Spieler wechsel dich...
Es war
der erste Spieltag der Saison 1967/1968. Werder star-
tete mit einem Heimspiel, dem Derby gegen den Ham-
burger SV. Und dabei gab es eine besondere Premiere.
D
as Spiel begann gut
für die Grün-Weißen,
Bernd Rupp brachte
die Hausherren in Füh-
rung. Nur wenig später musste
HSV-Torhüter Arkoc Özcan aus-
gewechselt werden. Der Türke
hatte sich den kleinen Finger der
rechten Hand gebrochen und
wurde durch Erhard Schwerin
ersetzt. Eine Tatsache, die dem
heutigen Fußball-Zuschauer nur
mäßig interessant erscheint. Da-
mals war es jedoch etwas Beson-
deres: Arkoc Özcan wurde als
erster Spieler in der Bundesliga-
Geschichte ausgewechselt.
Denn bei Einführung
der Bundes-
liga 1963 waren Wechsel noch
nicht vorgesehen. Die Spieler
mussten vom Anpfiff bis zum
Abpfiff auf dem Platz stehen. Ver-
letzte Spieler blieben quasi als
Statisten‘ auf dem Spielfeld.
Nachdem die FIFA
nach jahrelan-
gen Diskussionen endlich den
Wechsel genau eines Spielers ge-
stattete, entschied sich der Deut-
sche Fußball-Bund (DFB), ab
der Saison 1967/1968 ebenfalls
einen Wechsel pro Mannschaft
zuzulassen. Damit sollte den
Trainern die Möglichkeit gege-
ben werden, verletzte Spieler
vom Feld zu nehmen und gesun-
de einzuwechseln. Daher lautete
die Regel: ‚Der Tatbestand einer
Verletzung muss von einem An-
gehörigen des betroffenen Ver-
eins festgestellt werden.‘
Diese Neuerung
war sehr erfolg-
reich und wurde bereits am ers-
ten Spieltag von der Hälfte der
Vereine genutzt. Schließlich bot
die Einwechslung eines frischen
und ausgeruh-
ten Spielers
nicht nur die
Möglichkeit, ei-
nen verletzten
Spieler zu entlasten. Der Ein-
wechselspieler konnte auch für
einen Überraschungsmoment
sorgen und die bereits einge-
spielte Ausrichtung der gegneri-
schen Mannschaft durcheinan-
derbringen.
Durch die Einwechslungen
ent-
stand ein neuer Spielertypus,
den es bis heute gibt: der Joker.
Die Trainer wechselten schon
damals oft Angreifer ein, die
den entscheidenden Impuls ga-
ben, um eine verloren geglaubte
Partie doch noch zu gewinnen.
Ein Verein, der das Konzept des
Jokers gut umzusetzen verstand,
war der 1. FC Nürnberg: Unter
anderem mit geschickten Ein-
wechslungen des österreichi-
schen Alt-Stars August Starek
gelang den Franken der Gewinn
des deutschen Meistertitels 1968.
Aufgrund des Erfolgs der neu-
en Regelung entschloss sich der
DFB nur ein Jahr
später dazu, die
Za h l
der Aus-
wechslungen auf
zwei zu erhöhen
und eine Verletzung nicht mehr
als Bedingung vorzuschreiben.
Die Möglichkeit, drei Spieler aus-
zuwechseln, erhielten die Trai-
ner ab 1995.
Der Hamburger
Torhüter Arkoc
Özcan konnte nach auskurier-
tem Fingerbruch am vierten
Spieltag wieder spielen. Wäh-
rend der Türke in die Bundesliga-
Geschichte einging, wird das
Ergebnis des damaligen Nord-
derbys an dieser Stelle lieber ver-
schwiegen ...
Anne Baumann
Historische Premiere
HSV-Torhüter Arkoc Özcan (kl. Foto und
großes Foto, li.) ging 1967 als erster Spieler, der jemals in der
Bundesliga ausgewechselt wurde, in die Fußballgeschichte ein.
Fotos: imago, picture-alliance
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