Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2016
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Vorwort
Der schönste Beruf der Welt
Bei einer der Begrüßungsveranstaltungen für unsere neuen Kammermit-
glieder hat der Festredner den frisch approbierten Kolleginnen und Kolle-
gen einmal gesagt, sie seien nun im schönsten Beruf der Welt angelangt.
Ich fand den Satz gut. Auch wenn es vielleicht noch andere schöne Berufe
gibt: Der Arztberuf hat eine lange Tradition und verfügt über ganz unver-
wechselbare Alleinstellungsmerkmale.
Der Arztberuf ist ein Freier Beruf und kein Gewerbe. Ärztinnen und Ärzte
sind mehr als Experten für Gesundheit und Krankheit, sie sind Personen
des Vertrauens für ihre Patientinnen und Patienten. Den guten Arzt, die
gute Ärztin zeichnet neben der medizinischen Fachkompetenz eine ethisch
fundierte Haltung aus. Die Patienten ernst nehmen, Fürsorge und Respekt
aufbringen, dialogfähig sein, die eigenen Grenzen erkennen – das sind nur
einige der wesentlichen Elemente unseres Leitbildes vom Arztberuf.
Das sind für sich genommen bereits hohe Anforderungen. Im ärztlichen
Alltag kommen Bürden hinzu, die es Ärztinnen und Ärzte leider zu häufig
erschweren, ihren Idealen zu folgen. Wer zum Beispiel viel Zeit mit einem
schwierigen Patienten verbringt, wird unter den derzeitigen Vergütungs-
bedingungen systematisch benachteiligt. Wer dagegen die Kontaktzeit mit
dem Patienten auf das technisch notwendige Mindestmaß reduziert, wird
belohnt.
Solche ökonomischen Fehlanreize können Ärztinnen und Ärzte nur be-
dingt kompensieren, indem sie systematisch persönliche Nachteile in Kauf
nehmen. Niemandem kann dauerhaft Altruismus abverlangt werden, auch
Ärztinnen und Ärzten nicht. Auf der anderen Seite darf jedoch im Ein-
zelfall die ökonomische Steuerung das ärztliche Handeln nicht dermaßen
überlagern, dass berufsethische Grenzen überschritten werden.
Als Ärztekammer bestehen wir auf Rahmenbedingungen, die den einzel-
nen Kollegen, die einzelne Kollegin aus diesem Dilemma befreien. So kann
es nicht bei einer – gerade bei uns in Nordrhein − unterfinanzierten ambu-
lanten Versorgung zu Lasten der Patienten bleiben. Davon geht ebenso ein
unangemessener wirtschaftlicher Druck aus wie von der ausschließlich
auf Fallpauschalen basierenden Betriebskostenfinanzierung der Kranken-
häuser.
Der geschützte Freiheitsraum, der doch die notwendige Bedingung für
eine persönliche, vertrauensvolle Patient-Arzt-Beziehung ist, darf niemals
durchökonomisiert und durchbürokratisiert werden. Dafür treten wir ein,
denn nur dann bleibt unser schöner Arztberuf das, was wir darunter ver-
stehen.
Diesen Jahresbericht verbinde ich mit einem herzlichen Dank an alle eh-
renamtlichen Mandatsträger und hauptamtlichen Mitarbeiter, die in den
vergangenen Monaten ein großes Arbeitspensum im Interesse von Patient
und Arzt mit sehr viel Engagement bewältigt haben.
Rudolf Henke
Präsident der Ärztekammer Nordrhein