Rheinisches Ärzteblatt 5/2023

40 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2023 Kulturspiegel Im Grillo-Theater in Essen ist eine launige Inszenierung von William Shakespeares Komödie „Der Sommernachtstraum“ zu sehen. von Jürgen Brenn Von Beginn an verströmt die Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare am Essener Grillo-Theater einen Zauber, dem sich auch das Publikum in einer der öffentlichen Proben kurz vor der Premiere nicht entziehen kann. Die Bühne ist in weiches, warmes Licht getaucht. Die Akteure stehen in phantasievollen Kleidern, deren Farben in Pastelltönen gehalten sind, auf der Bühne. Die Szenerie wirkt so, als ob ein Riese mit einem großen WeichzeichnerPinsel über das Geschehen gegangen ist. Der Regisseur Tobias Materna lässt auch in der Schwebe, in welcher Zeit die Komödie verortet sein soll, die Shakespeare um 1595 zu Papier brachte und in London uraufführte. In der Eingangsszene liegen die Protagonisten des Verwirrspiels um Liebe, Leidenschaft und Eifersucht wie in einer WellnessOase auf Liegestühlen und werden von Hotelpersonal umschwirrt. Der Herzog Athens, Theseus, gespielt von Thomas Büchel, will die von ihm bezwungene Amazonenkönigin Hippolyta, gespielt von Janina Sachau, heiraten. Die Hochzeitsvorbereitungen sind in vollem Gange. Aber bevor gefeiert werden kann, muss sich der Herrscher um einen Zwist seiner Untertanen kümmern. Hermia, gespielt von Lene Dax, und Lysander, gespielt von Dennis Bodenbinder, lieben einander. Aber diese Liaison findet nicht die Gunst des Vaters des jungen Mannes. Er sieht Helena, gespielt von Trixi Strobel, als die bessere Partie für seinen Sohn. Die jungen Liebenden wollen sich dem Willen des Vaters aber nicht beugen und suchen ihr Heil in der Flucht in den nahegelegenen Wald. Aber Helena eilt ihnen nach und ihr auf den Fersen folgt Demetrius, gespielt von Alexey Ekimov, der unsterblich in Helena verliebt ist. Allerdings will diese nichts von ihm wissen. Mit dieser Konstellation der Liebenden und Nichtgeliebten verneigt sich der Regisseur vor der aktuellen Genderdebatte, indem er die historischen Rollen von Shakespeare einfach vertauscht und dem Verwirrspiel damit einen weiteren Schlenker gibt. Neben den beiden Paaren finden sich auch einige Handwerker und Schauspieler im Wald ein. Sie wollen dort das Stück „Pyramus und Thisbe“ proben, das sie auf der Hochzeitsfeier von Theseus und Hippolyta zum Besten geben wollen. Dieses Intermezzo mit Ingrid Domann, Stefan Migge, Stefan Diekmann, Rezo Tschchikwischwili, Philipp Noack und Jens Winterstein ist ein komödiantisches Highlight dieses Abends. Zur allgemeinen Erheiterung versucht der Leiter der Laienschauspieltruppe, die RolMenschen, die sich im nächtlichen Wald herumtreiben. Es entstehen Liebeskonstellationen, die so nicht gewollt sind, aber zu sehr viel Verwirrung und Liebestollheiten und -torheiten führen. Denn die Zauberblume bewirkt, dass sich die Verzauberten unsterblich in das Geschöpf verlieben, das sie als erstes nach dem Erwachen erblicken. Misslich, wenn dies zum Beispiel ein Esel ist, der zufällig des Weges kommt. Nachdem Puck sowohl unter den Menschen als auch unter den mystischen Waldbewohnern maximale Verwirrung erzeugt hat, nimmt der Elfenkönig Oberon selbst die Dinge in die Hand und rückt wieder alles an seinen richtige Platz. Titania und er finden zueinander und auch unter den Menschen findet jeder Topf seinen richtigen Deckel. „Essen? Essen find ich gut!“ Maximale Verwirrung, wer wen liebt während des Sommernachtstraums. Hier zu sehen sind v.l.n.r. Alexey Ekimov als Demetrius, Trixi Strobel als Helena, Dennis Bodenbinder als Lysander, Thomas Büchel als Oberon und Lene Dax als Hermia. Foto: Martin Kaufhold len zu verteilen und Philipp Noack drängelt sich als Franz Flaut in seinem MechanikerOverall immer wieder in den Vordergrund und will am liebsten alle Rollen alleine übernehmen. Doch im Wald sind auch noch Wesen der Nacht unterwegs. Der Elfenkönig Oberon, ebenfalls gespielt von Thomas Büchel, hat Streit mit seiner eifersüchtigen Gattin Titania, gespielt von Janina Sachau. Oberon will diese zur Vernunft bringen und gibt entsprechende Anweisungen an seinen Diener Puck, den Jan Pröhl herrlich schnodderig spielt. Mürrisch und äußerst unwillig führt er die Befehle aus, ohne recht zu wissen, was er treibt. Mit Hilfe des Nektars einer Zauberblume soll Titanias Temperament gezähmt und die Liebe neu entfacht werden. Dieser Plan geht mächtig schief, denn Puck verzaubert neben Titania auch die jungen Sie erwachen im Morgengrauen wie aus einem nächtlichen Traumgespinst und reiben sich verwundert die Augen. Damit steht den Hochzeitsfeierlichkeiten von Theseus und Hippolyta nichts mehr im Wege. Die Laienschauspielgruppe kommt zu ihrem Recht und darf das vorbereitete Stück zur Erheiterung nicht nur der Hochzeitsgesellschaft zur Aufführung bringen. Die Essener Inszenierung von „Ein Sommernachtstraum“ ist eine wahrlich unbeschwerte aber für Essen typisch augenzwinkernde Version dieser Komödie voller Poesie, die am besten mit einem sommerlichen Kaltgetränk genossen werden sollte. Während des 127. Deutschen Ärztetags ist „Ein Sommernachtstraum“ am Freitag, 19. Mai zu sehen. Informationen unter Tel.: 0201 8122-200 und unter www.theater-essen.de.

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