Rheinisches Ärzteblatt 3/2024

16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 3 / 2024 medizinische Inhalte vermitteln, wiederum anderen scheinen die Online-Plattformen zuvorderst die geeigneten Orte der Selbstdarstellung. Für die einen Anbieter ist es ein Geschäftsmodell, mit dem sich über eine große Zahl von Followern ein guter Zuverdienst generieren lässt; bei anderen scheint der Wunsch vorherrschend, ihr medizinisches Wissen mit möglichst vielen Followern zu teilen. Auch bei den Präsentationsformen gibt es deutliche Unterschiede. Während sich auf YouTube die Beiträge oft nicht allzu sehr von den Darstellungsweisen klassischer Fernsehformate unterscheiden, orientieren sich die eher kurzen Angebote auf Instagram und TikTok mit schnellen Schnitten eher an den Sehgewohnheiten einer jüngeren Klientel. Auf Transparenz in der Darstellung achten Grundsätzlich sei es eine gute Idee, wenn auch Ärztinnen und Ärzte als sogenannte Medfluencer die sozialen Netzwerke nutzen, um Informationen zur Gesundheit an ein Publikum zu bringen, das auf anderen Wegen nicht so leicht zu erreichen sei, meint Dr. Amin-Farid Aly, der sich bei der Bundesärztekammer (BÄK) mit dem Thema befasst. So gebe es beispielsweise einen Videokanal mit fast einer Million Followern, auf dem eine Gynäkologin und ein Urologe allgemeinverständlich über Aspekte von Sexualität, Hygiene und Adoleszenz informieren. Allerdings sollten sich Ärzte der Grenzen bewusst sein, die ihnen durch die Berufsordnung und das Heilmittelwerbegesetz bei der Präsentation medizinischer Inhalte in sozialen Medien gesetzt sind, sagt Aly. Um Ärzte für dieses Thema zu sensibilisieren, habe die BÄK ihre Handreichung „Worauf Ärztinnen und Ärzte bei der Nutzung sozialer Medien achten sollten“ entwickelt. In der Broschüre werden die Möglichkeiten der neuen Formate zur Aufklärung über medizinische Sachverhalte positiv hervorgehoben. Die Nutzung dieser Plattformen dürfe deshalb keinesfalls unseriösen Akteuren überlassen werden, heißt es in der 2023 aktualisierten Neuauflage. Ärzte, die sich als medizinische Influencer – mittlerweile hat sich dafür der Begriff „Medfluencer“ etabliert – betätigen, sollten auf die notwendige Transparenz in der Darstellung achten, das heißt, sie sollten mit vollem Namen auftreten, ihren medizinischen Hintergrund transparent darstellen und ihre Interessenkonflikte komplett offenlegen. Ärzte unterliegen als Medfluencer nicht nur den Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes, sondern auch denen der jeweils gültigen Berufsordnung. Gemäß § 27 Abs. 3 der „Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte“ ist eine anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung berufswidrig. Als unzulässig gilt zudem eine Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte im Zusammenhang mit der eigenen ärztlichen Tätigkeit. Was bedeutet dies aber konkret in Bezug auf den Arzt, Spezial der in einem TikTok-Video Werbung für ein GlucoseElektrolyt-Präparat macht, die Hautärztin, die auf YouTube die Vorzüge einer Kosmetikreihe preist, den Arzt, der sich auf Instagram als Ernährungsexperte betätigt und dort seine kostenpflichtigen Schulungsvideos bewirbt, oder die Notärztin, die auf ihren FanShop verlinkt? Handelt es sich hierbei um Werbung im Zusammenhang mit der eigenen ärztlichen Tätigkeit? Allgemein lasse sich dies nicht von vorneherein entscheiden, heißt es dazu aus der Rechtsabteilung der Ärztekammer Nordrhein, es müsse jeweils der Einzelfall geprüft werden. Unzulässig sei in jedem Fall die reine Produktabsatzwerbung („Ich bin Arzt und empfehle …“), wohingegen man über das eigene Leistungsspektrum zum Beispiel in seiner Praxis in angemessener Form informieren, aber dieses nicht anpreisen dürfe. Das Thema „Medfluencer“ habe bisher unter den Fällen der Rechtsabteilung kaum eine Rolle gespielt; es seien dort erst einige wenige Sachverhalte angezeigt worden. Der Medizinrechtler und Arzt Professor Dr. Dr. Alexander Ehlers spricht sich in einem Beitrag in der Medical Tribune für eine strikte Anwendung des § 27 Abs. 3 der (Muster-)Berufsordnung aus, wenn es um ärztliche Influencer geht. Danach ist eine Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit unzulässig. Dies umfasst nach seiner Einschätzung sämtliche Dienstleistungen und Produkte, die im Zusammenhang mit der Gesundheit eines Menschen stehen. Dazu zählen für Ehlers auch rezeptfreie Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel. Dadurch sieht er die Werbemöglichkeiten für Ärzte als Medfluencer stark beschränkt. Einbindung in Marketing-Strategien Auf die Unsicherheit darüber, was unter den Vorgaben von Berufsordnung und Heilmittelwerbegesetz auf YouTube, Instagram oder TikTok erlaubt ist, reagiert mittlerweile eine Reihe von Anwaltskanzleien mit Beratungsangeboten. Denn die Marke „Arzt“ weckt Begehrlichkeiten bei der Industrie. So kommt etwa der Medizinrechtler Dr. Marius Hossbach in einem Beitrag auf der Homepage der Kanzlei Rose & Partner zu der folgenden Einschätzung: „Der Grundgedanke der bisherigen Regelungen, nämlich das Ansehen des ärztlichen Berufs zu schützen und die Gesundheitspflege von unerwünschter Kommerzialisierung freizuhalten, findet sich derzeit jedenfalls nicht auf TikTok und Co. wieder.“ Wer genau mit welchen Qualifikationen hinter den Accounts auf den Social-Media-Plattformen stecke, bleibe oft intransparent. Vielfach würden ärztliche Medfluencer gegen das sogenannte Fremdwerbeverbot, wonach Ärzte nicht für Produkte, Arzneimittel oder Dritte werben dürfen, verstoßen, schreibt Hossbach. Es sei davon auszugehen, dass medizinische Online-Inhalte in Zukunft genauer reguliert werden. Andere Kanzleien dagegen bieten Unternehmen aus

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