Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2012
| 17
Kammerversammlung
Entschließungen der Kammerversammlung
Zugleich begrüßt die Kammerversammlung die
Ankündigung der NRW-Gesundheitsministerin, den
mit dem aktuellen Gesetzentwurf ermöglichten be-
grenzten Spielraum auszuschöpfen und ein Gremium
zu sektorübergreifenden Koordination der Versor-
gungsstrukturen auf Landesebene einzurichten. Die
Ärztekammer Nordrhein sieht ihre Verantwortung
darin, in einem solchen Gremium den ärztlichen
Sachverstand unabhängig von sektorspezifischen
Interessen einzubringen. Dazu sind die Ärztekam-
mern in NRW in dem sektorübergreifenden Gremium
mit Sitz und Stimme zu beteiligen.
Ebenso begrüßt es die Kammerversammlung, dass
die Gesundheitsministerin den fast zwei Jahre unter-
brochenen Prozess zur Aufstellung eines zeitgemä-
ßen Krankenhausplans für NRW entschlossen wieder
aufgenommen hat. Die Kammer wird ihre Möglichkei-
ten als unmittelbar Beteiligte im Landesausschuss
für Krankenhausplanung nutzen, um zu einer zügigen
Fertigstellung eines an der Versorgungsqualität
orientierten Krankenhausplanes beizutragen.
4.
Die Gesundheitsversorgung in NRW
sektorübergreifend und regional gestalten
Die Kammerversammlung hat wiederholt bessere
Rahmenbedingungen für eine sektorübergreifende
Versorgung gefordert. Die bisherigen gesetzgeberi-
schen Maßnahmen haben dieses Ziel jedoch verfehlt.
Dies gilt insbesondere für die sektorübergreifende
Versorgung von Patientinnen und Patienten mit
seltenen Erkrankungen oder Erkrankungen mit
besonderen Krankheitsverläufen (§ 116 b SGB V).
Die Kammerversammlung befürwortet eine sek-
torunabhängige spezialfachärztliche Behandlung
durch niedergelassene Ärzte oder durch Kran-
kenhäuser, wenn damit das bisherige regionale
Versorgungsangebot sinnvoll ergänzt und die sektor-
übergreifende Kooperation gefördert wird und somit
eine reale Verbesserung der Patientenversorgung
resultiert.
Andererseits ist eine solche spezialfachärztliche
Behandlung abzulehnen, wenn sie zu einer ruinösen
Konkurrenzsituation, zu kontraproduktiven
Doppelstrukturen, zu einer Verschlechterung der
sektorübergreifenden Kooperation und damit der
Patientenversorgung führt.
Die Abwägung dieser Aspekte erfordert den Sachver-
stand und das regionale Versorgungswissen der
Ärztinnen und Ärzte aus Klinik und Praxis. Deshalb
ist die Einbeziehung der Ärztekammern bei den Ent-
scheidungsprozessen zur ambulanten Krankenhaus-
behandlung im Interesse der Qualität und geeigneter
regionaler Versorgungsstrukturen unverzichtbar.
Die Kammerversammlung fordert die politisch auf
Bundes- und Landesebene für die Ausgestaltung und
die Umsetzung des § 116 b SGB V Verantwortlichen
auf, eine ausreichende Berücksichtigung der regio-
nalen Versorgungssituation durch die Einbeziehung
der Ärztekammern sicherzustellen.
Zweitmeinungsportale im Internet
Die Kammerversammlung beauftragt den Vorstand, sich
mit der Problematik bestehender Zweitmeinungsportale
im Internet in medizinischer, ethischer und juristischer
Hinsicht auseinanderzusetzen und ihre Mitglieder über
den Umgang mit solchen Portalen zu informieren. Die
Kammerversammlung bittet den Vorstand darüber
hinaus ggf. eine juristische Prüfung der Abrechnungs-
modalitäten solcher Plattformen vorzunehmen.
Antibiotika in der Geflügelmast
Die Kammerversammlung fordert die Landesregierung
auf, die Voraussetzungen zu schaffen, dass das Verfüt-
tern von Antibiotika in der Geflügelmast untersagt wird
(
zum Beispiel per Rechtsverordnung).
Organspende-Städtewettbewerb
Die Ärztekammer hat für die von Krankenkassen
veranstalteten Organspende-Städtewettbewerbe kein
Verständnis. Sie lehnt diese Art des Umgangs mit dem
Thema Organspende als unangemessen ab. Die Organ-
spende an sich sowie die Aufklärung ist ein hoch ethi-
scher Akt, der in dem Führen eines Organspendeauswei-
ses dokumentiert wird. Das muss im Umgang mit dem
Thema in der Öffentlichkeit stets zum Ausdruck kommen.
Information der Kammerversammlung
über die Umsetzung bisheriger Beschlüsse
Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein
fordert den Vorstand auf, ein Procedere zu beschlie-
ßen, das bei künftigen Kammerversammlungen eine
Berichterstattung über die Umsetzung der Beschlüsse
der jeweils vorhergehenden Kammerversammlung, ein-
schließlich der an den Vorstand überwiesenen Anträge,
beinhaltet.
Dezentrale Patientenakte in der Hand des
Patienten weiter verfolgen
Das Gesetz zur Einführung einer Telematik im Gesund-
heitswesen sieht vor (§ 291 SGB V, 3. ÄndV zur eGK),
dass eine dezentrale Patientenakte - in der Hand des
Patienten - als Alternative zu zentralen Speichermedien
verpflichtend zu erproben ist.
Die Kammerversammlung fordert den Vorstand der
Ärztekammer Nordrhein und die BÄK als Gesellschafter
der Gematik auf, eine solche Erprobung zügig in die
Wege zu leiten. Beispiel für eine solche dezentrale Akte,
die auch notfalldatensatzfähig ist, kann eine dezentrale
USB-Akte in der Hand des Patienten sein, so wie sie
neulich mit dem Innovationspreis des Landes NRW
ausgezeichnet wurde.
Schaffung des Arztberufes würdiger
Honorar- und Arbeitsbedingungen in der
ambulanten GKV-Versorgung
Im Oktober 2011 bemerkte der Präsident der Bundes-
ärztekammer, F.-U. Montgomery in Düsseldorf: „Wenn
Sie es von außen betrachten, dann wirkt das vertrags-
ärztliche Abrechnungssystem wie ein in sich geschlos-
senes Wahnsystem“. Die Kammerversammlung der
Ärztekammer Nordrhein schließt sich dieser Meinung
des BÄK-Präsidenten an. Die Höhe der Kassenhono-
rare, das Verteilungssystem und die Gefahr Existenz
bedrohender Regresse auch bei leitliniengerechter
Therapie sind mit der Würde des Arztberufes nicht ver-
einbar. Diese Faktoren sind geeignet, den bestehenden
Ärztemangel zu verschärfen und die psychische und
physische Gesundheit der Vertragsärzte zu bedrohen.
Die Kammerversammlung fordert daher den Vorstand
der ÄkNo auf, innerhalb des ihr gesetzlich möglichen
Rahmens Aktivitäten von einzelnen Kassenärzten und
Verbänden von Kassenärzten zu unterstützen, die zum
Ziel haben, den Arztberuf wieder so ausüben zu können,
dass die Interessen der Patienten im Mittelpunkt stehen
und nicht die Vorgaben von Behörden und Kranken-
kassen. Hierzu gehört zwingend, dass eine solche
Behandlung für niedergelassene Ärzte wirtschaftlich
und Existenz sichernd möglich sein muss.
Dienstverträge von leitenden ÄrztInnen
Die Kammerversammlung Nordrhein beauftragt den
Vorstand, ein Verfahren zu entwickeln, welches sicher-
stellt, dass Dienstverträge für Ärzte in leitenden Posi-
tionen sowohl im privatrechtlichen als auch im öffent-
lich-rechtlichen Bereich im Einklang mit der ärztlichen
Berufsordnung stehen. Insbesondere ist hierbei sicher-
zustellen, dass Ärzte keinerlei ökonomischen Zwängen
unterworfen werden wie etwa Zielvorgaben, die zu In-
dikationserweiterung führen können oder einen Zwang
zum upcoding implizieren. Zudem muss die Weiterbil-
dung ärztlichen Vorgaben folgen und nicht von Seiten
der Arbeitgeber beeinflusst werden.
Ein ausführlicher Bericht über
die Kammerversammlung
findet sich im
Rheinischen Ärzte-
blatt Dezember 2011
,
verfügbar auch unter
www.
aekno.de/RhAe-Archiv
.