Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2022

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2022 | 77 Medizinische Grundsatzfragen Arzneimittelberatung Die Komplexität des deutschen Arzneimittelmarktes erfordert von Ärztinnen und Ärzten eine stete Aktualisierung ihres pharmakologischen Wissens wie auch ihrer Kenntnis der regulatorischen Anforderungen bei der Verordnung von Arzneimitteln. Neutrale Informationen zu neuen Entwicklungen und neuen Erkenntnissen über bekannte Arzneimittel sind daher zur Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten von hohem Wert. Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen haben den gesetzlichen Auftrag, Fortbildungen anzubieten, die frei von wirtschaftlichen Einf lüssen sind. Daraus leitet sich die Aufgabe der Arzneimittelberatungsstelle der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) ab, Ärztinnen und Ärzten in Praxis und Klinik neutrale, sachkundige und aktuelle Arzneimittelinformationen zur Verfügung zu stellen, die diese auch an ihre Patienten weitergeben können. Tätigkeitsschwerpunkte im Jahr 2021 Im Berichtsjahr 2021 traten Ärztinnen und Ärzte sowie Behörden mit pharmakologischen und arzneimittelrechtlichen Problemen an die ÄkNo heran. Von großem ärztlichen Interesse waren die neu zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19. Die Wirksamkeit und die Sicherheit dieser neuen Vektor- wie auch mRNA-Impfstoffe wurden im Rahmen des europäischen Zulassungsverfahrens überprüft. Das Zulassungsverfahren erfolgte im Rolling- Review-Verfahren. Trotz dieser Beschleunigung blieben die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der betreffenden Arzneimittel unverändert hoch. Im Jahresverlauf wurden unter Wertung von gemeldeten Impfreaktionen Einschränkungen von Indikationsgruppen vorgenom- men, so zum Beispiel nach Mitteilungen über seltene schwerwiegende Nebenwirkungen (hier: Myokarditis, Perikarditis) bei jungen Männern unter Verwendung von Spikevax® von Moderna. Vereinzelt spielte auch die Frage nach bedenklichen Arzneimitteln eine Rolle. Im Ausschuss Arzneimittelverordnung und -therapiesicherheit unter der Leitung von Barbara vom Stein- wurden zwei zentrale Themen behandelt: Die Auswirkungen des Ukraine Krieges auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln und zunehmende Lieferengpässe. Der Krieg in der Ukraine hat in Deutschland aufgrund entsprechender Hilfslieferungen unter anderem zu einem Mangel an Paracetamol-Saft für Kinder geführt. Auch der Marktführer von Ibuprofen-Saft hat Lieferschwierigkeiten. Mit Unterstützung des Bundesumweltamtes wurden Arzneimittelrückstände in der Umwelt und deren Vermeidung betrachtet. Eine Analyse eines führenden europäischen Statistik-Unternehmens zeigt auf, dass aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland mit einer Steigerung des Arzneimittelverbrauchs bis zum Jahr 2045 um 43 bis 68 Prozent gegenüber dem Jahr 2015 auszugehen ist. Dies stellt die große Bedeutsamkeit von Arzneimittelrückständen in unserem Abwasser dar und die Notwendigkeit, entsprechend aufzuklären und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Die weltweite Anwendung von Diclofenac ist – auch bei Tieren – ein prominentes Beispiel für eine weitreichende Beeinf lussung des Ökosystems. So sind in Indien mehrere endemische Geierarten praktisch ausgestorben, nachdem sie überhöhte Mengen an Diclofenac durch das Fressen von Diclofenac-belasteten Rinderkadavern aufgenommen hatten. Netzwerk Umweltmedizin in Nordrhein Die Umwelt als Ursache von Erkrankungen ist in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Mit der Zeit wuchs der Bedarf nach medizinischer Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Beschwerden oder auffälligen Untersuchungsbefunden, die mit Umweltfaktoren in Verbindung gebracht werden. Positionen, Ausschüsse, Netzwerke

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