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Jahresbericht 2012
Ärztekammer
Nordrhein
In Memoriam
Aufhebens um seine Person machte er nicht
und mochte er nicht. Wenn sich das Auditorium
bei der Eröffnung des Deutschen Ärztetages erhob,
um ihm am Schluss seiner Rede lautstark Beifall
zu zollen, dann pflegte Professor Dr. Jörg-Dietrich
Hoppe mit einer kleinen Geste jegliche Huldi-
gungen zu unterbinden – es sollte vorangehen im
Programm.
Am 7. November 2011 ist Jörg-Dietrich Hoppe
nach schwerer Krankheit im Alter von 71 Jahren in
Köln gestorben. Zwölf Jahre lang war er Präsident
der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärz-
tetages. Der 114. Deutsche Ärztetag in Kiel, den er
im Jahr 2011 noch leitete, ernannte ihn zum Ehren-
präsidenten. Die Ärztekammer Nordrhein führte
Hoppe mehr als 18 Jahre lang. Sein Nachfolger im
Amt des Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr.
Frank Ulrich Montgomery, würdigte Hoppe als In-
tegrationsfigur des Berufsstandes.
Die Bestürzung über seinen Tod war groß – in-
nerhalb der Ärzteschaft, im politischen Berlin, bei
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bun-
desärztekammer und der Ärztekammer Nordrhein.
Ihnen allen gab die Familie Gelegenheit, Jörg-
Dietrich Hoppe bei der kirchlichen Begräbnisfeier
in der Kirche St. Bernhard in Köln-Longerich und
der Beisetzung auf dem dortigen Friedhof die letzte
Ehre zu erweisen. Hunderte von Menschen kamen,
darunter sehr viele führende Vertreter aus allen
Bereichen des Gesundheitswesens. Die Bundesre-
gierung repräsentierten der Bundesminister für
Gesundheit, Daniel Bahr, und der Beauftragte für
die Belange der Patientinnen und Patienten, Wolf-
gang Zöller.
Jörg-Dietrich Hoppes jüngerer Bruder, der ka-
tholische Theologe Professor Dr. Rudolf Hoppe,
hielt die Exequien. Er sagte in seiner Predigt, sein
Bruder sei von humanistischem Gedankengut und
einer aufgeklärten Religiosität geprägt gewesen. Er
sei immer ein Suchender und Fragender geblieben
und habe jeden Anspruch, letzte Weisheiten zu ver-
künden, nur milde belächelt.
Die Redaktion hat Zitate zu einigen Themen der
Jahre 1999 bis 2011 zusammengestellt, die sich wie
rote Fäden durch Jörg-Dietrich Hoppes berufs- und
gesundheitspolitisches Werk ziehen:
Trauer um Jörg-Dietrich Hoppe
Ärztlicher Auftrag
Oberstes Gebot unseres Handelns ist die
Erhaltung und Wiederherstellung der Ge-
sundheit der Patienten. Das war immer so
und wird auch weiterhin die Maxime unse-
res Handelns sein. (1999)
Die Bundesärzteordnung bringt es auf
den Punkt: „Der Arztberuf ist kein Ge-
werbe; er ist seiner Natur nach ein freier
Beruf.“ Freiheit der ärztlichen Entschei-
dungen, wissenschaftliche Fundierung,
gutes ärztliches Handwerk, vor allem aber
die menschliche Zuwendung in der per-
sönlichen Patient-Arzt-Beziehung mit dem
Ziel, Krankheiten zu heilen, zu lindern und
zu verhüten: Für dieses Arztbild sollten
wir uns aus tiefer Überzeugung einsetzen.
(1999)
Kollegialität und Geschlossenheit
Der Druck von außen auf die Ärzteschaft
wird immer größer. Ich halte es in dieser
Situation für äußerst wichtig, dass wir zu
Geschlossenheit finden statt uns in Graben-
kämpfe gegeneinander treiben zu lassen.
Kollegialität und Kooperationsbereitschaft
sind die Grundvoraussetzungen für gemein-
same politische Erfolge. Nur gemeinsam sind
wir stark. (1999)
Arzt und Politik
Oberstes Gebot ist – das muss immer wie-
derholt und festgestellt werden – die Erhal-
tung und Wiederherstellung der Gesundheit
unserer Patientinnen und Patienten. Vor
allem deshalb streiten wir so vehement für
das Recht, in unseren ärztlichen Entschei-
dungen frei und unabhängig zu sein. (2000)
Ärztinnen und Ärzte stehen in der Pflicht,
sich in die Politik einzumischen, wenn die
Grundlagen einer verantwortungsvollen Pa-
tientenversorgung zerstört werden. (2000)
Wir Kammern werden niemals eine Po-
litik betreiben, die den Sinn hat, Warte-
zimmer zu politisieren. Aber wir haben er-
fahren, dass es unvermeidlich ist, dass die
Patienten das Ordinationszimmer politisie-
ren, weil sie nämlich Fragen haben. (2000)
Kostendämpfungspolitik
Über 20 Jahre fantasielose Kostendämp-
fungspolitik haben wir hinter uns, mit über
200
Einzelgesetzen, die zu erheblichen Ver-
werfungen in der gesundheitlichen Versor-
gung geführt und vielen von uns auch den
Spaß am Beruf verdorben haben. (2001)
Budgetierung
Die rigide begrenzten sektoralen Bud-
gets für die ambulante wie für die statio-
näre Versorgung sowie für Arzneimittel
und Heilmittel sind willkürlich, das heißt
unabhängig vom Bedarf der Patienten, fest-
gelegt worden. Die Patienten aber erwarten
von ihren Ärztinnen und Ärzten, und das
völlig zu Recht, dass sie individuell entspre-
chend ihrer Erkrankung versorgt werden.
Die Budgetierung jedoch setzt uns Ärztin-
nen und Ärzte dermaßen unter Druck, dass
wir immer häufiger in Situationen geraten,
in denen das medizinisch Notwendige nicht
mehr garantiert werden kann. Das halten
wir für unverantwortlich. (2000)
Verdeckte Rationierung
Verdeckte Rationierung findet bereits
statt, aber es gibt keine öffentliche Rationie-
rungsdebatte. Das führt dazu, dass die ein-