WERDER MAGAZIN Nr. 334

WERDER MAGAZIN 334 53 stammt im Übrigen aus Targu Mures. Als Tischtennis-Hochburg will Szöcs seine Heimatstadt dennoch nicht bezeichnen. Das Leistungs- zentrum, in dem er aufgrund seines Talents schon bald trainierte, befand sich einige Kilometer entfernt. Parallel zur beginnenden Tischtennis-Karriere eiferte Hunor Szöcs auch seinem Vater nach und bekam Klavierunterricht. „Vier Jahre lang“, erzählt er und schmunzelt: „Die Musik war aber nicht unbe- dingt meine Stärke.“ Also galt, als er zehn Jahre alt war, die ganze Konzentration nur noch dem Tischtennis. Und die Eltern unterstütz- ten diese Leidenschaft, investierten viel, damit ihr Sohn an interna- tionalen Turnieren teilnehmen konnte. Zum ersten Mal aufhorchen ließ Hunor Szöcs 2007 im Alter von 15 Jahren, als er sich bei der Schüler-Europameisterschaft den Titel im Einzel sicherte. Drei Jahre später gewann er die Jugend-EM im Doppel. Und musste anschlie- ßend eine entscheidende Weiche für seine weitere Karriere stellen… „Ich war damals 18 und hätte bei Clubs in Spanien oder Portugal gutes Geld verdienen können“, weiß der Rumäne. „Aber ich habe mich für Deutschland entschieden, weil mir klar war, dass ich dort von Beginn an mit Top-Spielern trainieren, mit Top-Trainern arbei- ten und mich so am besten entwickeln konnte.“ Also nahm Szöcs zunächst das Angebot der traditionsreichen und renommierten TTF Liebherr Ochsenhausen an und spielte für die zweite Mannschaft des Clubs. Es folgte ein Jahr in der Schweizer Liga, in dem Szöcs aber weiter in Ochsenhausen trainierte. „Dann kam der Anruf von Cristian“, erzählt er und kann das Leuchten in seinen Augen nicht verbergen. Werder-Trainer Cristian Tamas bot seinem Landsmann einen Platz in der begehrten Trainingsgruppe der Grün-Weißen an. Szöcs musste nicht lange überlegen und nahm das Angebot an. Zwei Jahre lang trainierte er in Bremen, spielte in dieser Zeit zunächst für TTS Borsum dann für TTC indeland Jülich in der 2. Bundesliga, ehe sich Trainer Tamas und Teamchef Sascha Greber im Jahr 2014 endgültig die Dienste des aufstrebenden, immer stärker werdenden Talents sicherten. „Ich habe von Anfang an gemerkt, wie sehr mich das Training bei Cristian weiterbringt“, lobt Szöcs seinen Coach, der mittlerweile zum Freund geworden ist. Tamas wiederum ist ebenfalls voll des Lobes über seinen Schützling. „Hunor ist technisch sehr gut ausge- bildet und ein Spieler, der alles kann“, sagt er. Die Rückhand, seine Schnelligkeit und die Reaktionsfähigkeit, das seien Szöcs‘ Stärken. „Und dazu die Tatsache, dass er sich immer neue Ziele setzt, diese zielstrebig verfolgt und dann auch erreicht. Manchmal dauert es im Sport bis zum nächsten Schritt nach vorne etwas länger, mal geht es schneller. Das ist normal. Aber Hunor musste in den vergangenen Jahren nie einen Rückschritt verkraften.“ Platz 66 belegt Werders Tischtennis-Profi derzeit in der Weltrang- liste, 65 war seine bisher beste Platzierung. Und er macht unmiss- verständlich deutlich: „In den nächsten sechs Monaten möchte ich in die TOP 50 der Welt.“ Tamas hat keine Zweifel, dass das klappt: „Ob in den nächsten sechs Monaten oder vielleicht auch etwas später – Hunor wird dieses Ziel ganz sicher erreichen.“ Das Gelingen des Vorhabens ist davon abhängig, wie viele Punkte Szöcs bei internati- onalen Turnieren sammelt. Wie häufig der Rumäne dafür unterwegs sein wird, das legen Spieler und Trainer zumeist drei bis fünf Mona- te im Voraus fest. Denn neben den persönlichen Ambitionen jedes Spielers verfolgen die Grün-Weißen auch mit dem Team hohe Ziele: „Wir wollen in die Play-Offs“, sagt Hunor Szöcs. Mit einer Bilanz von 7:4 in den ersten elf Partien trug er nicht nur selbst dazu bei, dass sein Team nach der enttäuschenden Saison 2016/2017 nun wieder einen Platz im Top-Quartett der Liga anstreben kann, sondern er hat sich ligaweit mit dieser Ausbeute auch ins obere Spielerdrittel katapultiert. Auch weil es in der Mannschaft mit Bastian Steger und den beiden Neuen Omar Assar und Florent Lambiet hervorragend passt: „Wir haben einen super Teamspirit, trainieren auf hohem Niveau, pushen uns gegenseitig und verstehen uns wirklich sehr, sehr gut.“ Nicht nur Hunor Szöcs schätzt seit mehreren Jahren die internatio- nale Trainingsgruppe des SV Werder, auch seine drei Jahre jüngere Schwester Bernadette, die ebenfalls in Bremen trainiert. Auch sie ist Nationalspielerin, mehrfache WM- und Olympia-Teilnehmerin und gewann 2017 mit Rumänien den Titel bei der Team-EM. „Sie ist eine echte Bereicherung für unsere Gruppe und hat zuletzt tolle Ergeb- nisse erzielt“, freut sich Hunor Szöcs, der sich an der Weser rundum wohlfühlt. „Mein Start in Deutschland war nicht immer leicht“, er- innert er sich. „Ochsenhausen ist ein kleiner Ort, es war nicht viel los. Durch den schwäbischen Dialekt habe ich kaum Deutsch ge- lernt. Mir blieb nicht viel mehr als zu trainieren.“ In Bremen jedoch „gefällt es mir richtig gut, eine schöne Stadt, tolle Fans. Ich fühle mich zu Hause und sehe meine Zukunft hier“. Werders Verantwort- liche werden das gerne hören, denn es überrascht ob der tollen Ent- wicklung des jungen Tischtennis-Profis nicht, wenn Trainer Cristian Tamas sagt: „Wir bauen auf Hunor. Ich würde mit ihm gerne auch in den nächsten Jahren zusammenarbeiten.“ Martin Lange Messen mit den ganz Großen: Bei der WM 2017 musste sich Hunor Szöcs nur knapp mit 3:4 dem mittlerweile Weltranglisten-Ersten Dimitrij Ovtcharov geschlagen geben. Gegen Timo Boll (re.) verlor der Rumäne im diesjährigen Pokal-Halbfinale bei Werders Match gegen Borussia Düsseldorf mit 0:3. Fotos: nordphoto

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=