WERDER MAGAZIN Nr. 350

WERDER MAGAZIN 350 55 SCHACH Diese Erfolge entfachten den Ehrgeiz des Schülers. Er spielte sein erstes Open im hessischen Vellmar und wurde als jüngster Teilnehmer auf Anhieb Erster der C-Gruppe. In seiner Klasse wunderten sich die Schulkameraden, dass man für ein Schachturnier vom Unterricht befreit werden kann. Aber die Leistungen in der Schule stimmten, betont er. Auch das Familienleben der Colbows wurde immer mehr vom Hobby des Sohnes beeinflusst. Urlaub wurde nun dort gemacht, wo die Schachturniere stattfanden. Im Herbst 2015 fand Collin Colbow eine E-Mail in seinem Postfach, die die Familie in große Aufregung versetzte. Der Deutsche Schachbund hatte den jungen Bremer für die Jugend-Weltmeisterschaft in Griechenland nachnominiert. Über die Deutsche Meisterschaft konnte er sich nicht qualifizieren. Aber bei den Turnieren danach zeigte er eine enorme Leistungssteigerung, die zu der Einladung führte. Das Urlaubsziel der Colbows wurde damit die Halbinsel Chalkidiki in der Ägäis. „Auch mal schön, sich im Fünf-Sterne-Hotel verwöhnen zu lassen“, freute sich Mutter Martina damals. Der Wechsel zum SV Werder Bremen folgte dann im Jahr 2018. Collin Colbow hatte einige Trainingseinheiten bei Werders Trainerlegende Claus Dieter Meyer absolviert. Meyer war begeistert von dem jungen Talent und riet ihm, zu den Grün-Weißen zu wechseln, wo er den nächsten Schritt seiner schachsportlichen Entwicklung machen konnte. Die Familie beriet sich, und auch sein damaliger Club unterstützte letztendlich die Entscheidung für den Vereinswechsel. Die Frage, was für ein Spielertyp er sei, kann Collin Colbow noch nicht so richtig beantworten. Ein Angriffsspieler sei er aber auf keinen Fall. Seine Stärken sieht er eher in der strategischen Anlage des Spiels und in zäher Verteidigung, wenn sein Gegner einmal besser steht. Sitzt der Gymnasiast nicht am Schachbrett oder büffelt für die Schule, dann spielt er Tischtennis, joggt oder macht Krafttraining. Im Übrigen sei er ein ganz normaler Teenager, der sich draußen mit Freunden trifft, Musik hört oder Videos schaut. In seinem Zimmer hütet der junge Werderaner ein Schachbrett mit 64 Autogrammen seiner Idole. Eins davon resultiert aus einer ganz besonderen Begegnung vor drei Jahren beim ‚Grenke Open‘ in Karlsruhe. Schach-Weltmeister Magnus Carlsen war nach getaner Arbeit auf dem Weg zu seiner Hotel-Suite – abgeschirmt durch Sekundanten und Medienvertreter. Doch Collin Colbow heftete sich an seine Fersen und ließ sich auch vom Vater des Norwegers nicht abdrängen. Im Fahrstuhl gab es dann kein Entkommen für den Weltmeister, und Colbow bekam sein Autogramm und ein Selfie. Seine ersten beiden Einsätze im Bundesliga-Team der GrünWeißen hatte der amtierende deutsche U16-Vizemeister bereits im vergangenen Jahr. Bei der Endrunde in Berlin konnte er seinen Gegnern jeweils ein Remis abtrotzen. „Ich freue mich riesig, mit so starken und sympathischen Spielern wie Luke McShane in einer Mannschaft zu spielen“, schwärmt der Fide-Meister (seit 2020) von seinen Teamkollegen. Auf die Ergebnisse von Collin Colbow bei seinen nächsten Einsätzen darf die Schachwelt gespannt sein. Jens Kardoeus Foto: M. Rospek Selfie mit dem Weltmeister: Collin Colbow und Schachstar Magnus Carlsen (re.).

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