Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2012
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Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik
Risse plädierte dafür, dass die Gesundheitsbe-
rufe die Diskussion über eine sinnvolle Arbeitstei-
lung miteinander führen, „bevor andere damit um
die Ecke kommen und uns damit konfrontieren“.
Anzustreben ist nach seinen Worten „der Gleich-
klang von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwor-
tung“. Unter diesem Aspekt seien die Modellvorha-
ben nach
§ 63 c SGB V
zu begrüßen, in denen die
Übertragung bestimmter ärztlicher Tätigkeiten an
qualifizierte Alten- und Krankenpflegekräfte zur
selbständigen Ausübung der Heilkunde erprobt wer-
den. Das betrifft beispielsweise das Wundmanage-
ment. „Aufgaben, die heute ohnehin bereits die
Pflege erledigt, sollten auch in die Verantwortung
der Pflege übertragen werden“, sagte Risse. Durch
entsprechend klare Regelungen lassen sich nach
seiner Meinung reibungslosere Abläufe im Alltag
gewährleisten. Risse: „Ich bin der festen Überzeu-
gung, dass wir die Aufgaben der Zukunft nur ge-
meinsam lösen können. Wir müssen darüber nach-
denken, wie wir die Prozesse im Gesundheitswesen
mit den verschiedenen Professionen vernünftig ge-
stalten, und das geht nur in einem Netzwerk.“
Lernen in Handlungsgemeinschaften“
Stabile soziale Netzwerke sind auch für die Zu-
sammenarbeit der Gesundheitsberufe von großer
Bedeutung“, bestätigte der Gründungsdekan der
Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaf-
ten der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg,
Professor Dr. Eckhart G. Hahn: „Man teilt und
entwickelt gemeinsame Grundüberzeugungen und
Werte und richtet sich auf eine gemeinsame Auf-
gabe aus.“ Nach Hahns Worten ist die Neudefini-
tion der Aufgaben jedes Gesundheitsberufes Grund-
lage der Ausbildung für die Gesundheitsversorgung
von morgen. Kompetenzbasierte Lernzielkataloge
für Curriculum und Prüfungen müssen sich nach
seinen Worten daran ausrichten. Neben der Aus-
und Weiterbildung sei das „Lernen in Handlungs-
gemeinschaften“ entscheidend für eine erfolgreiche
Bewältigung der Patientenprobleme durch die ver-
schiedenen Gesundheitsberufe, so Hahn.
In der abschließenden Podiumsdiskussion sagte
Bahman Afzali, stellvertretender Bundeskoordina-
tor Gesundheitspolitik in der Bundesvertretung der
Medizinstudierenden in Deutschland, dass die in-
terprofessionelle Kooperation bereits in der Ausbil-
dung beginnen müsse, etwa in Famulaturen zusam-
men mit Pflegeschülern. In Schweden durchlaufen
Studierende verschiedener Gesundheitsberufe ge-
meinsame Stationen, berichtete Professor Dr. jur.
Anne Friedrichs, Präsidentin der Hochschule für
Gesundheit Bochum. Manfred Hopfeld von der
Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen forderte eine
Kooperation der Gesundheitsberufe auf „Augen-
höhe“. Die Auffassung der Ärzteschaft, nach der
die Ärztinnen und Ärzte die zentrale Rolle in der
Kooperation einnehmen müssen, teilt er nicht.
Eine bessere und sinnvoll beschriebene Koopera-
tion könne die Attraktivität der Gesundheitsberufe
steigern, sagte der Vizepräsident der Ärztekammer
Nordrhein, Bernd Zimmer. Die einsetzende Flucht
aus der unmittelbaren Versorgung in patientenferne
Bereiche müsse gestoppt werden. Zimmer plädierte
dafür, beim Thema Heilkundeübertragung die Me-
dizinischen Fachangestellten nicht zu vergessen:
Sie managen allein im Hausarztbereich jährlich
über 800 Millionen direkte und indirekte Patien-
tenkontakte“, sagte der Vizepräsident der Kammer.
Im Krankenhaus haben sich die Professionen be-
reits flexibilisiert und aufeinander zubewegt“, sag-
te Dr. Anja Mitrenga-Theusinger, Mitglied des Vor-
standes der Ärztekammer Nordrhein, „die schneller
werdenden Arbeitsabläufe und die Verdichtung
zwingen uns, Aufgaben auf höchstem Vertrauens-
niveau im Team einander übergeben zu können.
Ohne diese Kooperationen läuft im Krankenhaus
heute schon gar nichts mehr.“ Der Patient erwarte,
sowohl im Krankenhaus als auch im ambulanten
Bereich „schnittstellenfrei“ betreut zu werden.
Ansprechpartnerin:
Dipl.-Ges.Oec. Nina Rüttgen
Tel.:
0211 4302-2102
,
Fax:
0211 4302-5102
E-Mail:
Professor Dr. Eckhart G. Hahn:
Gemeinsame Grundüberzeugungen entwickeln und sich
auf eine gemeinsame Aufgabe ausrichten.