WERDER MAGAZIN Nr. 345
WERDER MAGAZIN 345 13 Einige haben gemerkt, dass sie ihren Alltag auch alleine gestal- ten können. Aber das ist genau das, was wir als Sportverein nicht wollen. Wir müssen deutlich machen, dass wir uns in einer ab- soluten Ausnahmesituation befinden. Vielleicht werden wir den einen oder anderen auf dem Weg zurück in die Normalität ver- lieren, weil er oder sie sich mit der neuen Situation angefreundet hat. Aber die Reduzierung von Kontakten zur Vermeidung von weiteren Infektionen ist bei den aktuellen Zahlen ohne Frage ein probates Mittel, um die Welle zu brechen. Entscheidend ist, was danach kommt. Wir können nicht alle paar Wochen einen neuen Lockdown machen. Wie sehr der SVWerder unglaublich viele Menschen durch Sport bewegt, wurde kürzlich auch von der UEFA gewürdigt, die den Club mit dem ‚UEFA Grassroots Award‘ in der Kategorie ‚Bester Profiverein‘ ausgezeichnet hat. Was bedeutet diese Auszeich- nung für den SV Werder? Insbesondere eine große Wertschätzung all derer, die sich bei uns im Amateurfußball-Bereich herausragend engagieren. Sei es in der Abteilung Fußball oder in den zahlreichen Projekten und Initiativen – vom Schulsport, über die Inklusionsarbeit, den Einsatz für Geflüchtete, bis hin zu unserem Leuchtturm-Projekt SPIELRAUM. Wir fördern, entwickeln und leben den Fußball in all seinen Facetten. Wie weit hat der SV Werder mittlerweile seine Position zum Thema ‚Zukunft des Profifußballs‘, das derzeit allgegenwärtig ist und auch durch die Gründung einer Task Force durch die DFL entsprechende Bedeutung bekommen hat, ausgearbeitet? Wir haben uns in der Geschäftsführung und im Austausch mit Fan-Vertretern darauf verständigt, dass wir für eine neue Ge- staltung des Profifußballs eintreten. Der gegenwärtige Zustand, dass wir zum Beispiel neun Mal nacheinander denselben Deut- schen Meister haben und sich daran möglicherweise auf Jahre gesehen nichts ändert, ist der Attraktivität des Wettbewerbs nicht zuträglich. Eine Vorhersehbarkeit in dieser Form darf es nicht mehr geben. Wir wollen mehr Spannung. Natürlich kann der FC Bayern auch weiter Deutscher Meister werden. Aber es darf nicht nur noch darum gehen, wie viele Spieltage vor Ende der Saison die Münchener das schaffen. Wir müssen den Wett- bewerb wieder etwas gerechter machen und alle nach denselben Regeln spielen. Und das Verhältnis zu den Fans? Es hat sich ohne Frage eine gewisse Distanz des Profifußballs zu den Fans ergeben. Die Entfremdung der Anhänger vom Profi- fußball, der mit ihrer Lebenswirklichkeit nur noch wenig zu tun hat, müssen wir überwinden. Schließlich hat der Fußball insge- samt eine unglaubliche integrative Kraft. Das müssen wir wie- der stärker in den Vordergrund stellen. Wir müssen Maßnahmen finden, die den Fußball wieder näher an die Menschen bringen. Wie genau das zu schaffen ist, müssen wir noch herausfinden. Ich zitiere gerne den Philosophen Georg Christoph Lichtenberg, dem der Satz zugeschrieben wird: ‚Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll‘. Die Solidarität der Clubs in der DFL wird in Zeiten von Corona und zukünftig geringerer TV-Erlöse also mal wieder enorm auf die Probe gestellt? Vor dieser großen Herausforderung stehen wir in der DFL im- mer. Die Clubs sind nun einmal alle direkte Konkurrenten, nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich. Dennoch hat es die DFL in der Vergangenheit zumeist geschafft, deutlich zu machen, dass es auch gemeinsame Interessen, zum Beispiel einen fairen Wettbewerb mit Spannung und guter Unterhaltung, gibt. Wir müssen versuchen, die Gehaltsentwicklung so zurückzufahren, dass wir auf Zeiten mit geringeren Einnahmen reagieren können. Wir müssen über Gehaltsobergrenzen sprechen, damit nicht im- mer alle an ihre äußerste Grenze gehen, um sich imWettbewerb zu positionieren. Finanziell unseriöses Gebaren mit Geldern von Dritten ist in Deutschland glücklicherweise nicht so ausgeprägt wie in anderen Ländern. Aber Financial Fair Play muss uns auch hier zu Lösungen führen. Die Herausforderungen für Ihre Arbeit sind groß. Welche Licht- blicke erhalten Ihnen den Spaß an der täglichen Arbeit? Man spürt in Bremen und auch darüber hinaus, wie intensiv die Menschen nach wie vor auf uns schauen, wie sehr Werder ganz, s Foto: gumzmedia Dr. Hubertus Hess-Grunewald beobachtet nach- denklich die derzeitige Entwicklung des Profifuß- balls und sagt: „Der Fußball insgesamt hat eine unglaubliche integrative Kraft. Das müssen wir wieder stärker in den Vordergrund stellen."
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