Rheinisches Ärzteblatt 5/2023

Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 /2023 15 eine soziale Wettbewerbsordnung. „Wir wollen Unternehmertum nicht verhindern, aber wir müssen das Arzt-Patient-Verhältnis wirksam schützen“, betonte er. Es stimme ihn optimistisch, dass die BÄK mit ihren Positionen zum Thema auf positiven Wiederhall in der Politik stoße. Zulassung für MVZ befristen „Unsere Grundphilosophie, unser Verständnis, was eigentlich den ärztlichen Beruf im Kern ausmacht, ist ja das Versprechen, dass wir uns nicht kommerziell beeinflussen lassen“, betonte in Mülheim auch Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Der Gesetzgeber sei insbesondere gefordert, gleichlange Spieße herzustellen zwischen Ärztinnen und Ärzten, die persönlich in eine Praxis investieren wollten, und Investoren. Dass letztere enorm hohe Preise für Kassenarztsitze aufriefen, sei unter anderem dem Umstand geschuldet, dass eine einmal erworbene Zulassung im MVZ niemals erlösche, während sie bei einem niedergelassenen Vertragsarzt mit dem Eintritt in den Ruhestand ablaufe. Deshalb fordere das BÄK-Papier eine zeitliche Befristung der Kassenzulassung auch für MVZ, so Henke. Die Kommerzialisierung der Medizin sei ein wichtiges Thema für die Zukunft der Ärzteschaft, hatte Gastgeber Uwe Brock, Vorsitzender der Kreisstelle Mülheim der Ärztekammer Nordrhein, gleich zu Beginn der Veranstaltung betont. Deren höchstes Gut sei das Vertrauen der Patientinnen und Patienten. Den Zukunftsaspekt des Themas betonte auch Mira Faßbach vom Bündnis Junge Ärztinnen und Ärzte. Rollenkonflikte zwischen ökonomischem Druck und Patientenwohl erlebten alle berufstätigen Ärztinnen und Ärzte, sagte sie bei der anschließenden Podiumsdiskussion. Vielen werde das erst im Laufe ihres Berufslebens klar. Damit gewinne auch beim ärztlichen Nachwuchs das Konzept der Freiberuflichkeit an Bedeutung. „Wir sind kein Gewerbe“, betonte Faßbach. „Wir unterliegen nicht eigenen Profitinteressen oder denen unserer Arbeitgeber. Wir sind unserem Gewissen verantwortlich und dürfen Versichertengelder nicht verschwenden.“ Ärzte in iMVZ weisen Kritik zurück Während in Mülheim die Kritiker des wachsenden Einflusses der Kapitalgesellschaften klar in der Mehrheit waren, melden sich in der öffentlichen Diskussion inzwischen vermehrt auch diejenigen Ärztinnen und Ärzte zu Wort, die in iMVZ arbeiten. So plädierten Vertreter des Bundesverbandes der Betreiber Medizinischer Versorgungszentren (BBMV) Anfang März in einem offenen Brief für eine sachliche Diskussion und kritisierten die Verunglimpfung ihrer Arbeit. Kassenärztliche Vereinigungen, Ärztekammern und Berufsverbände würden zum Teil pauschale Vorwürfe gegen MVZ mit Kapitalpartnern erheben, die „nicht im Geringsten mit Fakten belegt werden könnten“, heißt es dort. Die ärztlichen Leiterinnen und Leiter der MVZ hätten gemäß gesetzlichem Auftrag sicherzustellen, dass die medizinischen Abläufe sach- und fachgerecht erfolgten. „Wir stehen somit dafür ein, dass die ärztliche Unabhängigkeit in medizinischen Entscheidungen gewahrt ist – unabhängig davon, ob der Inhaber des MVZ eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten, ein Krankenhaus oder eine Beteiligungsgesellschaft ist“, so der BBMV. Die Arbeitsverträge von Angestellten in MVZ stellten bereits nach geltendem Recht sicher, dass alle Ärztinnen und Ärzte weisungsfrei ihrer Arbeit nachgehen könnten. In einem Memorandum stellt der Verband die negativen Folgen weiterer gesetzlicher Beschränkungen für iMVZ zusammen: fehlende Investitionen in die ambulanten Versorgungsstrukturen, weniger attraktive Arbeitsplätze für Ärztinnen und Ärzte sowie eine Schwächung der ambulanten zugunsten der stationären Versorgung. Der BBMV wirbt stattdessen für einen qualitätsorientierten Wettbewerb mit „einer größtmöglichen Vielzahl an Versorgungsformen, Trägern und Kapitalgebern“. Negative Auswirkungen auf die Versorgungsqualität ließen sich mithilfe rechtlicher Rahmenbedingungen minimieren und notwendige Investitionen fördern. Transparenzregeln für alle MVZ-Träger sowie eine Stärkung der Position der ärztlichen Leitung können nach Ansicht des BBMV sinnvolle Maßnahmen sein, um einen Qualitätswettbewerb im Sinne der Versorgung der Patientinnen und Patienten zu sichern. Die Bundesärztekammer hat im Januar 2023 in einem Positionspapier Formulierungsvorschläge für Änderungen der gesetzlichen Regelungen zu investorengetragenen Medizinischen Versorgungszenten (iMVZ) vorgestellt. Diese zielen darauf ab, die MVZ auf ihre ursprüngliche Funktion einer sektoren- und fachübergreifenden Versorgung „aus einer Hand“ zurückzuführen. Die Konzentration auf lukrative Leistungen („Rosinenpickerei“) und die Monopolbildung in einzelnen Regionen sollen erschwert sowie Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge verboten werden. Werden Ärztinnen und Ärzte in der Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen beeinträchtigt, soll dies einen Zulassungsentzug des iMVZ zur Folge haben können. Ein MVZ-­ Register und eine entsprechende Schilderordnung sollen gewährleisten, dass Patientinnen und Patienten über die Eigentümerverhältnisse eines MVZ informiert sind. Investitionen in das Gesundheitssystem seien grundsätzlich positiv zu bewerten, heißt es in dem Positionspapier der BÄK. Insbesondere da in einigen Fachgebieten die medizinische Technologie kaum noch durch einen einzelnen Vertragsarzt finanziert werden könne. „Problematisch wird es, wenn das primäre Ziel nicht mehr die qualitativ hochwertige und zugewandte Patientenversorgung, sondern die Maximierung der Rendite ist.“ Die ärztliche Position stärken

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