Gutachtliche Entscheidungen

110 | Gutachtliche Entscheidungen Radiologie Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der MRT-Untersuchung Ärzte haften für Gesundheitsschäden des Patienten auf- grund von Sorgfaltsverstößen ( §§ 280, 276 BGB), wo- bei sich der Sorgfaltsmaßstab am fachärztlichen Stan- dard orientiert ( § 630a Abs. 2 BGB), der grundsätzlich in jeder Behandlungsphase zu gewährleisten ist. Nun kennen wir Bereiche, die nicht der medizinischen Be- handlung im engeren Sinne zuzuordnen sind, in denen aber gleichwohl schadensträchtige Maßnahmen oder Unterlassungen vorkommen können. Betroffen sind insbesondere die Bereiche, die allgemeine Verkehrs- pflichten auslösen und die jeder, der einen potenziell schadensträchtigen Betrieb eröffnet, zu sichern hat, um Schädigungen Dritter zu verhindern (auch Verkehrs- sicherungspflichten genannt). So müssen Einrichtungen in einem Krankenhaus oder einer Praxis in einer Weise organisiert und unterhalten werden, dass niemand zu Schaden kommt. Das gilt auch für den Betrieb von Gerä- ten jedweder Art. Haftungsrechtlich verantwortlich ist dafür zumeist nicht der Arzt, sondern der Betreiber der Einrichtung. Beim Umgang mit medizinischen Geräten trifft allerdings häufig auch den Arzt eine persönliche Verantwortung. Nicht selten muss er konkrete, situa- tionsbezogene Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz des Patienten anordnen oder solche selbst durchführen. Häufig ist dann zugleich der voll beherrschbare Risi- kobereich betroffen, also der Bereich, dessen Gefahren ärztlicherseits voll beherrscht werden können und des- halb vermieden werden müssen [ 1 ]. Betroffen ist vor al- lem der technisch-apparative Sektor [2]. Steht fest, dass der Schaden diesem Bereich entstammt, besteht eine Fehlervermutung, sodass sich der Arzt entlasten muss [3] ( § 630 h Abs. 1 BGB). Diese Konstellation war im fol- gend dargestellten Streitfall nicht gegeben, außerdem lag eine Pflichtverletzung vor, weshalb hierauf nicht einzugehen war. In dem von der Gutachterkommission kürzlich zu be- urteilenden Fall, bei dem eine Patientin imZusammen- hang mit einer MRT-Untersuchung einen Oberarm- bruch erlitten hatte, war nicht nur die Pflichtverlet- zung als solche problematisch; schwierig zu beurteilen war – wie häufig – auch die Frage der Schadensursäch- lichkeit. Denn auch im Falle der Feststellung einer Pflichtverletzung obliegt dem Patienten der Nachweis der Kausalität. Wichtig ist dabei, ob ein grober Feh- ler vorliegt, der zur Beweislastumkehr führt ( § 630 h Abs. 5 BGB) , was im Streitfall allerdings verneint wur- de. Der Sachverhalt Die Antragstellerin war einige Tage vor der stationären Aufnahme zu Hause gestürzt. In der Folge entwickelten sich lumbale Rückenschmerzen, die an Intensität zunah- men, sodass sie am 3. Juli in einer Klinik für Unfallchir- urgie vorgestellt und dort zur weiteren Abklärung und Versorgung stationär aufgenommen wurde. Die Klinik veranlasste eine MRT-Untersuchung der LWS in einem Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradio- logie, die am 4. Juli durchgeführt werden sollte. Dazu wurde die Patientin gemeinsam von zwei Rettungsas- sistenten eines Liegendtransportes der Feuerwehr und zwei erfahrenen Medizinisch-technischen Radiologie-­ Assistentinnen (MTRA) von der Transportliege im Insti- tut auf eine MR-kompatible Liege umgelagert. Anschlie- ßend wurde sie durch die zwei MTRA, soweit für die MR-Diagnostik notwendig, entkleidet und in den Unter- suchungsraum gebracht. Dort wurde sie auf den MRT- Tisch gelagert. Während der ganzen Zeit wirkte die Patientin dabei durchaus orientiert. Sie war wach, ansprechbar und kooperativ. Die Patientin wurde dann von einer MTRA aufgefordert, den bekanntermaßen gelähmten rechten Arm mit der linken Hand zu fixieren, was sie auch tat. Während sich Tisch und Patientin in die MRT-Röhre bewegten, ließ die Patientin den gelähmten Arm plötz- lich los, sodass sich der Arm zwischen der MRT-Röhre und der Wirbelsäulenspule verkeilte. Nach sofortigem Herausfahren der Patientin aus dem Gerät klagte sie über keinerlei Schmerzen, sodass die Untersuchung Einrichtungen oder Apparaturen in einem Krankenhaus oder einer Praxis müssen in einer Weise organisiert und betrieben werden, dass niemand zu Schaden kommt. von Klaus Rehm, Rainer Köster und Rainer Rosenberger

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