Rheinisches Ärzteblatt 6/2023

Thema 14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2023 Gesetzesvorschläge zur Regulierung von iMVZ seien durchweg auf positive Resonanz gestoßen. Grundsätzlich seien MVZ eine sehr sinnvolle Ergänzung der ambulanten Versorgungsstrukturen, stellte Reinhardt klar. Deshalb sei es wichtig, sie vor einer investorengesteuerten Kommerzialisierung zu bewahren. Insbesondere müsse die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen gegenüber kommerziellen Fehlanreizen abgesichert und eine Fokussierung des Versorgungsangebots auf besonders lukrative Leistungen verhindert werden. „Die aus Solidarbeiträgen aufgebrachten Mittel für die Patientenversorgung müssen vor einem Abfluss in internationale Finanzmärkte geschützt werden“, sagte Reinhardt. Vor Kurzem hätten die Länder Bayern, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz einen Antrag zur Beschränkung von iMVZ in den Bundesrat eingebracht, der sich mit wesentlichen Forderungen der Ärzteschaft decke. Auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte bei der Eröffnungsveranstaltung in Essen an, iMVZ im Sinne der Ärzteschaft strenger zu regulieren. Geschehen könne das im Versorgungsgesetz II, das nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden soll. BÄK-Präsident Reinhardt äußerte jedoch seine Zweifel darüber, wie ernst es Lauterbach mit einer Stärkung der Praxen wirklich ist. Der Wegfall der besseren Vergütung für neue Patienten, die der Minister durchgesetzt habe, spreche ebenso wie die Weigerung, Medizinischen Fachangestellten analog zu den Pflegekräften einen Corona-Bonus zu zahlen, für ein geringes Interesse an selbstständigen, wirtschaftlich starken vertragsärztlichen Praxen. Dazu passe auch der Aufbau von teuren Parallelstrukturen in Form von Gesundheitskiosken in sozial benachteiligten Stadtteilen oder die Förderung neuer Gesundheitsberufe wie Community Health Nurses, die nach den Plänen der Ampelkoalition in bisher hausärztliche Domänen vordringen sollen. „Herr Minister, stellen Sie die Weichen neu“, forderte Reinhardt. „Stärken Sie die Praxen.“ Unabdingbar dafür ist nach seiner Auffassung die Abschaffung der Budgetierung für alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Bislang hat der Bundesgesundheitsminister nur die Entbudgetierung der Kinderheilkunde und der hausärztlichen Medizin zugesagt. Zu einer Stärkung der ambulanten Versorgung gehört für Reinhardt auch die längst überfällige Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Wie bereits im vergangenen Jahr forderte er Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf, seine „unwürdige Blockadehaltung“ zu beenden und die Reform endlich auf den Weg zu bringen. „Es steht nicht im Belieben des Ministers, die Reform aus ideologischen Gründen zu verweigern“, sagte Reinhardt. Als Verordnungsgeber sei es Lauterbachs Pflicht, eine transparente und rechtssichere Abrechnung privatärztlicher Leistungen sicherzustellen. Bis es soweit sei, hätten die BÄK und die Landesärztekammern allen Ärztinnen und Ärzten Hinweise über rechtskonforme Möglichkeiten für höhere Steigerungsfaktoren und individuelle Honoraraber es ändert sich etwas“, sagte er. Am Anfang aller Überlegungen digitaler Prozesse müsse immer die Frage stehen, was für die Patientenversorgung gebraucht werde und welche Versorgungsdefizite durch digitale Anwendungen verbessert werden könnten. Mit Blick auf die elektronische Patientenakte (ePA) betonte Reinhardt, es brauche durchdachte Konzepte und Regelungen für die inhaltliche Befüllung der ePA, für die Zugriffssteuerung durch Patientinnen und Patienten sowie für die Freigabe der Daten zu Forschungszwecken. Um das Vertrauen der Patientinnen und Patienten nicht zu verspielen, seien Transparenz und einfache Möglichkeiten zum Widerspruch zum Beispiel gegen die Datennutzung durch bestimmte Gruppen oder Forschungsvorhaben notwendig. Darauf werde die Ärzteschaft bei den anstehenden Gesetzgebungsverfahren zum Digital- und zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz sehr genau achten. Investoren-MVZ beschränken Die Ärzteschaft warte jedoch nicht ab, bis die Politik sie um eine Stellungnahme bitte, betonte Reinhardt. „Wir entwickeln unter anderem in Werkstattgesprächen unsere Positionen, die wir dann weiter in die Politik tragen“, so der BÄK-Präsident. Aus einem solchen Prozess seien beispielsweise die Positionen der Ärzteschaft zu investorengestützten Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) entstanden. Die konkreten Leidenschaftliches Plädoyer für mehr Prävention: der Präsident der gastgebenden Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke Foto: Jochen Rolfes

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