KNOW!S 01-2018

EINE SEITE ZU DUNKEL. EINE FARBE ZU BLAU. EIN HEFT SCHIEF GESCHNITTEN. Das passiert nicht oft bei Schaffrath. Aber wenn doch, landen die Reklamationen bei Gottfried Brouwers. Der 59-Jährige ist zuständig für das Qualitätsmanagement im Hause. „Ich gehe dann zu den Druckmaschinen. Die Kollegen dort müssen von jedem Bogen zehn zur Seite legen, stempeln und unterschreiben.“ Brouwers vergleicht die archivierten Bogen dann mit der Reklamation des Kunden. Hat der Kunde recht, geht er auf Fehlersuche. „Es kann zum Beispiel passieren, dass die ersten Bogen, die aus der Druckmaschine kommen, farblich nicht 100-prozentig sind.“ Normalerweise werden diese „Anlaufbogen“ aussortiert. Durch technische Fehler kann es aber auch passieren, dass die Bogen weiterverarbeitet werden. „Das ist dann natürlich verdammt ärgerlich. Aber das ist Berufsrisiko. Das passiert jedem Drucker.“ Brouwers muss es wissen. Er hat selbst „29 Jahre an der Front gearbeitet“, wie er sagt. Dass Brouwers so über seine Zeit als Drucker spricht, hat seine Gründe. 1985 geriet seine linke Hand in eine Druckmaschine, zwischen einen Stahlzylinder und eine Hartgummiwalze. „Da passt eigentlich nur ein Blatt Papier dazwischen. Die Hand war dann platt wie eine Zeitung.“ Man stellte Brouwers daraufhin frei, bei Schaffrath in einen Bürojob zu wechseln. Aber für ihn kam das nicht infrage. „Als ich wieder an der Druckmaschine stand, hatte ich gewonnen. Da war keine Angst mehr.“ Knapp 25 Jahre arbeitete Brouwers nach dem Unfall noch an der Maschine, dann wechselte er ins Qualitäts­ management – „aus gesundheitlichen Gründen“. Nun also doch geruhsames Büroleben? „Das Gegenteil!“, sagt er. Brou­ wers Tage starten um 6 Uhr. Er schaut dann bei den Kollegen der Ahland Buchbinderei Niederrhein vorbei, mit denen Schaffrath eng zusammenarbeitet. „Sollte in der Nachtschicht bei denen oder bei uns etwas schiefgegangen sein, können wir das morgens noch klären und so Stillstände vermeiden.“ Danach läuft Brouwers die Druckmaschinen ab, schaut bei der Weiterverarbeitung und dem Versand vorbei. Dann ruft der Schreibtisch. Aber mehr als 20 Prozent sei­ nes Tages verbringt der Qualitätsmanager nicht im Büro. „Ich versuche, bei möglichst vielen Produktionen dabei zu sein, auch wenn das bei 200 verschiedenen Aufträgen pro Monat natürlich nicht immer klappt.“ Dieser Einsatz kann sich sehen lassen. Die Zahl der Reklamationen ist bei Schaffrath so niedrig wie noch nie. Neben den qualifizierten Kollegen im Druck liegt das auch an den Softproof-Bildschirmen, die Brouwers hat anschaf­ fen lassen. Die riesigen Monitore hängen neben den Druck­ maschinen und zeigen die Farben des finalen Ausdrucks verbindlich an. Früher mussten die Drucker ihrem Augen­ maß vertrauen. „ Aber jeder hat ein anderes Farbauge, jeder sieht seine Farbe anders“, sagt Brouwers. „Die großen Bildschirme sind da eine große Arbeitserleichterung.“ Nicht nur bei großen Umstellungen wie diesen profi­ tiert Brouwers von seiner Zeit „an der Front“. „Die Kollegen wissen, ich komme von der Maschine, und was ich sage, hat Hand und Fuß.“ Er sagt das ganz trocken. So trocken, dass man nicht weiß, ob er gerade einen Witz auf eigene Kosten gemacht hat. Passen würde es. Denn wenn Gottfried Brouwers über sein Leben und seinen Beruf spricht, sind da keine Schwere, kein Stocken, keine Traurigkeit, sondern nur Zuversicht und Humor. So locker und professoniell klingt seine gute Laune, dass man ihn am Ende darauf ansprechen muss. „Ich war elf Jahre lang Präsident des Karnevalvereins“, sagt er dann. Heute verbringt Brouwers seine Freizeit vor allem damit, sich um seine hochbetagten Eltern zu kümmern und sich „nicht über Schalke zu ärgern.“ Brouwers könnte aufgrund der Schwerbehinderung schon in drei Jahren in Rente gehen. Aber davon will er nichts wissen. „Mein Job macht mir Spaß, und ich habe noch Ziele.“ Er hört erst auf zu arbeiten, wenn er muss. Bis dahin sorgt Brouwers weiter dafür, dass bei Schaffrath die Qualität stimmt.  Schaffrath Köpfe  EinGesprächmit Gottfried Brouwers TEXT: MARTEN HAHN  Foto: schaffrath medien KNOW ! S  01/2018 33 SCHAFFRATH KÖPFE: GOTTFRIED BROUWERS

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