Wettbewerbsrecht
Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungs-
anspruch bei fehlender Angabe eines Vertretungs-
berechtigten im Impressum einer Kapitalgesell-
schaft
Verstoß gegen Informationsgebote aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und
§ 312c Abs. 1 BGB wegen fehlender Angabe eines Vertretungs-
berechtigten im Impressum eines Internetauftritts – Keine un-
lautere Irrefu¨hrung wegen unvollsta¨ndigen Impressums
UWG § 4 Nr. 11; TMG § 5 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 312c Abs. 1; EGBGB
Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3
1.
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (i. V. mit
Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) stellen – soweit sie bei ju-
ristischen Personen zusa¨tzlich die Angabe des bzw. eines
Vertretungsberechtigten im Impressum fordern – keine
Marktverhaltensregelungen i. S. von § 4 Nr. 11 UWG dar. Es
fehlt insoweit an einer hinreichenden Grundlage im Unions-
recht.
2.
In dem insoweit unvollsta¨ndigen Impressum liegt auch kei-
ne unlautere Irrefu¨hrung durch Unterlassen i. S. von § 5a
UWG. Die vorenthaltene Information u¨ber einen Vertre-
tungsberechtigten der juristischen Person ist nicht wesent-
lich i. S. des § 5a Abs. 2 UWG.
Kammergericht, Beschluss vom 21. 9. 2012 – 5 W 204/12, rkr.
u
DB0529277
AUS DEN GRU¨ NDEN
Fehlende Benennung eines gesetzlichen Vertreters im Impres-
sum
I.
Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zula¨ssige sofortige
Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begru¨ndet, §§ 935, 940
ZPO. Im Ergebnis zu Recht hat das LG im angefochtenen Be-
schluss wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspru¨che der An-
tragstellerin gegen die Antragsgegnerin (eine in Frankreich an-
sa¨ssige SARL) wegen der fehlenden Benennung ihres gesetzli-
chen Vertreters im Impressum ihres deutschsprachigen Internet-
auftritts (Portal fu¨r Stellengesuche und Stellenangebote) ver-
neint, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG.
Keine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 5 Abs. 1
Nr. 1 TMG
1.
Eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder in Verbindung mit § 312c Abs. 1
BGB (i. V. mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) ist nicht ge-
geben.
Verstoß gegen Informationsgebote aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und
§ 312c Abs. 1 BGB
a)
Allerdings versto¨ßt die fehlende Angabe eines Vertretungs-
berechtigten im Impressum der Antragsgegnerin (einer Kap-
Ges.) gegen die diesbezu¨glichen ausdru¨cklichen Informations-
gebote aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB
(
i. V. mit Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB).
b)
Das LG hat einen Bagatellfall
1
i. S. des § 3 Abs. 2 UWG an-
genommen.
Da die Angabe des Namens eines Vertretungsberechtigten einer
KapGes. weder von Art. 5 Abs. 1 der RL 2000/31/EG u¨ber den
elektronischen Gescha¨ftsverkehr noch von Art. 4 Abs. 1 der RL
97/7/
EG u¨ber den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlu¨ssen
im Fernabsatz gefordert wird, ist hier nicht zwingend von einer
wesentlichen Information nach § 5a Abs. 4 UWG auszugehen,
sodass die Annahme eines Bagatellfalles insoweit mo¨glich
bleibt
2
.
Der Senat hat in der vom LG in Bezug genommenen Entschei-
dung einen Fall zu beurteilen gehabt, in dem nur der Vorname
abgeku¨rzt dem Nachnamen des Vertreters hinzu gesetzt war.
Vorliegend fehlt die Vertreterangabe vollsta¨ndig. Allerdings hat
die Antragsgegnerin auf die Abmahnung der Antragstellerin hin
sogleich das Impressum um die Angabe des Vertretungsberech-
tigten erga¨nzt. Dies spricht fu¨r ein bloßes Versehen der in
Frankreich ansa¨ssigen Antragsgegnerin. Die sofortige Korrektur
vermindert auch eine Nachahmungsgefahr erheblich. Ob unter
diesen Umsta¨nden ein Bagatellfall anzunehmen ist, kann vorlie-
gend aber dahingestellt bleiben.
Keine Marktverhaltensregelungen i. S. von § 4 Nr. 11 UWG
c)
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (i. V. mit
Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) stellen – soweit sie bei juris-
tischen Personen zusa¨tzlich die Angabe des bzw. eines Vertre-
tungsberechtigten fordern – keine Marktverhaltensregelungen
Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Es fehlt insoweit an einer hin-
reichenden Grundlage im Unionsrecht.
aa)
Die RL u¨ber unlautere Gescha¨ftspraktiken hat in ihrem An-
wendungsbereich (Art. 3 der RL 29/2005/EG) zu einer vollsta¨n-
digen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts gefu¨hrt
3
.
Sie regelt
abschließend, welche Gescha¨ftspraktiken im Gescha¨ftsverkehr
zwischen Unternehmen und Verbrauchern als unlauter anzuse-
hen und deswegen unzula¨ssig sind
4
.
Dementsprechend kann ein
Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach
§ 4 Nr. 11 UWG grds. nur noch begru¨nden, wenn die betreffen-
den Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben
5
.
Die
Mitgliedstaaten du¨rfen im Anwendungsbereich der RL grds.
keine strengeren als die in der RL festgelegten Maßnahmen er-
lassen, und zwar auch nicht, um ein ho¨heres Verbraucherschutz-
niveau zu erreichen
6
.
Letzteres gilt jedenfalls, soweit die Regelun-
gen wettbewerbsrechtlich durchgesetzt werden sollen.
bb)
Hinsichtlich der vorliegend maßgeblichen deutschen Infor-
mationsgebote fehlt es – wie bereits angesprochen – an einer
Grundlage im Unionsrecht.
Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der RL 2000/31/EG u¨ber den
elektronischen Gescha¨ftsverkehr erfordern nur die Angabe des
Namens des Diensteanbieters und dessen Anschrift. Art. 4
Abs. 1 Buchst. a gebietet ebenso nur eine Information u¨ber die
Identita¨t des Lieferers und (u. U.) seine Anschrift. Bei juristi-
schen Personen des Handelsrechts ist der Name die Firma des
Unternehmens. Diese identifiziert auch das jeweilige Unterneh-
men. Die Angabe eines Vertretungsberechtigten geho¨rt nicht
1
Unter Hinweis auf den BGH-Beschluss vom 13. 2. 2007 – 5 W 34/07, GRUR-
RR 2007 S. 328; und gegen OLGR Du¨sseldorf 2009 S. 252, juris, Rdn. 21.
2
Vgl. hierzu auch BGH-Urteil vom 4. 2. 2010 – I ZR 66/09, Gallardo Spyder,
DB0362255 = GRUR 2010 S. 852, Rdn. 21;
Bornkamm
,
in: Ko¨hler/Born-
kamm, UWG, 30. Auflage, § 5a Rdn. 57;
Scho¨ttler
,
jurisPR-ITR 1/2009,
Anm. 5.
3
Vgl. Art. 4 der RL; EuGH-Urteil vom 14. 1. 2010 – Rs. C-304/08, Zentrale/
Plus Warenhandelsgesellschaft, GRUR 2010 S. 244, Rdn. 41; BGH-Beschluss
vom 5. 6. 2008 – I ZR 4/06, DB 2008 S. 1741 = GRUR 2008 S. 807, Rdn. 17,
Millionen-Chance; Urteil vom 31. 5. 2012 – I ZR 45/11, DB0483490 = GRUR
2012
S. 949, Rdn. 47, Missbra¨uchliche Vertragsstrafe.
4
EuGH-Urteil vom 23. 4. 2009 – Rs. C-261/07, Rs. C-299/07, VTB/Total Belgi-
um und Galatea/Sanoma, GRUR 2009 S. 599, Rdn. 51; BGH vom 5. 6. 2008,
a.a.O. (Fn. 3).
5
Vgl. Erwa¨gungsgrund 15 Satz 2 der RL; BGH vom 31. 5. 2012, a.a.O. (Fn. 3).
6
Vgl. Art. 4, Art. 3 Abs. 5 der RL; EuGH vom 14. 1. 2010, a.a.O. (Fn. 3); BGH-
Beschluss vom 19. 7. 2012 – I ZR 2/11, GOOD NEWS, DB0487764, Rdn. 12.
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012