KNOW!S 01-2019

2017 erhielt Bio-Lutions den Deutschen Verpackungspreis in der Kategorie Nachhaltigkeit. Der Industriedesigner Eduardo Gordillo ist Gründer und Vorstand von Bio-Lutions in Hamburg. Drastische Fotos von aufgeschnittenen toten Meerestie- ren, die durch im Wasser treibende Tüten erstickt sind, von auf stadtgleichen Müllhalden lebenden Menschen in Asien oder von Supermärkten, in denen einzelne Lebensmittel mehr Verpackung als eigenes Volumen haben. Wenn Menschen über eine umweltbewusstere, nachhaltigere Lebensweise nachdenken, landen sie schnell bei Plastik. Vor dem diesjährigen Verpackungskongress im März in Berlin hat eine repräsentative Umfrage ergeben, dass fast 40 Prozent der Konsumenten die Entwicklung alternativer Verpackungsmaterialien vorantreiben wollen. Ein Anliegen, das allein in Deutschland bereits Dutzende Start-ups umsetzen: Sie stellen Polyethylen aus Zuckerrohr und nicht aus Erdöl her, verpacken flüssige Nahrung mit essbaren Algen, ersetzen Styropor mit Pilzkulturen oder verkaufen Lebensmittel in Unver- packt-Läden. „Am Ende entscheiden die Menschen“ Das Hamburger Start-up Bio-Lutions versucht, eine von Papier und Plastik unabhängige Produktion von Verpackungen aufzubauen, für die vor allem Agrarreste verarbeitet werden sollen — und zwar „in einem Land aus dem Land für das Land“, führt Geschäftsführer und Gründer Eduardo Gordillo, ein gebürtiger Kolumbia- ner, seine „romantische Vorstellung“ aus: Seit Anfang des Jahres hat Bio-Lutions in Indien eine erste Fabrik. „Indien war eines der ersten Länder, in denen ein Plas- tikverbot erlassen wurde“, zumindest in einigen Bun- desstaaten, zählt Gordillo den ersten von drei Gründen für die Wahl des Standortes in Bangalore auf, „zudem ist das Problem mit Plastik dort überall sichtbar.“ Und auch die Finanzen spielen eine Rolle, gibt der studierte Architekt und Industriedesigner zu. Einerseits würde es entsprechende Kredite geben, andererseits seien „Fehler am Anfang viel billiger als in Deutschland“. Gordillo erzählt von einem Markt, „der nicht einfach ist“. Papier sei die logischste Alternative für Plastik — und der größte Konkurrent für Bio-Lutions. Doch die Nachfrage nach nachhaltigeren und weniger Ressour- cen verbrauchenden Alternativen würde wachsen. „Am Ende entscheiden die Menschen, ob sie ökolo- gisch konsumieren wollen“, sagt Gordillo, der von einer gerade erfolgreichen Finanzierungsrunde für weitere Fabriken berichtet. Auch in der Umfrage vor dem Ver- packungskongress sah sich fast jeder zweite Befragte bei der Verantwortung für den Plastikmüll selber als Teil der Konsumgesellschaft in der Pflicht, noch vor den Herstellern und Händlern. „Produkt und Verpackung wachsen zusammen“ In Indien stellt Bio-Lutions zunächst erneuerbares Einweggeschirr her — aus selbstbindenden Fasern aus Bananenstämmen. Gordillo betont, dass dafür keine chemischen, sondern nur mechanische Prozesse statt­ finden: „Wir extrahieren gar nichts, sondern reinigen und schreddern nur.“ Die Pflanzenteile werden dann mit einer Maschine zu besonders feinen Faserstückchen zermahlen. Auch für Tomatenstängel oder Zuckerrohr- blätter wäre der Prozess denkbar. Später will Gordillo Verpackungen für Obst und Gemüse herstellen: „Pro- dukt und Verpackung wachsen so zusammen.“ Für die Idee erhielt Bio-Lutions den Deutschen Ver­ packungspreis 2017 in der Kategorie Nachhaltigkeit. In der Verpackungsbranche ist das Thema längst bestim- KNOW ! S  01/2019 19 PFLANZEN STATT PLASTIK Fotos: Bio-Lutions

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