WERDER MAGAZIN Nr. 335

ZUR PERSON Matthias Brandt, 1961 in Berlin geboren, ist einer der bekann- testen deutschen Schauspieler und für seine Arbeit vielfach preisgekrönt. 1985 hatte er sein erstes Theaterengagement am Oldenburgischen Staatstheater und war anschließend an vie- len namhaften deutschsprachigen Theatern beschäftigt. Seit 2000 arbeitet er hauptsächlich vor der Kamera. 2016 erschien sein Buchdebüt ‚Raumpatrouille‘. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Berlin. In diesem Jahr ist Matthias Brandt noch in der Serie ‚Babylon Berlin‘ ab Oktober in der ARD zu sehen und Ende des Jahres in seinem letzten Fall als Kommissar Hanns von Meuffels im Münchener ‚Polizeiruf 110‘. Er tritt immer wieder mit seinen Bühnenprogrammen ‚Psycho‘, ‚Angst‘ und ‚Life‘ auf, letzteres beruht auf den Erzählungen seines Buches ‚Raumpatrouille‘. Foto: Matthias Scheuer Was ist für Sie grundsätzlich das Faszinierende daran, ein Fußballspiel zu verfolgen? Dass es immer bei Null anfängt, ungeachtet aller Wahrscheinlichkei- ten. Welche fußballerische Tradition darf trotz zunehmender und nicht auf- zuhaltender Kommerzialisierung aus Ihrer Sicht niemals sterben? Und was würden Sie im Gegenzug als erstes am Profi-Fußball ändern, wenn Sie könnten? Mit den Traditionen ist das so eine Sache, man landet schnell bei ei- nem „früher war alles besser“, was ja nicht stimmt. Zur Kommerziali- sierung: Es ist halt mit dem Fußball sehr viel Geld zu machen, weil er so viele interessiert. Und erstmal ist ja nichts dagegen zu sagen, dass dieses Geld, es ist ja immer noch nur ein Bruchteil, dann auch bei de- nen ankommt, die auf dem Platz die tatsächliche Leistung erbringen und diese vielen Zuschauer anziehen. Ich glaube allerdings, dass man schon ein Stück weiter wäre, wenn einige derjenigen, die sich in die- ser sehr privilegierten Position befinden, Großverdiener zu sein, sich nicht vornehmlich mit irgendwelchen Steuersparmodellen in Panama oder sonst wo befassen würden, sondern selbstverständlich dort, wo sie leben und profitieren, ihren finanziellen gesellschaftlichen Beitrag leisten würden. Dann bliebe ihnen ja immer noch genug Geld übrig. Fußballer streben nach Titeln. Was bedeuten Ihnen Auszeichnungen? Ich habe ja ein paar bekommen, aber ich muss sagen, dass mir die Einzelpreise nicht so viel bedeuten wie die, die wir für eine gemeinsa- me Arbeit bekommen haben. Meine Arbeit ist in ihrem Wesen keine solistische, sondern eine sehr kommunikative und gemeinschaftliche, und wenn das aufgeht und man miteinander ausgezeichnet wird, ist das sehr schön. Ihnen wird das Zitat zugeschrieben: „Fan sein meint: Liebe, die immer hofft und nichts erwartet“. Würden Sie sich wünschen, dass mehr Fans nach diesem Motto leben? Ich mache anderen Leuten wirklich nicht gerne Verhaltensvorschrif- ten und bekomme sie auch ungern, insofern nein. Das ist eben meine Sicht auf die Sache. Ich finde es manchmal, bei aller Leidenschaft, viel zu biestig, wie auf dieses Spiel geschaut wird. Und, wie schon gesagt, ich bin doch in erster Linie selbst dafür verantwortlich, dass es mir gut geht. Das kann mir keiner abnehmen, erst recht keine Fußball- Mannschaft. Wie wichtig ist es, dass Fußball-Clubs ihre Bekanntheit und die Auf- merksamkeit, die ihnen zuteilwird, nutzen, um Kampagnen ins Leben zu rufen wie ‚Nazis raus aus den Stadien‘ des SV Babelsberg 03? Der SV Babelsberg 03 ist ein toller Verein mit großartigen Fans, die Woche für Woche Haltung zeigen. Ich weiß, wovon ich rede, weil die bei mir zu Hause um die Ecke sind und ich mich öfter mal aufs Fahrrad setze und mir dort ein Spiel anschaue. Das ist dann schon manchmal beängstigend, was für Horden da im Gästeblock auftau- chen. Aber man darf dann eben nicht kneifen und muss denen mit friedlichen Mitteln zu verstehen geben, dass sie einen nicht stumm und klein kriegen mit ihrem faschistischen Gebrüll. Dass wir stärker sind als die. Und das bekommen die Babelsberger gut hin. Die sind unbedingt unterstützenswert. Wie viele Besuche im Weser-Stadion nehmen Sie sich für die nächste Saison 2018/2019 als Minimum vor? Das kann ich nicht sagen. Sie wissen doch, wie abergläubisch Fuß- baller sind. Wenn ich jetzt sagen würde vier Mal, es aber nur zu drei Spielen schaffen würde, und das vierte ginge dann verloren, würde ich denken, dass es meine Schuld gewesen ist. Weil ich nicht da ge- wesen bin. Ich bin wirklich so blöd. Aber das ist ja auch ein Teil des Spaßes, oder? Interview: Martin Lange WERDER MAGAZIN 335 45 WERDER BEWEGT s

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