Gutachtliche Entscheidungen

Gutachtliche Entscheidungen | 105 Spärliche Arztdokumentation bei typischen Vorwürfen zur Chirotherapie LITERATUR Behandlung zur Auslösung einer radikulären Sympto- matik und extrem selten auch unter der Therapie zu einer Gefäßschädigung mit bleibenden Hirnschäden kommen kann. All dies ist bereits seit vielen Jahren bekannt und immer wieder in der einschlägigen Li- teratur berichtet worden und findet sich auch in den Leitlinien zur Ausbildung [4]. Abschließend ließe sich die gleiche Feststellung treffen wie in 2004, dass alle Behandlungsfehler bei einem Vorgehen nach den Bin- gener Empfehlungen [ 1 ] sich hätten vermeiden lassen. wurde und zur Gefäßschädigung – möglicherweise bei Vorschädigung – geführt hat. Der linkshemispärische Mediainfarkt mit den Folgen ist daher vom Orthopä- den zu verantworten. In den hier beschriebenen drei exemplarischen Fällen sind folgende Fehler typisch: 1) Ungenügende Anamnese- und Befunderhebung und -dokumentation, 2) zu lange zurückliegende oder fehlende Aufklärung, 3) keine Röntgenkontrolle bei degenerativ vorgeschädigten/älteren Patienten, 4) zu brüskes Vorgehen. Fazit Vorrausetzung für die Indikationsstellung zu einer Chirotherapie ist neben einer differenzierten Anamne- seerhebung zu aktuellen und vorbestehenden Erkran- kungen eine allgemeine sowie manualmedizinisch- neurologische Untersuchung, um mögliche Kontra- indikationen vor der Therapie zu erkennen. Es ist da- bei zu klären, ob eine Röntgenuntersuchung des be- troffenen Wirbelsäulenabschnittes erforderlich ist. Ein Risikoaufklärungsgespräch mit dem Patienten mit Einwilligung in die für erforderlich gehaltene chiro- therapeutische Maßnahme ist unabdingbar und sollte ebenso dokumentiert werden wie die Art und Weise der vorgenommenen Behandlung, die für einen an- deren Arzt nachvollziehbar sein muss. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass es bei vorbestehenden Bandscheibenschäden durch die manualmedizinische [1] Bischoff HP, Böhm P (1995). Qualitätssicherung, Aufklä- rung und Dokumentation in der Manuellen Therapie (Work- shop in Bingen 1994) Man Med 33: 29-30 [2] Hansis ML, Weber B, Smentkowski U, Schräder P (2004). Vorgeworfene Behandlungsfehler im Zusammenhang mit chirotherapeutischen Behandlungen. Man Med 42:449-454 sowie Orthopäde 33:1051-1060 [3] Holland C, Weber B (2018). Behandlungsfehler bei der Chirotherapie. Man Med 56:307 – 313 [4] von Heymann W, Terrier B (2014). Leitlinien über die Grundlagen der Aus- und Weiterbildung und der Sicherheit in manueller/muskuloskelettaler Medizin. Teil 1 in Man Med 52:131-145 und Teil 2 in Man Med 52:229-236 Quelle: Erstpublikation in Manuelle Medizin (C. Holland, B. Weber (2018), Behandlungsfehlervorwürfe bei der Chiro- therapie, Manuelle Medizin 56: 307-313, DOI 10.1007/ s00337-018-0425-2). Professor Dr. med. Christian Holland ist Stellvertretendes Geschäftsführendes Kommissions- mitglied und Dr. med. Beate Weber ist die für die Dokumentation und Auswertung zuständige Referentin der Geschäftsstelle der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein. Orthopädie und Unfallchirurgie

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