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36 | Jahresbericht 2011

Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein

Ärztekammer Nordrhein

Bloßer Diagnoseirrtum nicht vorwerfbar

Zu den erstmals nicht nach medizinischen Fach-gebieten, sondern nach Krankheitsbildern geglie-derten tabellarischen Übersichten über festgestellte Behandlungsfehler mahnte Laum im Hinblick auf die insgesamt kleinen Fallzahlen einleitend zur Vorsicht, aus den unterschiedlichen Anerkennungs-quoten Schlüsse zu ziehen. Ungeachtet dessen sei aber bemerkenswert, dass gerade bei den Diagnose-fehlervorwürfen fast durchweg überdurchschnitt-lich viele Fehler festgestellt worden seien. Laum wies darauf hin, dass ein bloßer Diagnose-irrtum dem Arzt nicht zum Vorwurf gereiche, weil die Rechtsprechung eine Fehlinterpretation der Be-funde mit Rücksicht auf einen ausreichenden ärzt-lichen Beurteilungsspielraum nur mit Zurückhal-tung als Behandlungsfehler werte. Die Feststellung eines vorwerfbaren Diagnostikfehlers komme bei-spielsweise in Betracht, wenn der Arzt die Anam-nese unzureichend erhoben habe, wenn die Fehl-diagnose darauf beruhe, dass zwingend gebotene Befunde nicht erhoben wurden, wenn die Befunde vermeidbar fehlerhaft interpretiert wurden oder wenn trotz gegebenen Anlasses die erste Diagnose im weiteren Behandlungsverlauf nicht überprüft wurde. Falsche Diagnosen bedingten nicht nur verlängertes Leiden, ergänzte Laum, sondern ver-ursachten auch unnötige Behandlungskosten. Er empfahl, dieser Problematik erhöhte Aufmerksam-keit zu widmen.

Einen besonderen Stellenwert zur Vermeidung festgestellter Behandlungsfehler hat für Laum die ärztliche Fortbildung. Der Kommissionsvorsitzen-de freute sich über das rege Interesse der nordrhei-nischen Ärzteschaft an den gemeinsam mit dem In-stitut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein (IQN) angebotenen regelmäßigen Fortbildungsver-anstaltungen. An deren Konzeption und Realisie-rung seien die Kommissionsmitglieder zusätzlich zu ihrer über das übliche Maß hinausgehenden ehrenamtlichen Gutachtertätigkeit maßgeblich be-teiligt.

Nachdem die Zahl neuer Begutachtungsanträge im letzten Berichtszeitraum um rund vier Prozent rückläufig war, berichtete der Vorsitzende der Gutachterkommission, Präsident des Oberlandes-gerichts Köln a. D. Dr. jur. H. Dieter Laum, der Kammerversammlung am 20. November 2010 für das aktuelle Berichtsjahr (1. Oktober 2009 bis 30. September 2010) über einen Anstieg um knapp sie-ben Prozent. Die Zahl der Anträge liege damit bei jährlich fast 2.000, sagte Laum. Trotz der damit verbundenen hohen Belastung sei die Kommission bislang gut damit fertig geworden, habe imBerichts-zeitraum erstmals sogar mehr als 2.000 anhängige Verfahren erledigen, die Zahl der Gesamterledi-gungen gegenüber dem Vorjahr um nochmals neun Prozent deutlich steigern und den Bestand noch zu entscheidender Fälle auf derzeit 1.647 weiter redu-zieren können.

Der Kommissionsvorsitzende gab jedoch zu beden-ken, ob sich auch künftig genügend Ärzte finden werden, diese Arbeitslast ehrenamtlich zu tragen. „Wir betrachten die Zukunft nicht ganz ohne Sor-ge“, sagte Laum im Hinblick auf die vor allem bei den ärztlichen Kommissionsmitgliedern zum Ende der 9. Amtsperiode im November 2011 zu erwarten-den personellen Veränderungen.

Laum wertete die bei zunehmender Zahl der Be- gutachtungsanträge mit rund 29 Prozent leicht rückläufige Behandlungsfehlerquote als Anzeichen für eine wohl allgemein gestiegene Anspruchs- mentalität. „Die Beurteilungsmaßstäbe sind gleich geblieben“, betonte Laum. Für seine Annahme sprächen sowohl der mitunter unangemessene Ton, in dem Überprüfungsbegehren vorgetragen werden, als auch der Umstand, dass Bescheide und Gutachten unter Ausschöpfung der gegebe-nen Rechtsbehelfe häufiger angefochten werden. Gleichwohl bewährt habe sich die seit drei Jahren geübte Praxis, in eindeutigen Fällen den Beteilig-ten zunächst das eingeholte Sachverständigengut-achten zur Kenntnis zu bringen. In immerhin 364 von 622 derartigen Fällen hätten die Beteiligten in Kenntnis des Gutachtens auf eine förmliche Ent-scheidung verzichtet.

Gutachter mahnen zu größerer Aufmerksamkeit in der Diagnostik

Die Zahl der eingereichten Begutachtungsanträge ist im vergangenen Geschäftsjahr um sieben Prozent gestiegen. Positiv: Der Anteil der von der Kommission festgestellten Behandlungsfehler ist gesunken.

Prof. Dr. med. Lutwin Beck, Geschäftsführendes Kommissionsmitglied

Ulrich Smentkowski, Leiter der Geschäftsstelle

Dr. jur. H.D. Laum, Präsi-dent des Oberlandesgerichts a. D. und Vorsitzender

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