DER BETRIEB 25 - page 77

rungsdateien oder durch Befragung von
Zeugen – der Nachweis gefu¨hrt werden,
dass weitere Wa¨hler als diejenigen, deren
Stimmabgabe in der Wa¨hlerliste vermerkt
ist, ihre Stimme abgegeben haben.
Der Siebte Senat des BAG erkla¨rte daher
mit Beschluss vom 12. 6. 2013 – 7 ABR
77/11 – anders als zuvor das LAG (Nie-
dersachsen – 13 Ta BV 16/11) – auf An-
trag von neun wahlberechtigten Arbeit-
nehmern die im Fru¨hjahr 2010 durch-
gefu¨hrte Betriebsratswahl im Volks-
wagen-Werk Hannover fu¨r unwirksam.
Bei der Wahl befanden sich 105 mehr
Stimmzettel in den Wahlurnen als
Stimmabgabevermerke in der elektro-
nischen Wa¨hlerliste. Hierdurch konnte
das Wahlergebnis beeinflusst werden. Der
spa¨ter unternommene Versuch, durch
Auswertung von Protokollierungsdateien
und Befragung von Arbeitnehmern die
Differenz zu erkla¨ren, war nicht zula¨ssig
(Quelle: PM des BAG).
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DB0596819
BAG: Anwendung des Tarifvertrags
u¨ber die ERA-Strukturkomponenten
aufgrund einzelvertraglicher Bezug-
nahmeklauseln
Auch ein nicht tarifgebundener Arbeit-
geber kann aufgrund von arbeitsvertragli-
chen Bezugnahmeklauseln zur Zahlung
von weiteren, in Tarifvertra¨gen der Metall-
und Elektroindustrie vereinbarten „ERA-
Strukturkomponenten“ verpflichtet sein.
Die klagenden Parteien sind bei der nicht
tarifgebundenen Beklagten, einem Betrieb
der baden-wu¨rttembergischen Metall-
industrie, bescha¨ftigt. In ihren Arbeitsver-
tra¨gen ist die Anwendung der „Tarifvertra¨-
ge fu¨r die Metallindustrie Baden-Wu¨rt-
tembergs“ vereinbart. Die Beklagte zahlte
ihnen stets das jeweilige Entgelt nach den
Tarifgruppen des Lohn- und Gehaltsrah-
mentarifvertrages der Metallindustrie in
Baden-Wu¨rttemberg. Im Jahr 2003 ver-
einbarten die Tarifvertragsparteien der
Metall- und Elektroindustrie in Baden-
Wu¨rttemberg mit dem Entgeltrahmen-
Tarifvertrag (ERA-TV) sowie den ihn be-
gleitenden weiteren Tarifvertra¨gen, dass in
den Betrieben bis spa¨testens zum 29. 2.
2008 ein neues Entgeltsystem einzufu¨hren
ist. Fu¨r den betrieblichen Einfu¨hrungspro-
zess sehen die Tarifregelungen u. a. vor, zur
Finanzierung der mit der Umstellung ver-
bundenen Kosten einen Teil der vereinbar-
ten Entgeltsteigerungen einem – betriebli-
chen – „ERA-Anpassungsfonds“ zuzufu¨h-
ren. Weiter ist in den spa¨ter vereinbarten
„Tarifvertra¨gen u¨ber die ERA-Struktur-
komponenten“ ein Anspruch der Bescha¨f-
tigten auf Einmalzahlungen zu bestimm-
ten Zeitpunkten vereinbart, wenn das
„ERA-Entgeltsystem“ nicht bis zum 29.
2. 2008 eingefu¨hrt worden ist. Die Beklag-
te, die zuna¨chst das neue Entgeltsystem
einfu¨hren wollte und deshalb einen Anpas-
sungsfonds gebildet hatte, gab diese Ab-
sicht im Jahr 2008 auf.
Die klagenden Parteien haben die Ein-
malzahlungen fu¨r den Zeitraum Ma¨rz
2008 bis August 2010 verlangt und die
Auffassung vertreten, die Beklagte sei
auch als nicht tarifgebundenes Unterneh-
men aufgrund der Bezugnahmeklauseln
zur Einfu¨hrung des ERA-Entgeltsystems
bis zum 29. 2. 2008 verpflichtet gewesen.
Weil dies nicht erfolgt sei, bestehe ein
Anspruch auf die Einmalzahlungen
(„Strukturkomponenten“).
Die Beklagte hat hingegen die Ansicht
gea¨ußert, sie sei rechtlich gehindert, das
ERA-Entgeltsystem einzufu¨hren. Dieses
sei aufgrund der darin enthaltenen be-
trieblichen und betriebsverfassungsrecht-
lichen Normen nur betriebseinheitlich
umsetzbar.
Das ArbG hat den Zahlungsklagen statt-
gegeben, das LAG (Baden-Wu¨rttemberg
– Kammern Mannheim – 13 Sa 50/11)
hat sie abgewiesen. Der Vierte Senat des
BAG hat den Revisionen der klagenden
Parteien mit Urteil vom 12. 6. 2013 – 4
AZR 969/11, u. a. stattgegeben.
Sie haben einen Anspruch auf die begehr-
ten „Strukturkomponenten“. Die Beklagte
war aufgrund der vertraglichen Bezugnah-
meklauseln verpflichtet, jedenfalls die In-
haltsnormen des ERA-TV bis zum 29. 2.
2008 in den jeweiligen Arbeitsverha¨ltnis-
sen umzusetzen. Der Vierte Senat hat je-
weils den Rechtsstreit an das LAG zu-
ru¨ckverwiesen, weil nicht gekla¨rt war, ob
die klagenden Parteien die Ausschlussfris-
ten fu¨r die geltend gemachten Anspru¨che
gewahrt haben (Quelle: PM des BAG).
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DB0596838
Minijober und ihre Arbeitgeber: Un-
bu¨rokratische Unterstu¨tzung in
Hochwassersituation
Die Minijobzetrale bietet allen von der
aktuellen Hochwasserkatastrophe betrof-
fenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
ihre unbu¨rokratische Unterstu¨tzung an.
Sofern sie durch die Hochwassersituation
unmittelbar und nicht unerheblich betrof-
fen sind und die Zahlung der fa¨llig ge-
wordenen oder fa¨llig werdenden Gesamt-
sozialversicherungsbeitra¨ge nicht sicher-
stellen ko¨nnen, mo¨chte sie ihnen Hilfe-
stellungen geben.
Um mit ihnen diese besondere Ausnah-
mesituation zu meistern und eine prakti-
kable Lo¨sung zu finden, ist die perso¨nli-
che Kontaktaufnahme notwendig. Hierzu
steht eine Service-Hotline 03 55/2 90 27
07 99 montags bis freitags von 7.00 bis
19.00 Uhr zur Verfu¨gung (Quelle: PM
der Minijobzentrale).
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DB0596917
Ferienjobs fu¨r Schu¨ler sind sozialver-
sicherungsfrei
In den nahenden Schulferien werden ge-
legentlich Schu¨ler zur Aushilfe fu¨r in Ur-
laub befindliche Mitarbeiter(innen) bzw.
fu¨r einen zusa¨tzlichen saisonalen Bedarf
eingestellt. Dabei ist dann zu kla¨ren, ob
die Schu¨ler fu¨r diese Aushilfsbescha¨fti-
gung bei der Krankenkasse anzumelden
und ob fu¨r sie Beitra¨ge abzufu¨hren sind.
Schu¨ler ko¨nnen grundsa¨tzlich wa¨hrend
eines Ferienjobs unbegrenzt verdienen,
ohne sozialversicherungspflichtig zu wer-
den, wenn die Dauer der beabsichtigten
Bescha¨ftigung im Voraus la¨ngstens fu¨r
eine Zeit von zwei Monaten oder 50 Ar-
beitstagen innerhalb eines Kalenderjahres
befristet ist. Diese Frist wird in den gro-
ßen Ferien jedoch nicht u¨berschritten.
Fu¨r eine derartige kurzfristige Bescha¨fti-
gung brauchen auch keine Pauschalbeitra¨-
ge zur Kranken- und Rentenversicherung
abgefu¨hrt zu werden.
Eine geringfu¨gig entlohnte Bescha¨ftigung
mit einem Arbeitsentgelt bis zu 450 €
monatlich kann auch u¨ber die Schulferien
hinaus und la¨nger als zwei Monate oder
50 Arbeitstage ausgeu¨bt werden. Eine
solche geringfu¨gig entlohnte Bescha¨fti-
gung von Schu¨lern ist inzwischen jedoch
sozialversicherungspflichtig, wenn keine
Befreiung von der Sozialversicherungs-
pflicht beantragt wird.
Der Arbeitgeber hat auch die Umlagen U 1
und U 2 an die Deutsche Rentenversiche-
rung Knappschaft-Bahn-See, Verwal-
tungsstelle Cottbus, abzufu¨hren. Gleich-
zeitig ist fu¨r den bescha¨ftigten Schu¨ler eine
Versicherungsnummer beim zusta¨ndigen
Rentenversicherungstra¨ger zu beantragen,
soweit dem Schu¨ler noch keine Versiche-
rungsnummer zugeteilt worden ist.
Es ist jedoch zu beachten, dass bei ho¨he-
rem Arbeitsentgelt evtl. der Anspruch auf
Familienversicherung bei der gesetzlichen
Krankenkasse eines Elternteils aus-
geschlossen wird. Weiterhin ist zu beach-
ten, dass der Anspruch auf Kindergeld
nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Bundeskindergeld-
gesetz fu¨r Kinder nach Vollendung des
18. Lebensjahres ausgeschlossen ist, wenn
das Kind eigene Einku¨nfte von mehr als
8.130 € im Jahr hat.
Fragen zum Thema Ferienjob und Sozial-
versicherung beantwortet auch die Deut-
sche Rentenversicherung in den Aus-
kunfts- und Beratungsstellen und am kos-
tenlosen Servicetelefon unter 0800 1000
4800. Weitere Infos bieten die Seite
und
das Jugendportal
im Internet.
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DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Nachrichten
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