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Jahresbericht 2012
Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein
Ärztekammer
Nordrhein
was bisher nicht jeder getan habe. Ferner müsse er
die für die Begutachtung benötigten Behandlungs-
unterlagen vorlegen. Er müsse sich also selbst um
diese bemühen und seinen Rechtsanspruch auf
Überlassung von Kopien notfalls auf dem Gerichts-
weg durchsetzen. Laum wies in diesem Zusammen-
hang darauf hin, dass sich mit dem neuen Verfahren
auch die Verjährungsfrage neu stellen könnte. Bis-
her werde davon ausgegangen, dass Verjährungs-
hemmung eintritt, wenn sich Patient und Arzt amBe-
gutachtungsverfahren beteiligen, das dann einer
Verhandlung der beiden Parteien über die Haf-
tungsansprüche gleichstehe. Das werdeman bei ein-
seitiger Verfahrensdurchführung vielleicht nicht
annehmen können. Über nähere Erfahrungen mit
dem neuen Verfahren konnte Laum noch nicht be-
richten, weil mit seiner Erprobung erst im Septem-
ber 2011 begonnen wurde.
Laum dankte bei seiner Darstellung zahlreicher
Aktivitäten, die von der Kommission im Berichts-
zeitraum zur Schadensprophylaxe entfaltet wur-
den, allen Mitgliedern der Gutachterkommission,
die diese Arbeit mitgetragen haben. Er betonte,
dass die Gutachterkommission Persönlichkeiten
mit Standfestigkeit brauche, die bereit seien, sowohl
quantitativ als auch qualitativ Außergewöhnliches
zu leisten. Sie müssten ihre Gutachten in einer für
die Patienten verständlichen Sprache formulieren
können. Sie müssten aber auch Kritik ertragen und
ihr standhalten können, selbst wenn diese manch-
mal ungerecht ist, und konstruktive Kritik in ihre
Erwägungen aufnehmen. Laum dankte in diesem
Zusammenhang der ÄkNo und vor allem auch
posthum ihrem verstorbenen Präsidenten Professor
Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe dafür, dass es bisher
gelungen ist, genügend sachverständige Ärzte und
Juristen für die ehrenamtliche Tätigkeit zu begeis-
tern, und für die Ausstattung der Kommission mit
den notwendigen Sachmitteln.
Grenzen der Versicherbarkeit
Zum Abschluss seines Berichts stellte der Kom-
missionsvorsitzende noch einige rechtspolitische
Über einen geringen Anstieg des Geschäftsanfalls
berichtetederVorsitzendederGutachterkommission
für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekam-
mer Nordrhein, Präsident des Oberlandesgerichts
a. D. Dr. jur. H. Dieter Laum, der Kammerversamm-
lung der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) am19. No-
vember 2011 bei der Vorlage des Tätigkeitsberichts
für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 30. Sep-
tember 2011. Die Kommission habe die nochmals ge-
steigerte Antragsbelastung gut bewältigt
(
siehe Statis-
tische Übersicht Seite 43)
und gegenüber dem Vorjahr
sogar zwei Prozent mehr Verfahren erledigen kön-
nen, sagte Laum. Der Bestand noch offener Fälle lie-
ge mit 1.575 Verfahren deutlich unter dem Antrags-
eingang ­eines Jahres. Die Kommission komme also
innerhalbeines angemessenenZeitraums –angepeilt
werden zwölf Monate – zurecht, erläuterte Laum
die durchschnittliche Bearbeitungszeit. Die meis-
ten Verfahren seien durch medizinisch-rechtlichen
Bescheid, die Hälfte der Verfahren, in denen zur Be-
scheidvorbereitung ein Gutachten eingeholt wurde,
aber schonmit demGutachten selbst erledigt worden.
Kommission geht neue Wege
Bei den förmlichen Bescheiden ohne Beurteilung
der erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe, die in
Fällen von Verfahrenhindernissen ergehen, haben
nach Angaben des Vorsitzenden die Fälle, in denen
Ärzte ihre Mitwirkung am freiwilligen Begutach-
tungsverfahren versagen, gegenüber 2008 von gut
drei auf knapp sieben Prozent zugenommen. Meist
widerspreche der Arzt nicht aus eigenem Antrieb,
sondern auf Betreiben seiner Haftpflichtversiche-
rung oder auch des Krankenhausträgers, sagte
Laum. Solche Fälle seien seit Beginn der Kommissi-
onsarbeit immer eingestellt worden.
Nun habe aber in einem dieser Fälle das Gesund-
heitsministerium des Landes eine solche Entschei-
dung als rechtswidrig beanstandet. Der Vorstand
der ÄkNo habe daraufhin beschlossen, dass die Gut-
achterkommission eine Begutachtung auch in sol-
chen Fällen durchführen soll. Voraussetzung hier-
für sei, dass der Patient dies ausdrücklich beantragt,
Gutachterkommission: Gefragter
Streitschlichter für Arzt und Patient
Auch im vergangenen Geschäftsjahr konnten mehr Anträge abschließend beraten werden als
im Vorjahreszeitraum. Mit Blick auf die zivilrechtliche Haftung von Ärztinnen und Ärzten stellen sich
die Leistungsbeschränkungen des Sozialrechts als zunehmend problematisch dar.
Prof. Dr. med.
Hans Friedrich Kienzle,
Geschäftsführendes
Kommissionsmitglied
Ulrich Smentkowski,
Leiter der Geschäftsstelle
Dr. jur. H.D. Laum, Präsi-
dent des Oberlandesgerichts
a. D. und Vorsitzender