WERDER MAGAZIN Nr. 334

PORTRÄT Riesenerfolg: Florian Kohfeldt schaffte 2016/2017 mit der U23 den Verbleib in der 3. Liga (Foto oben). Werder-Profi Maximilian Eggestein (Foto re., li.) förderte der Coach bereits in den Nachwuchsteams des WERDER Leistungszentrum. Foto: hansepixx stehen. Für Kohfeldt bedeutet das, langjährige Freundschaften bei Werder trotz nicht unerschöpflicher zeitlicher Ressourcen zu pflegen. Das bestätigt Dennis Kahl, heute Co-Trainer der U19 und früher lan- ge Zeit Mitspieler Kohfeldts in der U21: „Wir waren damals beide sehr ehrgeizig, konnten schlecht verlieren: Unsere Freundschaft ist aus ei- ner sehr intensiven gemeinsamen Zeit als Spieler entstanden, in der uns die Liebe zum Fußball verband. Mittlerweile sprechen wir mehr über die Familie, wenn wir uns treffen, als über Fußball.“ Florian Kohfeldt schätzt dieses Leben außerhalb des Fußballs. „Er lebt seinen Sport sehr intensiv, interessiert sich aber schon immer auch für viele andere Themen“, weiß Kahl. „Das trägt dazu bei, dass er sich bei aller zeitlichen Belastung und dem Druck, die sein Job mit sich bringen, immer eine gewisse Lockerheit und Freude am Leben bewahrt.“ Und langjährige Freundschaften pflegt, wie Kahl bestätigt. Thomas Wolter nennt eine weitere Stärke Kohfeldts: „Empathie. Er be- gegnet einem Fan auf der Straße genauso auf Augenhöhe wie einem Bundesliga-Profi, einem U-14-Spieler oder Frank Baumann als Ge- schäftsführer.“ Trotz seiner mittlerweile beeindruckenden Trainer- karriere beim SV Werder besteht nicht annähernd die Gefahr, dass Kohfeldt die Bodenhaftung verlieren könnte. Denn genau das schätzt er auch an denen, die ihn auf seinem Weg begleitet und geprägt ha- ben – eben Thomas Wolter zum Beispiel: „Vor ihm habe ich einen Riesenrespekt“, sagt Kohfeldt. „Er hat nie auch nur im Ansatz ‚raus- hängen‘ lassen, dass er im Fußball Unglaubliches erreicht und Erfolge gefeiert hat, die kaum in Worte zu fassen sind.“ Während Wolter und Kohfeldt bereits auf unterschiedlichste Weise zusammenarbeiteten, hat ein weiterer Trainer großen Einfluss auf den Chefcoach der Grün- Weißen gehabt, ohne dass es je zu einer Zusammenarbeit gekommen ist. „Das Wirken von Thomas Schaaf bei Werder hat mich sehr beein- druckt“, schwärmt Kohfeldt. „Er hat es geschafft, eine völlig eigen- ständige Art des Fußballs zu entwickeln, die es nirgends gab. Und er ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Ich denke, dass er mich in meinen fußballerischen Gedanken sehr geprägt hat.“ Kohfeldts Handschrift ist ohne Frage schon nach kurzer Zeit auch bei Werders Bundesliga-Mannschaft erkennbar. Und der ehrgeizi- ge Coach will sein Team in den nächsten Jahren weiter nach vorne bringen. Seine Maxime: Gelingt eine fußballerische Entwicklung der Mannschaft, dann stellt sich auch der Erfolg ein. Der Plan: „Wir wollen auf dem Platz bestimmen, was passiert, mutig spielen, keine Angst vor Ballverlusten haben und für Kombinationsfußball stehen. Und wenn wir uns über einen Zeitraum von mehreren Jahren stabi- lisieren, dann ist in der Tabelle auch mal wieder ein Ausreißer nach oben möglich.“ Ehrgeiz, Empathie, Leidenschaft, Bodenständigkeit – alles das zeich- net Florian Kohfeldt aus. Und er lebt die Werder-Werte und gibt sie an alle, die mit ihm arbeiten, weiter. Dazu gehört auch, dass der lei- denschaftliche Skifahrer die kurzen Wege und das Gemeinschafts- gefühl auf dem Werder-Gelände in der Pauliner Marsch schätzt – mit Weser-Stadion, Trainingsplätzen, WERDER Leistungzentrum und Geschäftsstelle. Exemplarisch dafür steht das Finale der Saison 2015/2016 mit dem Abstiegs-Endspiel, dem Last-Minute-1:0 gegen Eintracht Frankfurt, am letzten Spieltag, das Kohfeldt als Co-Trainer erlebte und das die Werder-Fans mit ihrer einzigartigen Unterstützung schon lange Zeit vor dem Anpfiff zu einem Gänsehaut-Erlebnis gemacht hatten: „Ich saß im Bus, als wir die Rampe am Weser-Stadion runtergefahren sind. Und wir sind nicht zu irgendeinem Stadion auf der ‚grünen Wiese‘ gefahren. Wir sind durch die Stadt gefahren, an den ganzen Fenstern mit grün-weißen Fahnen vorbei. Und dann sind wir in unsere Kabine gekommen, nicht in irgendeine, die wir nur alle zwei Wochen sehen. Wir sind dort jeden Tag. Das ist unsere Heimat, und die haben wir ge- gen Frankfurt mit allem, was wir hatten, verteidigt.“ Man kann sich vorstellen, wie Florian Kohfeldt – mit diesem Erlebnis im Kopf – sein Team motiviert und auf den Platz schickt. Und es verwundert nicht, dass er als Cheftrainer mit den Grün-Weißen in den ersten sieben Pflichtspielen im Weser-Stadion keine Niederlage hinnehmen musste. Martin Lange WERDER MAGAZIN 334 17

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