Jahresbericht 2012
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Ärztekammer
Nordrhein
Kammerversammlung
te Versorgung müsse als Weiterbildungsfeld weiter
erschlossen werden.
Die Freiberuflichkeit stellte auch Angelika Haus,
64-
jährige niedergelassene Fachärztin für Neurolo-
gie und Psychiatrie in Köln sowie Vorsitzende des
Hartmannbund-LandesverbandesNordrhein,inden
Mittelpunkt ihrer Vorstellungsrede: „Ich glaube,
dass ich in dieser lebendigen Kammer Nordrhein
erreichen kann, dass wir noch stärker als in der Ver-
gangenheit umsetzen können, was wir uns auf die
Fahnen geschrieben haben: nämlich uns in Praxis
und Krankenhaus unsere Freiberuflichkeit zu er-
halten. Budgetierung, Richtgrößen et cetera haben
mich nie beeindruckt. Ich war immer der Meinung,
dass wir uns als Körperschaften – sowohl Kammer
als auch Kassenärztliche Vereinigung – noch viel
mehr hinter unsere Kollegen stellen müssen in dem
zivilen Widerstand, in der Zivilcourage sich durch-
zusetzen für unseren Beruf, der ein freiheitlicher
bleiben muss.“ Ihr sei durchaus bewusst, dass die
Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts
ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen habe, so
Angelika Haus. „Diesen Regeln haben wir uns zu
fügen. Wir haben allerdings auch zu versuchen,
sie entsprechend unserer Auffassung von unserem
Beruf zu modifizieren. Wenn etwas Gesetz ist und
das Gesetz ist nicht in Ordnung, dann müssen wir
versuchen, es zu ändern.“
Aktuelle berufs- und gesundheitspolitische Lage
Zur aktuellen berufs- und gesundheitspolitischen
Lage berichtete Vizepräsident Bernd Zimmer. Mit
dem Versorgungsstrukturgesetz unternehme eine
Bundesregierung erstmals konkrete Anstrengun-
gen, um den zunehmenden Ärztemangel – nach
Zimmers Worten ist Arztzeitmangel der bessere Be-
griff – zu bekämpfen. Richtige Vorhaben seien die
durchgängige Flexibilisierung der Planungsberei-
che und finanzielle Anreize für eine Niederlassung
in unterversorgten Gebieten – „aber sicher nicht auf
Kosten der schon niedergelassenen Ärzte, Ermäch-
tigten und Ärzte in Medizinischen Versorgungszen-
tren“, so Zimmer. Ob auch die im Gesetz angelegten
nicht-monetären Anreize wie die Aufhebung der
Residenzpflicht oder mobile Arztstationen dazu bei-
tragen werden, die Versorgung zu verbessern, bleibe
dem „bundesweiten Feldversuch“ überlassen.
In mehreren Punkten des Gesetzgebungsvor-
habens erkannte der Vizepräsident zwar die „gute
Absicht“, doch befürchtete er Probleme bei der Um-
setzung. So sei es grundsätzlich sinnvoll, die ver-
tragsärztliche und die stationäre Versorgung bei
besonderen Krankheitsverläufen, seltenen Erkran-
kungen und hochspezialisierten Leistungen besser
zu verzahnen. Doch dürfe der offene Zugang zur ge-
planten sogenannten ambulanten spezialärztlichen
Versorgung, der − entgegen der sonstigen vertrags-
ärztlichen Regelleistungsversorgung − nicht budge-
tiert werden solle, nicht zu Wettbewerbsverzerrung
und unkontrollierter Mengenausweitung zulasten
der wohnortnahen Patientenversorgung führen.
„
Die ambulante spezialärztliche Versorgung in eine
auf Facharztstandard zu erbringende spezialfach-
ärztliche Versorgung anzuheben, ist meines Erach-
tens eine Selbstverständlichkeit, die der Gesetzgeber
zu leisten hat“, sagte Zimmer.
ImGrundsatz zu unterstützen sei auch die Absicht
der Politik, die angesichts des Ärztemangels entste-
henden Versorgungsprobleme durch Delegation
ärztlicher Leistungen auf andere medizinische Be-
rufe zu mildern. Aber: „Die Substitution ärztlicher
Tätigkeit und die Lockerung des Arztvorbehaltes in
Diagnostik und Therapie lehnen wir strikt ab − im
Interesse von Patientensicherheit, Versorgungsqua-
lität und Rechtssicherheit.“
Abwanderung in patientenferne Arbeitsfelder bremsen
Das Versorgungsstrukturgesetz konzentriert sich
nach Zimmers Worten vor allem auf den ambulan-
ten Bereich. Doch auch an den Krankenhäusern
könnten allein in Nordrhein-Westfalen rund 1.500
Arztstellen nicht besetzt werden. „Deshalb ist es
gut, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Kli-
niken sich dermaßen engagiert für bessere Arbeits-
bedingungen und eine angemessene Vergütung
einsetzen“, sagte Zimmer. Nur so lasse sich das Ab-
wandern von Ärztinnen und Ärzten in patientenfer-
ne oder sogar patientenfreie Arbeitsfelder bremsen.
Ungelöst bleibe allerdings das Problem der Refinan-
zierung von Tarifsteigerungen. „Die Wertschät-
zung ärztlicher Arbeit insgesamt, und die drückt
sich eben auch in Tarifen und in Honoraren aus, ist
derzeit noch keineswegs
so, wie es unserem ver-
antwortungsvollen Beruf
entspricht. Auch bei der
Verwirklichung einer der
Qualität und Verantwor-
tung angemessenen Ho-
norierung kommen wir
nur gemeinsam weiter“,
sagte Zimmer.
Kooperation von nie-
dergelassenen Ärzten und
Rudolf Henke
wurde 1988
Oberarzt am St. Antonius-
Hospital Eschweiler und
engagiert sich seit über drei
Jahrzehnten ehrenamtlich in
gesundheits- und sozialpoli-
tischen Fragen. Mit 27 Jahren
wurde er 1981 Mitglied der
Kammerversammlung der
Ärztekammer Nordrhein.
Seit 1988 gehört er dem rheini-
schen Kammervorstand an, seit
1995
ist er Vorstandmitglied der
Bundesärztekammer.
Rudolf Henke wurde einer breite-
ren Öffentlichkeit bekannt durch
seine Arbeit in der Klinikärzte-
gewerkschaft Marburger Bund,
deren Vorsitzender er seit 2007
ist. Außerdem ist er Mitglied des
Deutschen Bundestages.
Als Direktkandidat der CDU
gewann er bei der Bundestags-
wahl 2009 den Wahlkreis Aachen
gegen die frühere Gesundheits-
ministerin Ulla Schmidt (SPD).
Im Bundesparlament ist er seit-
her Mitglied des Ausschusses
für Gesundheit.
Die Kammerversamm-
lung wählte Dr. Hans-
jörg Heep, Facharzt
für Chirurgie sowie für
Orthopädie und Unfall-
chirurgie, zum neuen
Beisitzer im Vorstand
der Ärztekammer
Nordrhein.