PROF. ULRICH
BECKERHOFF
wurde am 6. Dezember 1947 in Münster
geboren und lebt seit 1975 in Bremen. Er
ist Jazzmusiker (Trompete und Flügelhorn)
und seit 1991 Professor für Jazztrompete
und Ensembleleitung an der ‚Folkwang
Universität der Künste‘ in Essen.
Beckerhoff studierte zunächst Jura, dann
Musik in Münster und Köln. Seine künstle-
rische Leistung wurde mit diversen natio-
nalen und internationalen Auszeichnungen
gewürdigt, zum Beispiel mit dem ersten
Preis des Jazzfestivals Loosdrecht (Nie-
derlande) und dem Förderpreis Musik der
Freien Hansestadt Bremen.
Beckerhoff ist unter anderem künstlerischer
Leiter der JAZZAHEAD, der größten Jazz-
messe Europas, die seit 2006 in Bremen
stattfindet. Die Veranstaltung ist zugleich
Festival und Konferenz und hat sich zum
wichtigsten Treffpunkt der europäischen
Jazzszene entwickelt. JAZZAHEAD findet
in diesem Jahr vom
19. bis 22. April
statt
und bietet zahlreiche Konzerte in verschie-
denen Bremer Locations.
Mehr Infos gibt es im Internet unter
www.jazzahead.de
und
über Prof. Ulrich Beckerhoff unter
www.ulrich-beckerhoff-jazz.com
D
ort habe ich noch Bernd Traut-
mann, den legendären Torwart von
Manchester City in einem Freund-
schaftsspiel gesehen. Aber auch mit
Bewunderung und Schmerzen zugleich ein
Tor von Alfred Kelbassa von Borussia Dort-
mund gegen Preußen Münster aus 50 Me-
tern Entfernung miterlebt. Über meinem Bett
hatte ich ein Foto der Weltmeister-Elf von
1954 mit Autogrammen der Spieler. Ich habe
1963 die erste Bundesliga-Saison miterlebt.
Lange hat sich meine Mannschaft dort leider
nicht halten können. So viel zu meiner Legi-
timation als staatlich geprüfter Fußball-Fan!
Dann ab 1975
in Bremen wurde alles besser,
bis zum Abstieg. Aber schon bald danach
kam Otto, und ich wurde von meinen nati-
onalen und internationalen Musikerkollegen,
von denen die meisten auch Fußball-Fans
waren, wieder mit dem notwendigen Re-
spekt als Fan von Werder behandelt – und
manchmal auch beneidet.
Dann kamen die
großartigen Wunder von
der Weser. Es war eine Freude, Werder mit
seinem fantastischen Angriffswirbel zuzu-
schauen. Nie vergessen werde ich das 5:1
an meinem Geburtstag gegen den SSC Ne-
apel mit Maradona. Dem hat man übrigens
immer noch einen eigenen Altar gewidmet
mit Foto und einer unter Glas konservierten
Locke des Meisters in einer Hauswand in der
Altstadt von Neapel. Sollten wir das nicht
auch einmal einführen hier in der Böttcher-
straße oder im Schnoor für Höttges, Völler,
Bratseth oder Otto?
Wisst Ihr,
was ich immer besonders gut an
Werder neben seinem fantastischen Angriffs-
fußball (meistens jedenfalls) fand? Der Ver-
ein gehörte nie zu den ‚Lautsprechern‘ der
Liga, weder in den Zeiten des Erfolgs noch in
den schwierigen Phasen.
Auch wenn ich
mich damals und bis heute
immer noch über jeden der Spieler manch-
mal aufregen kann und muss – was für Fuß-
baller habe ich hier erlebt mit Völler, Riedle,
Diego, Rufer, Micoud, Bratseth, Julio Cesar,
Herzog, Bode, Höttges und Özil, um nur ein
paar zu nennen.
Übrigens:
Die Tatsache, dass so viele Jazz-
Musiker weltweit auch Fußball-Fans sind,
hat folgende Gründe: Beide, der Jazz und der
Fußball, wenn sie erfolgreich sind, leben von
den gleichen Zutaten: Hingabe, individuelle
Technik, Teamgeist, Improvisation, schnelles
Erfassen einer Spielsituation, Hingehen, wo es
weh tut (‚Gras fressen‘ ist für mich als Trom-
peter beim Spielen allerdings etwas schwie-
rig) und als Wichtigstes EMOTIONALITÄT.
Wer sich von der Richtigkeit
meiner Thesen
überzeugen möchte, sollte die JAZZAHEAD
mit mehr als 100 wunderbaren Jazz-Grup-
pen aus der ganzen Welt vom 19. bis 22. April
im Bremer Congress Centrum und anderen
Spielstätten besuchen.
Herzlichst, Ihr
Emotionalität als
wichtigste Zutat
Ganz klar,
Sport ist mein Ding seit meinem fünften
Lebensjahr – zunächst Tennis, dann Fußball
und Leichtathletik. In Münster war mein
Verein natürlich Preußen Münster.
Zwei Leidenschaften
Prof.
Ulrich Beckerhoff, begeis-
terter Werder-Fan, sieht
bei Jazz-Musik und Fußball
starke Parallelen.
Foto: F. Pusch
WERDER MAGAZIN 288 75
O-TON