W
enige Sekunden
noch bis zum An-
pfiff des Pokalfi-
nales zwischen
Bremen und Bayer Leverkusen.
Und erneut hallte es durchs wei-
te Rund: ‚Diiiiiieeeeeego‘ skan-
dierten die grün-weißen Anhän-
ger. Gänsehaut-Stimmung! Die
Bremer feierten ihren Superstar,
der an jenem Pfingstsamstag
sein letztes Spiel für Werder ab-
solvierte und ihnen zuvor in drei
Jahren etliche schöne, spektaku-
läre und emotionale Momente
bescherte. Diegos Reaktion folg-
te prompt: Er verneigte sich vor
seinem Publikum wie es sonst
nur große Dirigenten auf der
Bühne nach einem grandiosen
Konzert tun. Die letzte große
Diego-Party – sie konnte vor sei-
nem Wechsel zu Juventus Turin
endlich beginnen!
In vielen Gesprächen
klagte mir
der brasilianische Mittelfeldstar
oft sein Leid, wie bitter für ihn
zum Beispiel seine erste Saison
bei Werder gewesen sei. Nicht,
weil er sich nach seinem Wechsel
2006 von der Bank des FC Porto
an die Weser in Deutschland un-
wohl fühlte. Im Gegenteil. Unter
Trainer Thomas Schaaf schaffte
TORSTEN RUMPF
arbeitete bereits während seines
Lehramt-Studiums (Sport und Geografie) als freier Mitarbeiter
für die Neue Westfälische und für den kicker. Es folgte 1997 ein
Volontariat beim Sport-Informations-Dienst in Neuss, zwei Jahre
später der Wechsel zu SPORT BILD nach Hamburg. 2003 ging
Rumpf zur Welt am Sonntag/Die Welt und kehrte zwei Jahre spä-
ter zu SPORT BILD nach München zurück. Nach der WM 2006
wechselte der Redakteur für Sonderaufgaben wieder nach Ham-
burg in die SPORT-BILD-Zentrale. Dort ist der 41-Jährige seitdem
unter anderem für Werder Bremen zuständig.
er gleich den Durchbruch zum
Superstar und Publikumsliebling.
Er fühlte sich pudelwohl in Bre-
men. Aber? Er meinte: „2007 hät-
ten wir Meister werden und den
UEFA-Cup gewinnen müssen. Wir
hatten eine überragende Mann-
schaft.“ Werder wurde seinerzeit
am Ende trotz Zauber-Fußball
und Herbstmeisterschaft nur Drit-
ter, scheiterte im Europacup im
Halbfinale an Espanyol Barcelo-
na. Dabei galt Bremen in diesem
Wettbewerb als Mitfavorit.
Doch das Wechsel-Theater
um
Miroslav Klose zum FC Bayern
in der Saison-Endphase hätte da-
mals für große Unruhe gesorgt,
so Diego. „Mit der Folge, dass
wir am Ende mit leeren Händen
dastanden.“ Ähnliches drohte
auch zwei Jahre später, nachdem
Werder am 11. Mai das UEFA-
Cup-Finale in Istanbul gegen
Donezk 1:2 verlor. Ohne Diego,
der gesperrt war. Sollte seine
Zeit bei Werder tatsächlich ohne
Titelgewinn enden? Nein! Ich
kann mich noch heute ganz ge-
nau an die entscheidende Szene
im Pokalfinale gegen Leverkusen
erinnern: In der 54. Minute setz-
te Diego seinen späteren Nachfol-
ger Mesut Özil klug in Szene, der
erzielte den 1:0-Siegtreffer. Die
Werder-Diego-Party war gerettet!
Der Brasilianer
hatte Tränen in
den Augen, als er nach der Sieger-
ehrung eine Ehrenrunde lief, den
Pokal in den Berliner Abendhim-
mel reckte. Gänsehaut bekam er
auch später während des Sieger-
Banketts im Berliner Maritim-
Hotel, als ihn Werders damaliger
Boss Klaus Allofs verabschiedete.
Er huldigte dem genialen Tech-
niker nicht nur als grandiosen
Spieler, sondern überreichte ihm
als Abschiedsgeschenk eine Eck-
fahne aus dem Weser-Stadion.
Diese hatte Diego im Jubeltaumel
häufiger mal umgetreten.
Ohne Fahne
feierte er später mit
den Team-Kollegen bis morgens
um 5.00 Uhr im Berliner Edelclub
‚Maxxim‘. Es folgte wenige Stun-
den danach, nach der Rückkehr
aus der Hauptstadt, der Empfang
in Bremen. 40.000 Fans feierten
die Helden von Berlin – und vor
allem Diego. Immer wieder war
zu hören: ‚Diiiiiieeeeeego‘.
Im Rathaus
trugen sich die Pokal-
sieger ins Goldene Buch der Stadt
ein. Diego nahm dann nach meh-
reren Bierduschen Abschied von
den Werder-Anhängern. „Danke
für alles, ich liebe Werder Bre-
men“, sagte er. Bestimmt keine
einseitige Liebeserklärung.
Torsten Rumpf
Diegos letzte Party
Es war angerichtet. 72.954 Fans kamen
an jenem 30. Mai 2009 ins ausverkauf-
te Berliner Olympiastadion. Darunter
etwa die Hälfte Werder-Fans.
Foto: imago
Strahlender Spiel-
macher
Diego bei
der Party nach dem
Pokaltriumph mit
seinen Abschieds-
geschenken.
WERDER MAGAZIN 303 71
WERDER-ERINNERUNGEN
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