U
rsprünglich absolvierte
Harald Heinicke eine
Ausbildung zum Koch.
Doch nach seiner Zeit
bei der Bundeswehr wollte er
im öffentlichen Dienst arbeiten
und das möglichst draußen, an
der frischen Luft. Wie er zu sei-
nem Job kam, erklärt er so: „Das
Stadion ‚Platz 11‘ ist eine öffentli-
che Anlage. Ich bin beim Sport-
amt beschäftigt und dadurch zu
Werder gekommen.“ Nicht nur
beruflich, sondern auch privat
gehört seine Leidenschaft den
Grün-Weißen: „Ich bin schon
ins Weser-Stadion gegangen, als
ich mir noch fast in die Hosen ge-
macht habe.“ Inzwischen schafft
er es nur noch selten zu den
Spielen der Profis, weil zumeist
zeitgleich auf ‚seinen‘ Plätzen
gespielt wird. Dafür sieht er alle
Spiele der U 23. Lediglich zwei
hat er bisher aus Urlaubsgründen
verpasst.
Klar, dass sich
der Urlaub nach
der fußballerischen Sommerpau-
se richtet, schließlich wird er
ansonsten gebraucht. Denn der
Platzwart kommt als Erster und
geht als Letzter. Und da Harald
Heinicke mit seiner Ehefrau di-
rekt an ‚Platz 11‘ wohnt, ist er
immer erreichbar. „Eine Dienst-
wohnung hat Vor- und Nachteile:
Der Vorteil ist, dass ich schnell
da und abends schnell wieder
zu Hause bin. Der Nachteil ist,
auch nachts ständig erreichbar
zu sein. Da wird man auch mal
aus dem Bett geholt.“ Das Leben
als Platzwart ist also quasi ein
24-
Stunden-Job. Und einer ohne
Alltags-Langeweile. „Hier ist
immer alles anders. Ich glaube
nicht, dass es in den 17 Jahren
irgendeinen Tag gab, der so war
wie ein anderer.“
Ob er im Urlaub
auch mal abschal-
ten und Werder und den Fußball
außen vor lassen könne? „Selbst
auf Gran Canaria gibt es immer
Werder. Auf der Strecke von
unserem Urlaubsort nach Playa
Mogan ist ein riesiger Felsen, auf
dem Werder Bremen als Graffiti
steht“, erzählt Heinicke. „Fuß-
ball und Fußballfelder dürfen da-
gegen nicht in der Nähe des Ho-
tels sein. Damit will ich wirklich
nichts zu tun haben. Ich nehme
auch kein Handy mit, habe kein
Internet im Urlaub. Dadurch
kann ich richtig abschalten.
Und wenn ich dann nach drei
Wochen wiederkomme, bin ich
richtig heiß auf die Arbeit. Auch
wenn ich eigentlich noch Urlaub
habe, laufe ich auf dem Platz
rum und schaue, was ich schon
mal erledigen kann.“
Dass er bereits 57 Jahre
alt ist,
merkt man Harald Heinicke nicht
an. „Durch die Arbeit mit den jun-
gen Menschen bleibt man selbst
jung im Kopf“, sagt er, fügt aber
hinzu, dass er das Alter bei der
Arbeit durchaus spüre. Vor allem,
wenn es ans Kreiden der Plätze
geht: „Früher hab ich fünf Plätze
in fünf Stunden geschafft. Heute
brauche ich sieben Stunden.“ Bei
aller Arbeit bleibt er stets gelas-
sen und schmunzelt: „Auf ‚Platz
11‘
trainieren unter anderem die
Leichtathleten, da werden auch
Speere geworfen. Der Rasen muss
das aushalten, sonst hätte er Golf-
platz werden müssen.“
Die schönste Bestätigung
für sei-
ne Arbeit sind die Erfolge der Wer-
der-Fußballer: „Wenn man sieht,
wie sich aus dem unteren Jugend-
bereich ein Spieler nach oben
arbeitet, irgendwann in der U23
spielt und man ihn dann sogar im
Weser-Stadion sieht, dann ist das
ein ganz besonderes Erfolgserleb-
nis – obwohl ich damit eigentlich
nichts zu tun habe. Denn ich bin
ja nicht der Trainer, sondern der
Platzwart. Aber jeder Spieler ist
auch ‚mein‘ Junge, denn letztend-
lich werden sie durch alle, die hier
arbeiten, geprägt.“
Anne Baumann
Auf ‚Platz 11‘ zu Hause
Harald Heinicke kümmert
sich als Platzwart unter
anderem um die Heimspiel-
stätte der U23.
Kein Tag ist wie
der andere
Wer beim SV Werder den gu-
ten Zustand der Spielanlagen lobt, der lobt auch Ha-
rald Heinicke. Seit 1995 ist er Platzwart für die Plätze
am Weser-Stadion und sorgt dafür, dass auf perfektem
Grün trainiert und gespielt werden kann.
Foto: M. Rospek
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