WERDER MAGAZIN Nr. 333

WERDER MAGAZIN 333 23 Ich spüre keinen großen Druck. Es wissen alle, mit welchen Mitteln wir versuchen, unser Ziel zu erreichen. Wir haben keinen Kader wie Potsdam, Wolfsburg oder Bayern, die auch mal fünf Verletzte ohne Qualitätsverlust ersetzen können. Natürlich ist es unser eigener An- spruch, den Klassenerhalt zu schaffen. Und ich bin davon überzeugt, dass uns das gelingen kann. Die Mannschaft ist stark genug und hat auch den nötigen Willen. In der Vorbereitung waren die Ergebnisse zwar nicht so, wie wir es uns gewünscht hatten. Aber insgesamt haben wir uns von Woche zu Woche gesteigert. Es gab einige Verletzungen in der Vorbereitung. Welche Auswirkungen hatte das auf den Saisonstart? Die Verletzungen waren sehr bitter für uns. Wir wussten zwar, dass Pia Wolter erst Mitte bis Ende September zurückkommen wird. Aber auf Lisa Scholz hatten wir zum Beispiel eher wieder gehofft. Dann kamen noch die Verletzungen von Giovanna Hoffmann, Cindy König und Stephanie Goddard dazu. Gerade weil wir in der Breite nicht so stark aufgestellt sind, war das sehr schmerzlich und in den vergan- genen Wochen für meinen Einstieg bei Werder nicht ganz so leicht. Andererseits muss man immer das Positive sehen: Wir können darauf hoffen, dass wir die Verletzungen schon jetzt hinter uns gebracht ha- ben und während der Saison weitgehend davon verschont bleiben. Welche Stärken kann die Mannschaft in die Waagschale werfen? Wir haben durchaus Spielerinnen mit technischen Qualitäten und insgesamt einen guten Kader. Die Mannschaft ist eine Einheit. Das wird ganz wichtig sein, um in der Liga zu bleiben. Denn wir haben keine Spielerinnen, die ein Spiel ganz alleine entscheiden können, sondern müssen über das Kollektiv kommen. Die Mannschaft spielt seit zwei Jahren überwiegend in dieser Besetzung zusammen, dar- unter ein Jahr in der ersten Liga, und ist gereift. Das ist ein großer Vorteil. Denken Sie in Ihrer Arbeit auch über die aktuelle Saison hinaus? Natürlich ist es auch meine Aufgabe, langfristig zu planen und zu arbeiten. Wir wollen, dass unsere Mannschaften noch enger zusam- menwachsen. Dass noch mehr Spielerinnen aus unserer U 17 den Sprung in die Bundesliga schaffen. Wir werden ein Konzept erstel- len, wie wir uns in den kommenden Jahren in der Liga etablieren können. Denn unser Ziel ist es, nicht nur in diesem Jahr den Klas- senerhalt zu schaffen, sondern dem Frauenfußball bei Werder noch mehr Stabilität zu verleihen. Aber der Frauenfußball wird immer im Schatten der Männer stehen… Wir dürfen nicht die Erwartung haben, aufs gleiche Podest gehoben zu werden wie die Profis. Es geht nicht darum, neidisch auf die Mög- lichkeiten der Männer zu schauen. Sondern wichtig ist, dass wir gesehen, gefördert, respektiert und akzeptiert werden. Das ist bei Werder der Fall. Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung des deutschen Frauenfuß- balls? Durch die EM im Sommer ehrlich gesagt etwas stockend. Spielerisch haben mich die Mannschaften etwas enttäuscht. Gerade die favo- risierten Teams, neben Deutschland zum Beispiel auch Frankreich oder Spanien, haben nicht den Fußball auf den Platz gebracht, den sie eigentlich spielen können. In den vergangenen Jahren wurde in Deutschland sehr viel Wert auf Athletik gelegt. Dadurch hat man meiner Meinung nach die spielerische Entwicklung etwas vernach- lässigt oder nicht mehr so in den Fokus gestellt wie zuvor. Ein sol- ches großes Turnier soll ja die Menschen dazu bringen, mehr Frau- enfußball zu schauen. Daher sollte für uns an oberster Stelle stehen, die Zuschauer mit unserem Fußball zu begeistern. Interview: Martin Lange Carmen Roth sagt: „Wichtig ist, dass wir gesehen, gefördert, respektiert und akzeptiert werden. Das ist bei Werder der Fall.“ „Der richtige Schritt“ Von der Isar an die Weser: Nach erfolgreicher Karriere als Bundesliga-Spielerin und beeindruckender Arbeit in der weiblichen Talentförderung des FC Bayern München ist Carmen Roth erstmals für eine Mannschaft in der ‚Allianz Frauen- Bundesliga‘ verantwortlich. Foto: M. Rospek

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