Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2012
| 19
Kammerversammlung
folgreichen Arbeit des neuen Gremiums beitragen
können.“
Schon lange trage die Ärztekammer als öffent-
lich-rechtliche Körperschaft große Verantwor-
tung für die Versorgungsqualität. Henke: „So hat
uns der Gesetzgeber die ärztliche Weiterbildung
anvertraut, und ohne eine gute Weiterbildung ist
eine gute Versorgung gar nicht denkbar.“ Darüber
hinaus nehme die Kammer nach dem Heilberufs-
gesetz eine Vielzahl weiterer öffentlicher Aufgaben
wahr − von der Berufsaufsicht und der Qualitätssi-
cherung bis hin zu den Ethikkommissionen. Dass
die Kammern keine Vertragspartner im unmit-
telbaren Versorgungsgeschehen sind, hält Henke
nicht für ein Gegenargument, denn gerade das er-
leichtere ein neutrales Urteil.
Nach dem neuen Paragraphen
90
a des Sozialge-
setzbuchs V
sind Landesregierung und Krankenkas-
sen, Kassenärztliche Vereinigungen und Kranken-
hausgesellschaft als Mitglieder des Gemeinsamen
Landesgremiums gesetzt. Über weitere Beteiligte
ist auf der Landesebene zu entscheiden, allerdings
will Ministerin Steffens das Gremium zunächst so
klein wie möglich halten und keine weiteren Orga-
nisationen einbeziehen, wie sie vor der Kammer-
versammlung sagte.
NRW wird willkürlich benachteiligt
Rudolf Henke dankte der Ministerin für ihren
engagierten Einsatz gegen die willkürliche Be-
nachteiligung Nordrhein-Westfalens in der am-
bulanten vertragsärztlichen Versorgung“. Der
Präsident zeigte sich enttäuscht, dass nicht einmal
die bereits früher im Sozialgesetzbuch verankerte
Konvergenzregelung zu einer Verbesserung ge-
führt habe. „Gemeinsam müssen wir uns weiter-
hin dafür einsetzen, dass die willkürlichen Vergü-
tungsdifferenzen zwischen Nordrhein-Westfalen
und den anderen Ländern beseitigt werden. Es
bleibt ein Unding, dass bei uns in NRW für die
ärztliche Versorgung bei den Vertragsärzten 40 bis
60
Euro pro Jahr weniger zur Verfügung stehen als
in München oder Berlin. Mit Gerechtigkeit hat das
nichts zu tun“, sagte Henke.
Die derzeitige Situation sei nicht nur für die
Ärztinnen und Ärzte ein Problem, die ihre Patien-
tinnen und Patienten gut versorgen wollen. „Auch
den Versicherten in NRW ist diese Situation kaum
zu erklären: Sie zahlen den bundeseinheitlichen
Krankenversicherungsbeitrag, aber für ihre Ver-
sorgung steht weniger Geld zur Verfügung als in
anderen Ländern. Dafür gibt es keine Rechtfer-
tigung“, sagte Henke. Nach den Worten des Prä-
sidenten kann es auch nicht so bleiben, dass sich
die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser „im
Ländervergleich vergütungsmäßig im Tabellen-
keller befinden“. Für eine Gelenkspiegelung erhält
zum Beispiel ein Krankenhaus in Rheinland-Pfalz
rund 130 Euro mehr als in NRW, bei einer Blind-
darmoperation gibt es jenseits der Landesgrenze
170
Euro mehr.
Sektorenübergreifende Koordination im kleinen Kreis
Gesundheitsministerin Barbara Steffens sagte,
sie wolle das im
Versorgungsstrukturgesetz
im
Para-
graphen 90a
als neue Möglichkeit zur sektorenüber-
greifenden Koordination vorgesehene Gemeinsa-
me Landesgremium „als Regelgremium so klein
wie möglich halten. Wir lassen es in einem ersten
Schritt bei den Akteuren, die pflichtmäßig vorge-
geben sind.“ Zu diesem Kreis gehören die Ärzte-
kammern nicht, die unter Verweis auf ihre sekto-
renübergreifende Expertise bereits während des
Gesetzgebungsverfahrens eine Beteiligung gefor-
dert hatten. Die Ministerin sprach von einer „Liste
der Begehrlichkeiten“ weiterer Interessenten. Sie
stellte in Aussicht, dass „wir all diejenigen Akteure
immer im Konsens in diesem Gremium hinzuzie-
hen.“ Die Fachkompetenz der Kammer sei in vie-
len Fragen unverzichtbar, aber: „Lassen Sie uns als
erstes die Gespräche über die Rahmenbedingun-
gen, was überhaupt geht, hinter geschlossenen Tü-
ren führen. Kostenträger und Leistungserbringer
an einem Tisch zu haben und einen Konsens darü-
ber zu finden, was man ändern will, ist manchmal
schwieriger als die Quadratur des Kreises.“
Kammerpräsident
Rudolf Henke: Die Ärzte-
kammer ist fachkompetente
Vermittlerin zwischen
gegensätzlichen und
häufig wirtschaftlich
motivierten Interessen.