WERDER MAGAZIN Nr. 365

INTERVIEW s WERDER MAGAZIN 365 25 Für Werder hast du später unter anderem beim historischen 3:2-Erfolg gegen Real Madrid in der Champions League im Tor gestanden. Wie hast du diese Partie im Weserstadion erlebt? Ich erinnere mich daran, dass ich vor dem Anpfiff ein richtig gutes Gefühl hatte. Ich konnte mich auf Spiele wie gegen Real oder auch AC Mailand gut fokussieren, auch wenn ich vorher kaum Spielpraxis hatte. Den größten Druck vor einem Spiel habe ich übrigens 2008 am letzten Spieltag in Leverkusen erlebt… Warum? Es ging damals um die Qualifikation für die Champions League. Wir mussten mindestens Unentschieden spielen, um das zu schaffen. Klaus Allofs hatte uns in der Woche davor mehrfach gesagt, wie viele Millionen auf dem Spiel stehen. Das hat mir nicht gerade geholfen. Ich hatte aber so viel Unterstützung im Team, im Umfeld, dass ich letztlich mit breiter Brust und mit Selbstvertrauen in dieses Spiel gegangen bin. Du konntest deinen Kasten sauber halten, und am Ende stand ein 1:0-Erfolg in Leverkusen. Auch das 0:0 gegen den FC Bayern im Februar 2009 wird immer wieder genannt, wenn es um deine Einsätze für Werder geht… …weil es insgesamt wohl mein bestes Spiel hier war. Ich kam von der ersten Minute an in einen Flow, war im berühmten Tunnel. Ich weiß noch, dass ich nach dem Abpfiff vor den Fans in der Ostkurve stand. Und gefühlt war ich erst dann wieder richtig da. An dieses Spiel gegen Bayern erinnere mich tatsächlich ganz besonders, weil ich einfach alles gehalten habe. Wie fiel die Entscheidung, deine Karriere als Spieler zu beenden? 2010 hatte ich eine Leistenoperation und wollte danach unbedingt so schnell wie möglich wieder auf den Platz. Ich habe hier im Weserstadion ein Europa-League-Spiel gegen Twente Enschede gemacht, drei Wochen nach der Operation, was einfach zu früh war. Daraus entstand eine Schambeinentzündung, mit der ich elf Monate lang ausfiel. In dieser Zeit habe ich unter anderem das Gespräch mit Klaus Allofs gesucht. Er sagte mir, dass er sich durchaus vorstellen kann, dass ich bei Werder als TorwartTrainer arbeite. Manuel Klon (heute Torwart-Trainer der U23 beim SV Werder, Anm. d. Red.), der damals an der Sporthochschule in Köln studierte, und ich haben daraufhin ein Torwart-Konzept für Werder entwickelt. Das haben wir Klaus Allofs und Thomas Schaaf vorgestellt. Ich war dann noch ein Jahr die Nummer drei im Tor der Bundesliga-Mannschaft. Parallel dazu habe ich bereits im Nachwuchsbereich das Torwart-Training übernommen. Welche sind die wertvollsten Erfahrungen deiner Karriere als Spieler, die du heute für deine Arbeit als Torwart-Trainer nutzt? Neben dem Umgang mit Drucksituationen möchte ich auf jeden Fall Demut und Dankbarkeit, für das, was wir machen dürfen, weitergeben. Auch der Teamgedanke bei Torhütern ist mir sehr wichtig. Denn wir haben uns alle dafür entschieden, Fußball zu spielen, weil es ein Teamsport ist. Nach Erfolgen zusammen zu feiern, nach Misserfolgen nicht allein zu sein – das ist bei mir aus meiner Zeit als Spieler hängengeblieben. Wie ist in einem Torwart-Team der Spagat zwischen Konkurrenz und Teamgedanke möglich? Ich hatte bei Werder bisher noch kein Torwart-Team, bei dem ich das Gefühl hatte, dass wir uns nicht gut verstanden haben. Wichtig ist, dass die Rollen zu Beginn klar sind. Jeder Torwart bekommt von mir ein ehrliches Feedback und kennt seine Rolle. Wir besprechen die Analysen der einzelnen Keeper häufig in der großen Gruppe, damit jeder transparent erfährt, welche Rückmeldung auch die anderen bekommen. Letztlich liegt es an jedem selbst, alles dafür zu tun, um seinen Status zu verbessern. Karl Hein wusste zum Beispiel, als er zu uns kam, ganz genau, dass er der Herausforderer ist. Mio Backhaus wusste nach dem Weggang von Michael Zetterer, dass er die Nummer eins ist. Markus Kolke ist der Backup. Und Stefan Smarkalev holt sich in der U23 seine Spielzeiten und seine Erfahrung. Er ist bei uns der junge Spieler, der noch lernen muss und sich etwas abgucken kann. Christian Vander beim Aufwärmen mit Werders Nummer eins Mio Backhaus (großes Foto) und mit Herausforderer Karl Hein während des Bundesliga-Spiels gegen den FC St. Pauli. Foto: nordphoto

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