armes Land ist. Und ich möchte ganz sicher
nicht dort leben. Ich bin froh, dass ich in Eu-
ropa aufgewachsen bin.
Kannst du dir vorstellen, nach deiner Fußball-
Karriere einen Berufsweg wie dein Vater ein-
zuschlagen?
Zum Glück habe ich noch ein paar Jahre Zeit,
mir darüber Gedanken zu machen. Ich hoffe,
dass ich auch dann etwas finde, was mich
glücklich macht, so wie jetzt der Fußball.
Ich denke, ich hätte nicht genug Geduld, um
so viel zu lernen, wie man im Medizinstudi-
um lernen muss, um später ein guter Arzt zu
sein. Allerdings ist es ein großartiger Beruf.
Es ist toll, wenn man Menschen auf diese
Weise helfen kann.
Deine fußballerische Karriere hat in diesem
Sommer durch deine guten Leistungen bei der
EM einen Schub bekommen. Warst du zufrie-
den mit dem Abschneiden eures Teams?
Wir waren sehr glücklich, dass wir es bis ins
Viertelfinale geschafft haben. Dort war Por-
tugal dann eine sehr schwere Aufgabe. Zehn
Minuten vor Schluss hat Cristiano Ronaldo
das entscheidende Tor gemacht. Vielleicht
haben wir insgesamt etwas zu defensiv und
ängstlich gespielt. Aber man muss ehrlich
sein: Das Viertelfinale zu erreichen, war für
unser Team ein guter Erfolg und entsprach
unserer Leistungsstärke.
Haben das auch die Fans in Tschechien so ge-
sehen?
Sie sind, vorsichtig ausgedrückt, hungrig
nach Erfolg. Sie verzeihen es einem nur
schwer, wenn man verliert. Natürlich hätten
sie es sich gewünscht, dass wir noch weiter
kommen. Aber die Fans in Tschechien sind
sowieso sehr kritisch bei Niederlagen, nicht
nur in der Nationalmannschaft, sondern
auch im Verein. Wenn man zum Beispiel
gegen den Tabellenletzten verliert, dann
braucht man am Tag danach gar nicht auf die
Straße zu gehen, weil man nur beschimpft
wird. Mir ist sofort aufgefallen, wie freund-
lich die Fans in Deutschland sind. Wir wur-
den in den vergangenen Wochen auch unter-
stützt, als es nicht so gut lief. Das war eine
tolle Erfahrung.
Als Rechtsverteidiger spielst du auf einer der
anspruchsvollsten Positionen im Fußball...
Es ist nicht immer einfach, aber ich will
mich nicht beschweren. Denn ich mag die
Vielseitigkeit dieser Position. Wenn es mög-
lich ist, kann ich mit nach vorne gehen. Aber
natürlich bin ich vor allem verantwortlich
für eine stabile Defensive auf meiner Seite.
Seit ich 20 war, habe ich fast ausschließlich
auf der rechten Außenbahn gespielt, nur
ganz selten im Mittelfeld. Es ist die Position,
auf der ich mich am wohlsten fühle.
Bei Werder spielst du auf einer Seite mit Mar-
ko Arnautovic. Wie beurteilst du euer Zusam-
menspiel?
Wir hatten schon sehr gute, aber auch eher
schlechte Momente in dieser Saison. Wir
spielen jetzt gerade knapp vier Monate lang
zusammen. Es kann also noch nicht so per-
fekt sein wie nach mehreren Jahren. Aber ich
finde, dass es gerade gegen Gladbach zuletzt
sehr gut funktioniert hat auf unserer Seite.
Marko ist ein hervorragender Fußballer.
Was genau zeichnet ihn aus?
Jeder weiß, dass er offensiv unglaublich stark
ist. Das hat er zuletzt gezeigt. Er will sich
immer beweisen, ist in der Lage, ganz beson-
dere Dinge zu machen. Vielleicht könnte er
defensiv noch etwas besser werden...
(
lacht)
Aber jeder Spieler hat etwas, wo er sich noch
verbessern kann. Niemand ist perfekt.
Braucht er bei seiner Offensivstärke über-
haupt Unterstützung durch dich?
Er ist wirklich sehr stark und kann auch
zwei Gegenspieler alleine schwindelig spie-
len. Aber ich versuche, auch offensiv die
Mannschaft zu unterstützen.
Wer von euch ist schneller?
Wir haben es bis jetzt noch nicht getestet.
Marko hat mehr Kraft – das steht fest
(
lacht)
.
Und wie passt es menschlich zwischen euch
beiden?
Er ist zugegebenermaßen etwas impulsiver
als ich
(
lacht)
.
Aber wir verstehen uns sehr
gut.
Was bedeutet euer klarer Sieg gegen Glad-
bach für die kommenden Wochen?
Es war ein sehr wichtiger Erfolg. Schließlich
hatten wir vorher einige schlechte Resultate.
Da ist ein 4:0 gut fürs Selbstvertrauen. Wir
m
24
WERDER MAGAZIN 295
INTERVIEW