Wenn ich Fehler gemacht habe, habe ich zwei Tage gebraucht, um mich zu erholen. Ich war sehr verbissen und konnte meine Bundesliga-Zeit selten genießen. Es gab ein paar Spiele, in denen ich aus meiner Sicht gedankenlos gespielt habe und hinterher dachte: Mensch, was hast du da gerade auf den Platz gebracht. Aber diesen Flow-Zustand habe ich als Spieler selten erlebt. Daher habe ich heute als Trainer das Bedürfnis, es meinen Spielern leichter zu machen. Sie sollen sich bewusst machen, dass sie den Fußball schon als Kind geliebt haben, und dieses Gefühl aufs Spielfeld transportieren. Was ist dir wichtig, wenn du jungen Spielern die Chance gibst, sich in der Bundesliga zu beweisen? Ich mache das nur, wenn die Qualität da ist. Wenn ich Fähigkeiten sehe, die mich veranlassen zu sagen: Sie können in der Bundesliga spielen. Bei Patrice Covic und Karim Coulibaly hatte ich das Gefühl, dass ich sie bedenkenlos einbauen kann. Auch andere sind auf einem guten Weg. Grundsätzlich versuche ich allen Spielern deutlich zu machen, dass ich ihnen vertraue. Klar, dass dann davon auch die jüngeren profitieren. Was brauchen Spieler wie Patrice Covic und Karim Coulibaly, um es in den nächsten Jahren zu schaffen, sich in der Bundesliga zu etablieren? Es ist wichtig, dass die Erfahrungen, die sie sammeln, wirken dürfen. Es werden nicht nur positive, sondern auch negative sein. Bei Patrice hat man in der Vorbereitung noch ein paar Fehler mit Ball gesehen, die dann zum Beispiel gegen Leverkusen nicht mehr zu erkennen waren. Im Gegenteil: Er hat sehr verlässlich gespielt. Spieltempo und Anspannung sind bei einem Bundesliga-Heimspiel viel größer, als sie es bisher kannten. Aber die jungen Spieler lernen schnell. Du hast 1988 in deinem ersten Bundesliga-Spiel gleich ein Tor erzielt… Aber vor dem Anpfiff hatte ich mir fast in die Hose gemacht… (lacht). Ich habe damals Libero gespielt, also auf einer Position, die ich nicht so gut kannte. In der zweiten Halbzeit durfte ich dann ins Mittelfeld und habe mir gedacht: Jetzt musst du rennen, was das Zeug hält, damit der Trainer (Rolf Schafstall, Anm. d. Red.) sieht, dass du ins Mittelfeld gehörst. Ich kann nachvollziehen, wie aufgeregt und nervös man beim ersten BundesligaSpiel sein kann. Und dass die ersten Ballkontakte enorm wichtig sind, um die Nervosität abzulegen. Daher versuche ich den Jungs zu vermitteln: Seid sofort aktiv, denkt nicht nach, was passieren kann. Das verstehe ich unter ‚gedankenlosem Spiel‘. Mit welchen Gedanken blickst du auf deine Karriere als Spieler zurück? Ich habe gleich in meiner ersten Bundesliga-Saison 33 Spiele gemacht, in der zweiten auch nochmal, in der dritten 24 und war dann leider insgesamt viel verletzt. Wenn ich gesund geblieben wäre, hätte ich sicher statt etwas mehr als 200 Erstliga-Spielen auch 350 machen können. Ich wollte als Spieler alles durch meinen Willen regeln und bin an die Grenzen meines Körpers gegangen oder sogar darüber hinaus. Ich habe mich so hoch belastet, dass ich nach den Spielen häufig Schmerzen hatte. Ich habe erst im Laufe der Jahre gelernt, etwas entspannter zu werden. Wenn man dich heute erlebt, ist das schwer vorstellbar… Kommt die Verbissenheit manchmal noch durch? Mit Niederlagen umzugehen und gelassen zu bleiben, das konnte ich mir bis heute nicht angewöhnen. Ich habe eine Zeit lang versucht, über den Dingen zu stehen, mir vorzunehmen, dass es 14 WERDER MAGAZIN 364 s
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