Gutachtliche Entscheidungen

Gutachtliche Entscheidungen | 39 Augenheilkunde Fall 1 Bei der Erstuntersuchung des Antragstellers im Jahr 1999 war durch die behandelnde Augenärztin eine Aushöhlung der Sehnerven aufgefallen. Bei Untersu- chungen in den Jahren 2002 und 2004 aus anderen Gründen wurde der Antragsteller zur Messung des Augeninnendrucks einbestellt, folgte der Empfehlung aber nicht. Anfang 2005 wurde ihm ohne Erfolg eine Wiedervorstellung zur Perimetrie dringend empfoh- len. Dokumentiert ist: „Aufklärung über Papillenbe- fund, Abklärung nötig, wie 1999 erklärt, Wiedervor- stellung für GF (Gesichtsfelduntersuchung, Anm. d. Autoren) dringend nötig.“ In einer Universitäts-Augenklinik, die der Antragstel- ler aus anderen Gründen aufgesucht hatte, war 2007 die Sehnervaushöhlung ebenfalls aufgefallen und es wurde der Verdacht auf ein Niederdruckglaukom ge- äußert. Die belastete Augenärztin empfahl deshalb eine allgemeinmedizinische Abklärung und gab dem Antragsteller einen entsprechenden Brief an den Haus- arzt mit. Die empfohlene Untersuchung fand erst nach etwa einem Jahr statt und wurde nur teilweise durch- geführt. In der Folgezeit nahm der Antragsteller im- mer wieder Kontrolltermine nicht wahr. Im April 2008 empfahl die Augenärztin dem Antrag- steller erneut eine Gesichtsfelduntersuchung und klär- te ihn über die dringend notwendige Glaukomunter- suchung auf, um fortschreitende Schäden an Sehnerv und Gesichtsfeld zu vermeiden. Sie mahnte erneut eine Vorstellung beim Internisten an. Der Antragsteller ver- einbarte keine Kontrolltermine. Anfang 2009 empfahl die Augenärztin wiederum ohne Erfolg eine Augen- innendruckkontrolle in vier Monaten. Im September 2010 klärte sie den Antragsteller über eine notwendige regelmäßige augenärztliche Kontrolle auf und empfahl eine Vorstellung in der Universitäts-Augenklinik. Die Diagnose lautete: Verdacht auf Low-Tension-Glaukom. Mitte 2013, der Antragsteller hatte sich zwischenzeit- lich nicht untersuchen lassen, mahnte die Augenärztin kurzfristig eine dringend notwendige Gesichtsfeld- untersuchung an. Beurteilung durch die Gutachterkommission Bei diesem Behandlungsablauf kam die Gutachter- kommission zu dem folgenden Ergebnis: Bis zum Jahr 2007 sei eine Glaukom-Therapie nicht indiziert gewe- sen, da ein Glaukom nicht nachgewiesen worden sei, so die Gutachterkommission. Danach sei an ein Nie- derdruckglaukom gedacht worden, der Nachweis sei aber nicht möglich gewesen, weil der Antragsteller sich den dringend empfohlenen Kontrollen konsequent entzogen habe. Der Augenärztin könne deshalb kein Behandlungsfehler vorgeworfen werden, schlussfol- gerte die Gutachterkommission. Es sei ihr unmöglich gewesen, die Verdachtsdiagnose durch weitere Unter- suchungen zu erhärten. Hierzu gehörten allgemein- medizinische Befunde (Blutdruckmessung, Doppler- sonographie der Halsgefäße) über 24 Stunden sowie augenärztliche Befunde (Gesichtsfeldkontrollen, Seh- nerv-Kontrollen, Tages-Druck-Profil, gegebenenfalls auch Nachtmessungen des Augeninnendrucks) und je nach Ergebnis dieser Untersuchungen weiterführende Untersuchungen. Sie seien die Voraussetzung für eine Therapie gewesen, die nicht habe vorgeschlagen oder durchgeführt werden können. Eine „vorsorgliche“ Be- handlung bei ungesichertem Verdacht auf ein Nieder- druckglaukom sei nicht zulässig. Die Dokumentation der Augenärztin sei nicht zu be- mängeln. Der Diskrepanz zwischen dem Vortrag des Antragstellers und der Dokumentation der Ärztin konnte die Gutachterkommission nicht nachgehen, weil sie nach dem Statut nicht wie ein Gericht Zeugen vernehmen kann. Die Dokumentation genieße zudem Vertrauensschutz und könne deshalb zur Grundlage der Beurteilung durch die Gutachterkommission ge- macht werden. Es sei davon auszugehen, dass die Auf- klärung des Antragstellers mehrfach erfolgte, und dass Empfehlungen der für die Verifikation der Diagnose so wichtigen Untersuchungen ordnungsgemäß gegeben worden seien. Fall 2 Die 43 Jahre alte Antragstellerin warf einem Augenarzt vor, sie mit Corticosteroid-Augentropfen ohne Hinweis auf die Notwendigkeit einer zeitnahen Kontrolle des Augeninnendrucks therapiert zu haben. Dadurch sei ein Steroid-Glaukom nicht rechtzeitig erkannt worden. Der belastete Augenarzt hatte der Antragstellerin vier- mal das Augengel Predni Opthal ® (5 ml) verordnet, und Fehlende Sicherungsaufklärung ist ein Behandlungsfehler

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