WERDER MAGAZIN Nr. 345

INTERVIEW WERDER MAGAZIN 345 29 FRAUENFUßBALL Überraschungen zu schaffen, scheint bei den starken Leistungs- unterschieden der Mannschaften in dieser Liga extrem schwie- rig zu sein? Aber es ist möglich. Bei der 1:2-Niederlage in Freiburg waren wir ganz dicht dran, gegen einen starken Gegner auswärts zu punk- ten. Gegen europäische Top-Teams wie Wolfsburg und den FC Bayern oder andere Mannschaften aus der Spitzengruppe müs- sen wir allerdings einen sehr, sehr guten Tag erwischen und der Gegner einen schlechten, wenn etwas Zählbares herausspringen soll. Wie motiviert man die Mannschaft für solche Spiele? Für die Spielerinnen ist es eine Riesenmotivation, sich mit den Besten zu messen. Und insgesamt ist die Herangehensweise für uns in dieser Liga immer gleich: Wir müssen in jedem Spiel Vollgas geben, mindestens 100 Prozent auf den Platz bringen, immer ans Limit gehen, um etwas zu erreichen. Nach positiven Corona-Befunden zweier Spielerinnen musste die gesamte Mannschaft von Ende November bis Anfang De- zember zwei Wochen lang in Quarantäne. Wie sehr hat euch das zurückgeworfen? Da diese Quarantäne noch nicht so lange zurückliegt, wird sich erst noch zeigen, welche Auswirkungen sie hatte. Natürlich war es keine einfache Situation, von heute auf morgen aus dem Trai- nings- und Spielbetrieb sowie aus dem geregelten Alltag ‚raus- geworfen‘ zu werden. Aber die Spielerinnen haben während die- ser Zeit ihre individuellen Programme absolviert. Wir konnten die Akkus wieder aufladen. Ich bin sicher, dass uns diese Erfahrung als Mannschaft noch stärker zusammengeschweißt hat und wir hochmotiviert wieder angreifen werden. Zudem hat gerade diese Situation gezeigt, welchen starken Zusammenhalt wir in unserer gesamten Abteilung haben. Sowohl unsere Abteilungs- leiterin Birte Brüggemann als auch unser Hygienebeauftragter Volker Diehl haben ein enormes Arbeitspensum geleistet. Und auch alle anderen Personen, die im Hintergrund für das Team arbeiten, haben einen großartigen Job gemacht, zum Beispiel Einkäufe und andere Erledigungen für die, die in Quarantäne waren, übernommen. In dieser Saison den Verbleib in der Liga zu schaffen, ist das eine. Wie kann es gelingen, sich langfristig zu etablieren? Wir tun gut daran, uns in erster Linie auf die aktuellen Aufgaben zu konzentrieren, Punkte zu sammeln und tatsächlich am Ende mindestens Platz zehn zu schaffen. Natürlich wollen wir den Frauenfußball insgesamt beim SVWerder auch in den nächsten Jahren weiterentwickeln, die Mannschaft verbessern, die Infra- struktur weiter ausbauen. Denn uns ist bewusst, dass die Kon- kurrenz in Zukunft noch größer wird. In der 2. Bundesliga gibt es mit RB Leipzig und dem 1. FC Köln zwei Clubs, die mit Macht in die FLYERALARM Frauen-Bundesliga drängen. Umso wichtiger ist es, dass wir in dieser Saison unbedingt in der Liga bleiben. Köln und Leipzig hast du genannt – immer mehr Clubs mit einer Profi-Mannschaft bei den Männern entdecken den Frauenfuß- ball für sich. Wie beurteilst du diese Entwicklung? Es ist ein positives Zeichen, das dem Frauenfußball guttut und seinen Stellenwert weiter steigert. Denn der Frauenfußball läuft in den Clubs nicht nur nebenbei, sondern sie nutzen ihn auch zur Markenbildung. Wie bereits gesagt: Wir müssen darauf vorbe- reitet sein, dass der Wettbewerb in den nächsten Jahren noch härter wird. Wie erlebst du persönlich dein erstes Jahr als Cheftrainer in der 1. Bundesliga? Es ist spannend, intensiv und nicht mit meinen vorherigen Auf- gaben zu vergleichen. Als Trainer im Nachwuchsbereich ging es darum, die jungen Spielerinnen zu entwickeln, sie individuell zu fördern, um dann möglichst auch als Mannschaft erfolgreich zu sein. Das Bundesliga-Team ist ein riesiges Gebilde, das zusam- mengehalten werden muss, um optimal zu funktionieren – mit Spielerinnen, Trainerteam, medizinischem und physiotherapeuti- schem Staff, Medienmitarbeitern, Birte Brüggemann als Leiterin unserer Abteilung. Und der Fokus liegt natürlich darauf, Spiele zu gewinnen und Punkte zu sammeln. Also durchaus ein immenser Druck? In erster Linie macht es mir Riesenspaß. Es ist Fußball pur. Die Spielerinnen sind total auf den Fußball fokussiert, was erstaun- lich und nicht immer leicht ist, denn sie sind nun mal keine Profis, sondern gehen zur Schule, studieren oder haben einen Job. Aber sie sind mit jeder Menge Leidenschaft dabei, haben eine hohe Identifikation mit Werder und ihrer Aufgabe hier und halten ex- trem gut zusammen. Als Cheftrainer gilt es auch, die weiteren Mannschaften der Ab- teilung im Blick zu haben… Deshalb versuche ich mir insbesondere die Spiele der 2. Mann- schaft und der U17 anzuschauen und stehe im regelmäßigen Austausch mit den Trainern Sven Gudegast und Phillip Portwich. Ich habe lange Zeit selbst in diesem Bereich gearbeitet. Es hat mir immer Spaß gemacht. Und wir werden auch in den kom- menden Jahren auf unseren eigenen Nachwuchs angewiesen sein. Daher ist eine bestmögliche Verzahnung der Teams für uns von großer Bedeutung. Wir wollen auch in Zukunft zeigen, dass es bei Werder möglich ist, den Sprung aus der Jugend in die Bun- desliga zu schaffen. Interview: Martin Lange s Foto: hansepixx Engagiert und zielstrebig: Cheftrainer Alexander Kluge.

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