Leitfaden Kommunikation

78 Ärztekammer Nordrhein Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Bei Patientinnen und Patienten, die eingeschränkt sprachkompetent sind, ist es nicht sinnvoll, in Kindersprache zu verfallen und Verben nicht mehr zu konjugieren. Einfacher zu verstehen sind kurze Aussagesätze, ohne komplexere grammatikalische Strukturen wie Relativ- sätze oder Konditionalsätze. Bei langsamem Sprechen wird manchmal bereits durch die Beobachtung des Gegenübers deutlich, an welchen Stellen ein Wort auf Unverständnis stößt; wer sein Gegenüber nicht anschaut, verpasst diese Gelegenheiten. Ad-hoc-Übersetzerinnen und -Übersetzer werden in der Literatur aus verschiedenen Gründen nicht empfohlen: Wenn sie verwandt sind mit der Patientin oder dem Patienten oder wenn sie aus der gleichen überschaubaren Sprachgemeinschaft wie die Patientin oder der Patient stammen, geraten sie beim Übersetzen häufig in einen Solidaritätskonflikt. Das führt dazu, dass sie zum Beispiel schlechte Nachrichten nicht übersetzen, weil sie die Patientin oder den Patienten nicht belasten wollen oder weil sie die Regeln ihrer Kulturgemeinschaft einhalten wollen; im Unterschied zu professionellen Dolmetscherinnen und Dolmetschern sagen sie nicht, was sie tun, sodass die Fachperson nicht weiß, was genau – und was eben nicht – übersetzt wurde. Problematisch sowohl am Einsatz von Ad-hoc- als auch von professionellen Dolmetscherinnen und Dolmetschern ist, dass letztlich die Fachperson dafür verantwortlich ist, worüber gesprochen und was verstanden wird. Da sie die Fremdsprache, in die gedolmetscht wird, nicht versteht, ist sie auf Gedeih und Verderb der Kompetenz der Dolmetscherin oder des Dolmetschers ausgeliefert. Es ist allerdings nicht so klar, welche Aufgabe professionelle Dolmetscherinnen oder Dolmetscher eigentlich haben: Sollen sie möglichst wortgetreu übersetzen oder sollen sie zwischen Kulturen vermitteln, also auch auf Gebräuche, Wertvorstellungen und unterschiedliche Definitionen von Tabuthemen fokussieren? Das Conduit-Modell entspricht der ersten Variante, bei der die Dolmetscherin oder der Dolmetscher den gesprochenen Text möglichst genau wiedergibt und die eigene Person stark zurücknimmt. Die weiter gefasste Definition entspricht zumindest zum Teil dem des „interkulturellen Übersetzens“, bei der die Dolmetscherin oder der Dolmetscher auch als interkulturelle Vermittelnde fungieren. Der folgende Verhaltenskatalog für Fachpersonen hilft beiden Parteien, ein gedolmetschtes Gespräch möglichst korrekt und im Sinne der Patientin oder des Patienten durchzuführen.

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