CORTISSIMO 09

an 1950er-Jahre-Illustrationen anlehnt und dergleichen. So etwas mache ich eigentlich gar nicht und habe in dieser Hinsicht auch keinen sonderlich femininen Stil – vielleicht arbeite ich deshalb gar nicht so oft für klassische Frauenmagazine. Bei mir unterscheidet sich das eher durch die Motive: Ein Geschäftsbericht gibt andere Bildinhalte vor als ein Dossier in einer Wochenzeitung, Plakate für einen Technikkonzern andere als die Beauty-Strecke in einem Frau- enmagazin. Print hat sich, was Illustration betrifft, sehr entwickelt, sich geöffnet für unterschiedliche Stile und variiert diese. Früher gab es fast nur Fotografie und ansonsten das Übliche in Frauenzeit- schriften: Horoskope und dergleichen. Wie viel Prozent Ihrer Auftraggeber kommen eigentlich aus dem Printbereich? 95 Prozent kommen aus dem Print. Reine Online-Magazine oder Blogs beauftragen Illustratoren eher selten und zahlen auch schlech- ter. Die bedienen sich eher bei Stockdatenbanken. Ich habe aber zum Beispiel schon für Stiftungen gearbeitet, die meine Illustratio- nen ausschließlich online verwendet haben. Papier als Druckmaterial kommt meinen Arbeiten auf jeden Fall stärker entgegen als der Mo- nitor. Illustrationen auf Zeitungspapier finde ich besonders schön, da ist schnell mal ein Knick drin, das ist nicht so glatt und unpersön- lich. Außerdem steigt die Chance, dass man vielleicht zweimal drauf- guckt, weil die Zeitung noch irgendwo rumliegt. Was extrem cool ist: dass es mittlerweile Zeitungspapiere gibt, die ein bisschen dichter sind, sodass nichts mehr durchscheint. Sonst hat man bei großflä- chigen Illustrationen schnell mal die Überschrift der Rückseite im Bild, die da nicht reingehört. Vermissen Sie es als Selbstständige eigentlich, Kollegen zu haben? Ich arbeite ja hier in einem Gruppenatelier mit anderen Freiberuf- lern, die sind durchaus wie Kollegen für mich. Manchmal sogar im eigentlichen Wortsinn: Da arbeiten wir gemeinsam an einem Buch – der eine schreibt den Text, die andere macht die Illustration, wieder eine andere das Design. Solche Projekte sind aber eher rar. In der Regel habe ich als Ansprechpartner die Auftraggeber in den Zeitun- gen, Magazinen oder Unternehmen, mit denen ich meine Arbeiten bespreche. Feedback hole ich mir aber auch von den Kollegen am Nebentisch, mit denen zusammen ich versuche, die optimale bild- nerische Ergänzung zu einem Text zu finden. Wenn man Ihnen zuhört, kann man sich etwas anderes nur schwer vorstellen, aber: Gab es für Sie jemals einen anderen Berufswunsch als Illustratorin? Ich hätte vermutlich auch irgendwas mit Sprachen oder Kommuni- kation machen können, aber Illustration stand für mich eigentlich schon sehr früh fest. Es hat natürlich auch Vorteile, wenn man keine hunderttausend Talente hat. (Lacht.) Was ich nie vorhatte, obwohl es vielleicht nahegelegen hätte, war, in die freie Kunst zu gehen. Ich wollte immer am liebsten in einer Auftragssituation arbeiten und in einem vorgegebenen Rahmen etwas Eigenes erschaffen. Wobei ich natürlich nicht nur angewandt arbeite, sondern durchaus auch frei, und diese freie Kunst meine angewandten Arbeiten bzw. Illustratio- nen gut ergänzt. Aber ausschließlich freie Kunst zu machen, das wäre für mich nicht das Richtige gewesen. www.signorinah.de Für das Buch „Träum schön“ (Bastei Lübbe, 2018) entwickelte Rinah Lang eine Bildsprache, die sich an die Atmosphäre in Hitchcock-Filmen und das Absurde der surrealistischen Malerei anlehnt. 13 CORTISSIMO 9

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