Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2012
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Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik
diagnostische und therapeutische Möglichkeiten in
Anspruch nehmen und dass komplexe und oft le-
benslange Behandlungsprozesse daraus entstehen
können.“ Schon heute sind nach Henkes Worten
der Ärztemangel und der Mangel an Fachkräften
deutlich spürbar. Ein wesentliches Zukunftspro-
blem des Gesundheitswesens sei daher die Perso-
nalfrage: „Heute arbeitet in Nordrhein-Westfalen
jeder zehnte Berufstätige im Gesundheitswesen. Im
Jahr 2050 müsste es – wenn wir die gleichen Versor-
gungsrelationen wie heute aufrechterhalten wollen
jeder vierte sein.“ Die Gesundheitsversorgung der
Zukunft werde sich nicht mehr von „Einzelkämp-
fern“ bewältigen lassen, sondern „nur mit wirkli-
chen Teams, in denen man effektiv kooperiert, die
Stärken der anderen schätzt und gezielt einsetzt“.
NRWsetzt auf Modellstudiengänge
Das Thema der Kooperation zwischen den Ge-
sundheitsberufen besitzt angesichts des bereits
spürbaren Fachkräftemangels eine große Bedeu-
tung und wird derzeit noch unterschätzt“, sagte die
Staatssekretärin im nordrhein-westfälischen Ge-
sundheitsministerium, Marlis Bredehorst. Ärztin-
nen und Ärzte können nach ihren Worten „Zeit für
die Patienten gewinnen durch eine sinnvolle Ko-
operation mit den Gesundheitsfachberufen, die die
ärztliche Profession unterstützen, nicht ersetzen“.
Als Beispiel nannte sie die „Entlastende Versor-
gungsassistentin“ (EVA). Diese erwirbt die Kompe-
tenzen für die Übernahme von delegationsfähigen
Leistungen in der ambulanten Praxis und entlastet
dadurch Ärztinnen und Ärzte bei der Begleitung
und Unterstützung von Patienten und Angehörigen
in einer Vielzahl von Aufgabenbereichen, die den
Behandlungsprozess betreffen. Gleichzeitig erhalte
die Medizinische Fachangestellte die Möglichkeit,
mehr Verantwortung zu übernehmen, was die At-
traktivität dieses Berufsbildes steigere. Auch die
Alten- und Krankenpflege sowie andere Gesund-
heitsfachberufe will die Landesregierung durch
neu genehmigte Modellstudiengänge aufwerten.
Bredehorst: „Da hat Nordrhein-Westfalen sich an
die Spitze gesetzt.“
Die Kooperation zwischen den Gesundheitsbe-
rufen werde angesichts der älter werdenden Ge-
sellschaft immer wichtiger, sagte auch die Parla-
mentarische Staatssekretärin beim Bundesminister
für Gesundheit, Ulrike Flach. Nach ihren Worten
gibt es heute bereits eine gute Zusammenarbeit der
Ärztinnen und Ärzte mit anderen Gesundheits-
fachberufen, etwa in Medizinischen Versorgungs-
zentren, in der integrierten Versorgung und in der
Rehabilitation. „Auf diese Kooperation sind wir
künftig noch stärker angewiesen, wenn wir die
anerkannt hohe Qualität unseres Gesundheitswe-
sens erhalten wollen“, sagte Flach. Auch sie ist für
mehr „Durchlässigkeit“ im Sinne einer Akademi-
sierung der Pflegeberufe, warnte aber vor Über-
treibungen: „Wir können nicht davon ausgehen,
dass die Grundversorgung über den akademischen
Bereich abzusichern ist.“ Die Staatssekretärin hält
es für erforderlich, „noch bestehende Lücken zwi-
schen ambulant und stationär“ zu schließen, denn:
Eine koordinierte und kooperative medizinische
Versorgung bedeutet für die Patienten eine ganz
unmittelbar spürbare Verbesserung.“ Die mit dem
Versorgungsstrukturgesetz neu eingeführte spezi-
alfachärztliche Versorgung könne hier für eine en-
gere Vernetzung sorgen.
Rudolf Henke,
Präsident der
Ärztekammer Nordrhein:
Effektive Kooperation und
gegenseitige Wertschätzung
der Gesundheitsberufe
sind unerlässlich, um die
Herausforderungen der
Zukunft zu meistern.
Ulrike Flach,
Parlamentarische Staats-
sekretärin beim Bundes-
minister für Gesundheit:
Eine koordinierte und
kooperative medizinische
Versorgung bedeutet für
die Patienten eine ganz
unmittelbar spürbare
Verbesserung.