WERDER MAGAZIN Nr. 343

WERDER MAGAZIN 343 19 Alle fragen sich: Wird sich der Profifußball verändern? Der Profifußball wird nicht darum herumkom- men, sich kritisch zu reflektieren. Weil er sich gerade jetzt, wo deutlich geworden ist, wie anfällig er für bestimmte Krisensituationen ist, der Kritik stellen muss, dass bestimm- te Auswüchse, die nicht gut sind, verändert werden sollten. Ich finde, dass wir bei Werder vieles richtigmachen – sei es durch unsere Fan- Nähe oder das gesellschaftliche Engagement und die soziale Verantwortung. Aber natürlich leiden wir auch unter den herrschenden Struk- turen. Im Konkurrenzkampf der Fußball-Bun- desliga sind wir bei Werder stolz, die ‚50+1‘-Re- gelung zu leben, andere Clubs halten sich aber nicht mehr daran. Wir können mit unseren Ver- marktungsmöglichkeiten in Bremen und umzu nicht mit anderen Clubs mithalten. Und das schlägt sich irgendwann auch nieder. Darauf muss der Profifußball Antworten finden. Wir brauchen einen Wettbewerb, der nicht vorher- sehbar ist. Die Bundesliga muss sich außerdem dazu bekennen, dass es eine Verbindung zwi- schen Profi- und Amateurfußball gibt. Wir dür- fen zum Beispiel die 3. Liga und die Regional- ligen nicht abhängen. Am Ende müssen auch die Bundesliga-Clubs etwas von ihren Einnah- men in diese Bereiche einfließen lassen. Und das Thema ‚nachhaltiges Management‘ muss uns in Zukunft noch mehr leiten als bisher. Sie waren auch in den vergangenen Wochen im intensiven Aus- tausch mit den Fans. Wie haben Sie ihnen die Situation erklärt? Ich hatte bislang zwei Videokonferenzen mit Vertretern des Dachverbands und des Fanprojekts. Auch die Ultra-Gruppen wa- ren eingeladen, haben aber kurzfristig ihre Teilnahme abgesagt. Dabei wurden ganz klare und auch kritische Fragen gestellt: Wie dramatisch ist die Situation wirklich? Wie steht es genau um Werder? Wie beurteilt ihr die ‚Kurvenheld‘-Aktion? Mussten wir wirklich die Quarantänezeit im Park-Hotel verbringen? Ich habe sehr transparent berichtet und dabei gemerkt, dass durch diese Offenheit ein Verständnis dafür geweckt wurde, welche Maßnahmen wir als Verantwortliche daraus ableiten mussten. Natürlich hat niemand gesagt, dass er Spiele ohne Zuschauer toll findet. Aber nach diesem Austausch war den Fans klar, war- umWerder diese Spiele braucht und warum wir bestimmte Ent- scheidungen – trotz öffentlicher Kritik – getroffen haben. Gemeinsammit Klaus Filbry und Frank Baumann haben Sie sehr früh gesagt, dass auch die Geschäftsführung auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet. Dabei ist die an sich schon intensive Arbeit in den vergangenen Wochen nicht weniger geworden… Aber es war einfach ein praktischer Beitrag und gelebte Solida- rität. Auch um gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern deutlich zu machen: Wir schicken euch nicht in Kurz- arbeit, um unsere Gehälter zu sichern. Wir wollten mit gutem Beispiel vorangehen. Denn es geht in diesen Wochen tatsächlich um alles. Wie sind Sie im Privatleben bisher mit den Folgen der Corona- Pandemie umgegangen? Durch die Kontaktsperre hatte ich im Gegensatz zu früher keine Abendtermine, habe die Abende also zu Hause verbracht. Und natürlich haben mich dabei die Gedanken daran begleitet, was wir noch tun können, um die Situation bei Werder zu meistern. Klar fehlten auch mir die sozialen Kontakte. Schließlich berei- chert es gerade uns als Menschen, als soziale Wesen, sich mit anderen zu unterhalten, sich in der Kneipe oder im Biergarten zu treffen. Interview: Martin Lange Foto: C. Heidmann Werders Geschäftsführer Frank Baumann, Dr. Hubertus Hess-Grunewald und Klaus Filbry (v. li.) kündigten den Verzicht auf einen Teil ihrer Gehälter an. „Es war ein praktischer Beitrag und gelebte Solidarität. Wir wollten mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt Hess-Grunewald.

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