen Website bis hin zu Auftritten auf den verschiedenen Plattformen, online präsentieren und Kunden über Kanäle wie beispielsweise Newsletter ansprechen und über relevante Themen informieren. Auch die Printbranche als Ganzes spürt natürlich die Auswirkungen der Digitalisierung. Produkte werden zunehmend digital in Form von z. B. VR- und AR-Anwendungen angereichert oder mit Online-Kampagnen ergänzt und verknüpft. Wird in Ihrer Branche Künstliche Intelligenz eingesetzt? - Seitdem immer größere Datenmengen über Kunden zur Verfügung stehen, spielt KI auch im Bereich Marketing eine starke Rolle. Die Daten können durch KI besser und schneller analysiert werden, was zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil führen kann. So können beispielsweise der Erfolg von Marketingmaßnahmen deutlich schneller ausgewertet oder verbesserte Prognosen erstellt werden. Auch der Bereich der Chat- bzw. Social Bots ist eine für das Marketing relevante Ausprägung Künstlicher Intelligenz, da mit deren Hilfe z. B. Kunden- gespräche automatisiert und verbessert oder Markenwahrnehmung in sozialen Netzwerken überwacht werden können. Blick in die Glaskugel: Welche Rolle werden Printprodukte in 20 Jahren spielen? - Ich denke gerade in Hinblick auf Aspekte wie Ressourcenschonung usw. werden Print- produkte insbesondere im Bereich Marketing zukünftig, noch mehr als heute schon, eine „besondere“ Anmutung haben, also in speziellen Situationen zum Einsatz kommen, in denen Hochwertigkeit und Haptik gefragt sind. Wenn Werbemittel mehr und mehr rein digital vorhanden sind, werden analoge Produkte umso mehr einen gewissen „Aha-Effekt“ erzeugen können, der eine Abgrenzung von der Masse darstellen kann, um so nachhaltig in Erinnerung der Zielgruppe zu bleiben. 11 ROBERT HETTENHAUSEN Rheinische DruckMedien, Online-Marketing-Manager Haben Sie eine Zeitung abonniert? - Die wichtigsten Themen sind die, die um mich herum passieren. Dafür habe ich mein regionales Medium, den SÜDKURIER . Als Mit arbeiter sowohl Print als auch digital. Tatsächlich lese ich aber mehr digital. Das passt besser in meinen Alltag und ich schätze die technischen Vorteile des Smartphones, z. B. beim Weiterleiten von Artikeln. Darüber hinaus lese ich regelmäßig beruflich die Internet World Business , die einen ordentlichen Überblick über die Branche gibt, und privat ausgewählte Artikel auf medium.com , die mich besonders ansprechen und in- spirieren. Und dann gibt’s da noch einen täglichen Fußballblog zu meinem Verein, der sich über Spenden finanziert. Eine spannende Form von Journalismus, die so nur im Digitalen möglich und finanzierbar ist. Über welche Medienkanäle — neben Print — informieren Sie sich regelmäßig? - Für mich ist der Facebook Newsfeed ein Platz, an dem ich immer wieder hängen bleibe, wenn auch manchmal mit Unbehagen. Neben ein paar persönlichen Lebenszeichen aktueller und älterer Bekannter wird mir da eine bunte Mischung von News, Reportagen und Sport angezeigt. Nicht zu vergessen die tägliche Portion Cat-Content. Nachrichten aus TV finden bei mir nur noch über Mediatheken statt, meist indem ich einzelne Sen- dungen wie Dokus, Reportagen oder Magazine direkt aufrufe. Was kann Print, was nur Print kann? - Ich genieße vor allem die sich fast automatisch einstellende Ruhe und Konzentration, die durch das Lesen eines gedruckten Mediums entsteht. Wenn ich hier etwas lese, bin ich gefühlt näher dran, ich konzentriere mich, es berührt mich direkter. Außerdem kann ich markieren, ankritzeln, Post-its ankleben. Habe ich schon mit digitalen Geräten versucht, funktioniert aber nicht so selbstver- ständlich. Wie kann Print im Wettbewerb mit Online mithalten? - Etwas zu drucken, zu ver- packen und zum Konsumenten zu bringen — das ist aufwendig. Dem Leser sollte das auch auffallen und bewusst werden. Daher glaube ich, dass die Zeit massenhafter Druckprodukte, die gedankenlos in die Hand genommen und genauso schnell wieder weggeworfen werden, vorbeigehen wird. Die Kunst und der Wert des Druckens müssen wieder spürbar werden. Vielleicht bedeutet das weniger Gedrucktes, aber dafür hoch- wertiger und teurer. Haben Sie ein Beispiel, wie sich Print und Online optimal ergänzen? - Ein sehr persönliches Beispiel: Von meiner letzten Wandertour habe ich tausend Fotos digital vorliegen, die ich auch alle mehr oder weniger schätze. Besonders erstrahlen die Erlebnisse aber in den Momenten, in denen ich mit Freunden durch die Auswahl von 20 Bildern im hochwertigen Fotobuch blättere. Mit diesem Ansatz einer intelligenten Online-Print-Verknüpfung ist seit Kurzem das Start-up FindPenguins angetreten. Oder die Firmenbroschüre, die ich im persönlichen Termin mit dem Geschäftspartner überreiche. Natürlich sind sämtliche Infos auch auf der Webseite verfügbar, aber die Broschüre drückt eine andere Form von Wertschätzung aus und zeigt, dass man sich „die Mühe macht“. Auf welches Printprodukt können Sie nicht verzichten? - Fachbücher sind für mich in gedruckter Form sehr viel einfacher zu verarbeiten. Außerdem alles, was einen wertigen Charakter hat, Glückwunschkarten oder Gutscheine zum Beispiel mag ich auch lieber zum Anfassen und Überreichen. Welche Apps nutzen Sie am liebsten und welche am häufigsten? - Mal Mail und Whats- App außen vor gelassen sind das Trello im Beruflichen und Soundcloud im Privaten. Wie hat die Digitalisierung Ihren Arbeitsalltag verändert? - Ich bin gerade noch kurz vor den Digital Natives groß geworden, kam aber schon sehr früh mit Handys und PCs in Berührung, mit 17 dann die ersten Gehversuche im Internet. Die erste spürbare Trans- formation war für mich der Einzug der Smartphones verbunden mit „always on“. Zuvor war der Gang ins Internet ja noch mit einer Aktivität verbunden. Auf einmal ist das Internet immer da, überall. Gleichzeitig habe ich im beruflichen Kontext lernen müssen, dass einige Wahrheiten aus dem Desktop-Internet im Mobile-Zeitalter nicht mehr gelten. Für mich bedeutet Digitalisierung aber vor allem die Chance, sehr nahe an den Kunden und seine Bedürfnisse zu kommen. Die führenden Digitalunternehmen schaffen eine so enge emotionale Bindung zu ihren Kunden, dass sie zur „love brand“ werden. Wird in Ihrer Branche Künstliche Intelligenz eingesetzt? - Noch ist der Journalismus sehr durch die Menschen geprägt, aber die ersten konkreten Ansätze sind natürlich schon da. Die Auswahl der Newsfeeds wird durch Algorithmen gestützt, Artikel automa- tisiert geschrieben, Inhalte semantisch von Maschinen verstanden. Die wirklich großen Veränderungen stehen uns da aber noch bevor. Ich denke Voice-Services werden hier für große Bewegung sorgen. Blick in die Glaskugel: Welche Rolle werden Printprodukte in 20 Jahren spielen? - Im Jahr 2040 schweben wir in Flugtaxis durch die Luft, lassen Maschinen für uns arbeiten und setzen laut NASA-Prognose den ersten Schritt auf den Mars. Sicher wäre es eine schöne Geste, den Marsianern ein gutes gedrucktes Buch mitzubringen — statt einem USB-Stick mit eBook drauf. Was ich mir konkret vorstellen könnte: Aus allen SÜDKURIER -Artikeln, die mich übers Jahr am meisten bewegt haben, wird am Ende des Jahres mein ganz persönliches Jahresbuch erzeugt. Eine im wahrsten Sinne des Wortes greifbare Erinnerung, die bleibt. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass es noch einige Innovation in bedruckbaren Materialien geben wird. Eine echte Verbindung zwischen haptischem, bedrucktem Material und dynamischen interaktiven Anteilen. Und Druck wird 3D, auch in Medien. Dann muss nur noch die Zustellung klappen, wenn der Miniatur-Eifelturm auf Seite 1 der Tageszeitung steht. MATTHIAS KIECHLE Media Favoriten, Geschäftsführer
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