WERDER MAGAZIN Nr. 343

18 WERDER MAGAZIN 343 INTERVIEW heute noch nicht abschließend, ob die Saison zu Ende gespielt wird und welche finanziellen Lasten wir letztlich genau stem- men müssen. Bei Bedarf müssten wir mit den Profis noch einmal sprechen. Aber wir sollten die Diskussion über den Gehaltsver- zicht nicht als Neiddebatte führen. Wie haben die weiteren Mitarbeiter die Krise bisher bewältigt? Wir haben mit einem Großteil der Beschäftigten Kurzarbeit ver- einbart. Es war nicht selbstverständlich, dass alle zustimmen, auch wenn wir beschlossen haben, die finanziellen Einschrän- kungen der Kurzarbeit abzufedern. Diese Aufstockung ist für uns eine finanzielle Herausforderung, aber auch ein Teil der sozialen Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern, die uns sehr damit geholfen haben, dass sie sich vor dem Hintergrund der besonderen Lage bereiterklärt haben, in Kurzarbeit zu gehen. In den vergangenen Wochen ging es auch immer wieder darum, welche Lockerungen die einzelnen Bundesländer zulassen. Vie- les bei Werder war somit von den Entscheidungen der Politik abhängig. Nun wird auf das Verhältnis des Clubs zur Bremer Politik gern besonders geschaut. Wie haben Sie dieses Verhält- nis zuletzt erlebt? Wir haben uns mit den Vertretern des Senats, dem Bürgermeis- ter, den zuständigen Senatorinnen und Senatoren immerwieder ausgetauscht und hatten ein sehr vertrauensvolles Miteinander, um auf beiden Seiten einen Beitrag dazu zu leisten, diese Krise zu bewältigen. Dabei wurde sicher mit kritischen Anmerkungen nicht gespart. Die Politik hat ihre Skepsis bei gewissen The- men deutlich gemacht. Aber es zeichnet einen vertrauensvollen Dialog aus, dass man sich auch die kritischen Dinge sagen kann. So harmonisch hat die Öffentlichkeit das Verhältnis allerdings nicht durchweg wahrgenommen… Wenn wir uns mit dem Bremer Innensenator über Polizeikosten streiten, dann ist das ein Thema, bei dem wir wirklich unter- schiedlicher Auffassung sind. Aber ansonsten arbeiten wir an vie- len anderen Stellen sehr vertrauensvoll und professionell zusam- men. Das will dann aber oft keiner hören. Jetzt gab es tatsächlich die nächsten kritischen Fragen: Werden sich Fans bei den Spielen ohne Zuschauer vor dem Stadion versammeln? Und wird der In- nensenator kraft Verfügung das Spiel daraufhin absagen? Auch da haben wir viel miteinander gesprochen, die Lage beurteilt und sind am Ende zu der übereinstimmenden Einschätzung ge- kommen, dass daran die Durchführung der Spiele nicht scheitern wird, weil die Fans wissen, in welche Situation sie Werder bringen, wenn sie sich nicht entsprechend der geltenden Regeln verhalten. Wie lange werden die Schulden, die Werder durch die Corona- Krise aufnehmen musste, den Club begleiten? Dieser Schuldenberg kann nur aus Gewinnen wieder abgetragen werden. Und wenn wir weiter den Anspruch haben, uns als Club zu entwickeln, in die Infrastruktur zu investieren und natürlich unseren Kader, so gut es unter diesen Wettbewerbsbedingungen geht, konkurrenzfähig zu halten, dann werden wir im Rahmen der Tilgung an der einen oder anderen Stelle an finanzielle Gren- zen kommen. An der Abtragung dieser Verbindlichkeiten werden wir viele Jahre tragen. Das werden wir bei zukünftigen Investitio- nen oder Planungen immer berücksichtigen müssen. Welche Auswirkungen hat das auf den angestrebten Bau des neuen Sportcampus, der auch das Nachwuchsleistungszentrum beinhalten soll? Wir halten weiterhin an der Planung fest und betreiben das Ge- nehmigungsverfahren mit allen seinen Facetten. Der von uns eingesetzte Moderator sucht derzeit weiterhin das Gespräch mit den Anwohnern, um den Kommunikationsprozess mit ihnen und mit der Ortspolitik zu strukturieren. Wann wir tatsächlich so weit sind, dass wir bauen, das können wir derzeit nicht sagen. Gegenwärtig haben wir Verbindlichkeiten aufgenommen, um den laufenden Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Und da können wir nicht noch Verbindlichkeiten in gleicher Höhe aufnehmen, um den Sportcampus zu bauen, sondern müssen hier erst wieder die Balance herstellen. Wie sehr schmerzt diese Entwicklung? In den vergangenen Monaten und Jahren haben viele Menschen eine Menge Arbeit in dieses Projekt gesteckt. Wir haben detail- liert geplant und versucht, alle Wünsche aufzunehmen. Wir wis- sen, dass wir mit diesen Planungen im Fokus der Anwohner und der Politik stehen. Der Prozess besteht aus vielen schwierigen Etappen mit Kompromissen und kommunikativen Herausforde- rungen. Wenn man dann weiß, dass die Realisierung noch einmal erschwert wird, dann schmerzt diese weitere Hürde natürlich. Welche finanziellen Auswirkungen haben die Herausforderun- gen des Profifußballs und damit der Kapitalgesellschaft auf den eV? Der eV ist Eigentümer der Kapitalgesellschaft. Wenn es der KG gut geht, geht es auch dem eV gut, der sich vor allem aus den Zahlungen der KG und aus den Beiträgen der Mitglieder finan- ziert. Wenn die KG nicht mehr so stark ist, merkt das auch der eV, weil er weniger Geld zur Verfügung hat. Wir müssen den- noch versuchen, das Sportangebot für die Mitglieder angemes- sen aufrechtzuerhalten, also zum Beispiel Wettkampfstätten in Schuss zu halten und für gute Trainings- und Wettkampfbedin- gungen zu sorgen. Wird der SVWerder nach dieser Krise ein anderer sein als vorher? Ich hoffe, dass wir uns das Wesentliche bewahren. Dass wir unserer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung weiter gerecht werden. Dass wir in Bremen weiterhin eine hohe Identi- fikation mit Werder haben. Und dass wir den außergewöhnlichen Zusammenhalt bei Werder, den es auf allen Ebenen gibt – in den Gremien, in den verschiedenen Abteilungen und auch im Verhält- nis der Bundesliga-Mannschaft zu den Fans – weiterhin leben können. Das ist unser Faustpfand, und das dürfen wir nicht aus der Hand geben. s

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