Gutachtliche Entscheidungen

50 | Gutachtliche Entscheidungen Fehlerhafte Primärdiagnostik beim Mammakarzinom Dabei stieg in der Primärdiagnostik die Fehlerquote zwar von zuletzt durchschnittlich 50 Prozent wieder auf 61,8 Prozent an. Diagnostikfehler wurden aber in den Jahren 2010 bis 2015 von der Gutachterkommission im Durchschnitt nur noch bei sieben Patientinnen pro Begutachtungsjahr gegenüber acht beziehungsweise zwölf Patientinnen in den früheren 5-Jahreszeiträu- men festgestellt. Auch bei anderen Krebserkrankungen ist die Bestäti- gungsquote in den nordrheinischen Begutachtungen immer schon überproportional hoch und liegt derzeit im Bereich der Diagnostik bei 53 Prozent, was daran liegen mag, dass die Patientinnen und Patienten un- ter der sie betreffenden malignen Diagnose besonders leiden und bereits wissen, dass eine zeitliche Latenz zwischen den Beschwerden, der Diagnostik und der Krebsdiagnose („fatale Pause“) aufgetreten ist. Mammakarzinom sechshäufigste Diagnose ex post Die Diagnose eines Mammakarzinoms führt bei den nordrheinischen Behandlungsfehlerbegutachtungen mit einem Anteil von 1,7 Prozent (zuvor 2,3 bzw. 2,6 %) derzeit als sechsthäufigste Haupterkrankung ex post die Liste der Gesamtzahl der häufigsten Erkrankungen an. Am häufigsten sind eine Gonarthrose (3,0 %), Kox- arthrose (2,8 %), Koronare Herzerkrankungen in- klusive Herzinfarkte (2,4 %), Weichteilverletzungen (2,1 %) und lumbale Bandscheibenschäden (2,0 %). Bei den am häufigsten fehlbehandelten Erkrankungen steht das Mammakarzinom mit 0,7 Prozent (zuvor 0,9 bzw. 1,5 %) nach denWeichteilverletzungen (0,9 %) und einer Koxarthrose (0,8 %) an dritter Stelle. Verteilung der Vorwürfe zum Mammakarzinom Vonden 158VerfahrenbeimMammakarzinombetrafen 80 Verfahren Diagnosevorwürfe (BF-Quote: 61,3 %), darunter 42 von 68 Vorwürfen zur Primärdiagnostik (BF-Quote: 61,8 %) und 7 von 12 Vorwürfen bei Rezidi- ven (BF-Quote: 58,3 %). Zusätzlich stellte sich die Be- urteilung zweier Pathologen als falsch positiv heraus: Statt einer „sklerosierenden Adenose“ eines im Scree- ning als verdächtig eingestuften Herdbefundes wurde fälschlicherweise ein Mammakarzinom diagnosti- Tabelle 2: Fehlerhafte Primärdiagnostik bei Mammakarzinom in den bis 2015 abgeschlossenen Begutachtungsverfahren nach Behandlungsjahr inkl. „Altfälle“ 2005 bis 2008 (n=30) Zeitraum n BF-Quote 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 Begutachtungen bei Mammakarzinom 85/214 39,7 % 0/1 0/3 10/14 71,4% 7/19 36,8% 11/24 45,8% 11/25 44,0% 10/24 41,7% 13/32 40,6% 5/13 38,5% 4/20 20,0% 14/39 35,9% Fehler bei Primärdiagnostik 55/98 56,1 % 0 0 9/10 3/8 8/11 7/11 7/12 6/14 5/9 3/9 7/14 davon* Anamnese/Tastuntersuchung 8 / / 1 2 1 2 / / 2 / / Mammographie verkannt 27 / / 7 1 2 5 1 3 3 2 3 Sonographie verkannt/ fehlerhaft 7 / / 1 1 1 / 2 1 / 1 / keine weiterführende Diagnostik (Bildgebung/PE) 42 / / 8 3 5 4 5 6 5 3 3 Keine Sicherungsaufklärung/ zu langes Kontrollintervall 21 / / 3 1 3 3 2 1 1 3 4 davon Fehler im Screening 11/15 / / 4/4 1/1 1/1 2/3 1/2 1/2 0/1 / 1/1 * Mehrfachnennung Gynäkologie

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