WERDER MAGAZIN Nr. 343

WERDER MAGAZIN 343 13 INTERVIEW Ist es gleichzeitig auch die größte Herausforderung in der Geschichte des SV Werder Bremen? Ganz sicher eine der größten, aber es gab auch in der Vergan- genheit bereits besondere Herausforderungen. Sei es 1978, als wir die Lizenz für die Bundesliga-Teilnahme nur unter erheb- lichen Auflagen bekommen haben, oder 1980 der Abstieg in die zweite Liga, nach dem sich vieles neu sortieren musste. Aber der Blick zurück zeigt: Werder ist jedes Mal gestärkt aus diesen Krisen hervorgegangen. Ich hoffe, dass das auch jetzt so sein wird. Was genau war und ist denn die größte Herausforderung? Tatsächlich die Gesamtgemengelage. Egal, ob die Entscheidung für Kurzarbeit, die sich ständig verändernde Infektionslage, die Frage der Fortsetzung des Spielbetriebs, die Spiele ohne Zu- schauer, die Kritik aus Fankreisen, Kritik an der Geschäftsfüh- rung, wir würden nicht aktiv handeln – jedes Thema für sich fordert einen, weil man sich reflektieren, sich legitimieren muss. Und weil man Antworten finden muss. Es kamen viele Dinge zusammen. Natürlich gab es dabei auch Zielkonflikte, so dass man nicht allen gerecht werden konnte. Niemand hat sich zum Beispiel auf Spiele ohne Zuschauer gefreut. Aber nur diese Spiele sichern uns erstmal das finanzielle Überleben über den Sommer hinaus. Warum hat sich die Geschäftsführung entschieden, die finan- ziellen Nöte so transparent offenzulegen und genaue Zahlen der drohenden Verluste zu nennen? Weil uns klar war, dass es auf wenig Akzeptanz stößt, wenn man von den Fans Opfer verlangt, ohne zu erklären, worum es genau geht. Deshalb haben wir ganz konkret gesagt, dass wir eine riesige finanzielle Herausforderung zu bewältigen haben und es tatsächlich darum geht, ob wir mittelfristig weiterhin als Fußball-Bundesligist überleben können. Um diese Situation nachvollziehbar zu machen und daraus auch ein Verständnis zu wecken und vielleicht sogar eine Akzeptanz, dafür war Trans- parenz unabdingbar. Den Clubs wurde vorgeworfen, dass sie zu schnell in finanzielle Not geraten… Das ist bei näherem Hinsehen aber nicht zutreffend. Auch bei anderen wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen ging es in der Coronakrise sehr schnell um Kurzarbeit bis hin zur Inanspruch- nahme von Staatshilfen – in einem Zeitraum nicht kürzer als der, den die Clubs der DFL und auch wir gesehen haben. Zum anderen: Wenn finanzielle Mittel, die seriös fest eingeplant wa- ren – wie TV-Erlöse und bereits vereinnahmtes Geld aus Ticket- verkäufen – auf einmal nicht mehr zur Verfügung stehen oder sogar wieder zurückgegeben werden müssen, dann kann das kein Unternehmen verkraften. Wenn wir davon ausgehen, dass wir allein in der noch laufenden Saison bis zu 25 Millionen Euro als Risiko vor uns herschieben – Geld, das wir eigentlich fest auf der Habenseite hatten – und das bei einem Gesamtumsatz von etwa 120 Millionen Euro, dann kann sich jeder ausrechnen, dass das kein Unternehmen – auch nicht Werder Bremen – einfach wegstecken kann. Wie immer wurde alles, was der Profifußball macht, auch in den vergangenen Wochen von der Öffentlichkeit genau beobachtet. Es gab sehr extremeWahrnehmungen und Äußerungen. Was hat Sie am meisten gestört? Tatsächlich die vielfach populistische Wahrnehmung, die dazu geführt hat, dass man unsere Erklärungen und Einschätzungen nicht mit der nötigen Seriosität behandelt hat. Beim Verhalten der Bundesliga-Clubs und ihrem Bestreben, die Saison fortzu- setzen, ging es um mehr als wirtschaftliche Beweggründe. Es ging um existenzielle Gründe. Und man muss wissen: Wenn man einen Bundesliga-Standort erhalten möchte und zum Beispiel Werder Bremen in der ersten Liga haben will, dann musste man sich fragen, ob man politisch bereit ist, ein vertretbares Risiko einzugehen. s  UM ALLES“ Foto: gumzmedia

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=