WERDER MAGAZIN Nr. 364

MAGAZIN WERDER MAGAZIN 364 43 s Trainingsbeobachtungen bei Profis und Nachwuchsteams sowie regelmäßige Gespräche mit Werders Top-Talenten haben für Koordinator Björn Schierenbeck eine große Bedeutung. Die Anforderungen im modernen Profifußball sind gestiegen. Athletik, Mentalität, Spielintelligenz und Belastbarkeit entscheiden darüber, ob ein hochveranlagter Jugendspieler den letzten Schritt wirklich schafft. Wichtiger Bestandteil der Talentförderung im WERDER Leistungszentrum ist dabei das Top-Talente-Programm, das 2016 ins Leben gerufen wurde – mit dem Ziel, den Übergang junger Spieler vom Nachwuchsbereich in den Profifußball systematisch zu begleiten und so weiter zu optimieren. Damals erkannten die Verantwortlichen die Lücke im System: Junge Spieler trainierten zwar hin und wieder bei den Profis mit, jedoch fehlte ihnen zum Teil die körperliche Grundlage, um auf diesem Niveau mithalten zu können. Auch im mentalen Bereich und damit der sportpsychologischen Betreuung gab es Defizite. Zum Beispiel bei der Frage: Wer fängt einen 18 Jahre alten Nachwuchsspieler auf, wenn er unter der Woche mit der BundesligaMannschaft trainiert, sich Hoffnungen auf einen Einsatz bei den Profis macht, am Wochenende aber wieder für die Junioren aufläuft? Klar war: Es brauchte personelle Ressourcen, um diesen Übergang bestmöglich zu begleiten. Dabei ging es in den Anfangsjahren des Top-Talente-Programms zunächst darum, ein Fundament zu schaffen, das den Sprung in den Profibereich erleichtert. Das heißt: Athletiktraining wurde gezielter eingebaut, psychologische Unterstützung verstärkt angeboten und die Verzahnung zwischen Leistungszentrum und Profiabteilung verbessert. Doch was weiterhin fehlte, war die genaue Zuständigkeit. Mal kümmerte sich ein Co-Trainer der Bundesliga-Mannschaft, mal ein Sportlicher Leiter oder gar ein Geschäftsführer um die Top-Talente – immer nebenbei, zusätzlich zu den eigentlichen Aufgaben. Schließlich entwickelte der SV Werder eine eigene Stelle, deren Fokus auf der Entwicklung der Top-Talente liegt. Seit Oktober 2024 kümmert sich Björn Schierenbeck, ehemaliger Profi und zuvor Leiter des Leistungszentrums der Grün-Weißen, als Top-Talente-Koordinator hauptsächlich um diese Spieler. Auch er stand als junger Spieler einst an der Schwelle zwischen Jugendabteilung und Bundesliga. „In dieser Phase gingen mir viele Gedanken durch den Kopf, weshalb ich anfangs nicht gespielt habe“, erinnert er sich. Diese Erlebnisse kann der 51-Jährige heute nutzen, um den jungen Spielern Orientierung zu geben und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie mit Rückschlägen umgehen können. Schierenbecks Aufgabe ist es, die ganzheitliche Betreuung der Talente zu koordinieren. Seine Kolleg*innen und er geben den Spielern Feedback, bieten ihnen Videoanalysen und individuelles Training an, sind aber auch abseits des Spielfelds Ansprechpartner und leisten Unterstützung bei Fragen rund um Schule, Ausbildung, Führerschein oder die erste eigene Wohnung. „Wenn es neben dem Platz nicht funktioniert, wirkt es sich meist auch auf den Fußball aus“, betont Schierenbeck. Nicht allein gelassen zu werden, das ist das Ziel des Top-Talente-Programms. Doch wie kann man sich die Arbeit als Top-Talente-Koordinator genau vorstellen? Als Schnittstelle zwischen dem Leistungszentrum und dem Bundesliga-Trainerteam sitzt Björn Schierenbeck einmal pro Woche mit den Verantwortlichen um Geschäftsführer Clemens Fritz und Werders Leiter Profifußball, Peter Niemeyer, der sportlichen LZ-Leitung sowie den U19- und U23-Trainern zusammen, um zu planen, welcher Spieler am Wochenende in welcher Mannschaft zum Einsatz kommt. Denn Spielzeit ist ein entscheidender Entwicklungsfaktor. „Eine Nominierung für den Bundesliga-Kader ist schön, aber wenn ein Spieler drei Wochen lang nicht gespielt hat, muss er unbedingt wieder auf den Platz“, weiß Schierenbeck. Während der Woche begleitet er die Top-Talente beim Training der Profis, am Wochenende bei den Spielen der Nachwuchsmannschaften oder der U23. So entsteht ein kontinuierliches und umfassendes Bild der Entwicklung, und die Spieler wissen, dass sie jederzeit einen festen Ansprechpartner haben, der nah am Geschehen ist. Gleichzeitig sollen die Talente nicht mit Themen überfrachtet werden. Sie sollen abseits des Platzes auch mal abschalten können und Freiraum haben. Foto: nordphoto

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