Gutachtliche Entscheidungen

26 | Gutachtliche Entscheidungen Anästhesiologie arms mit Verlust des Kleinfingers. Eine Versorgung dieser Situation und Verlegung der Patientin war erst nach Kreislaufstabilisierung möglich. In einem weiteren Fall musste eine geplante Sectio caesarea bei Plazenta prävia mit Übergang auf die Uterusvorderwand wegen einer aufgetretenen Blutung vorgezogen werden. Die vorab besprochene Intubati- onsnarkose wurde auf Bitte der Mutter kurzfristig zu Gunsten einer Spinalanästhesie geändert. Die bei der elektiven Sectio aufgetretene plötzliche massive Blu- tung bei der transplazentaren Entwicklung des Kindes mit Herzstillstand, disseminierter intravasaler Gerin- nung (DIC) und Reanimation der Mutter konnte zwar letztendlich beherrscht werden, führte aber zu einer schwersten hypoxischen Hirnschädigung der Mutter mit apallischem Syndrom. In allen diesen Anträgen konnte aber kein Behand- lungsfehler festgestellt werden. Mütterlicher Todesfall Tragisch war auch der Tod einer Mutter mit einer post- partalen Hämorrhagie und nachfolgender Fruchtwas- serembolie, die zum Tode führte. Nur selten wird eine Obduktion zur Sicherung der Diagnose durchgeführt. Auch im aktuellen Antrag lag keine Sicherung der Dia- gnose durch Befunderhebung mittels Obduktion vor. Differenzialdiagnostisch kommen eine Lungenembolie, selten ein Myokardinfarkt oder eine peripartale Kar- diomyopathie in Betracht [3]. Es handelte sich um den einzigen Antrag in dem Abschlusszeitraum 2014 bis 2018, der zu einem mütterlichen Todesfall abgeschlos- sen wurde. Nach Erhebungen in den Industrieländern sterben cir- ca fünf bis zehn Mütter auf 100.000 Geburten (WHO). Anders als in England oder Skandinavien gibt es in Deutschland keine systematische Erfassung und Aus- wertung dieser Todesfälle. Eine vor Jahren eingerich- tete Task-Force-Expertengruppe der Deutschen Ge- sellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die sich mit den in den Kliniken aufgetretenen Todesfällen im Rahmen der Qualitätssicherung beschäftigte, hat ihre Arbeit bedauerlicherweise eingestellt. Nach internatio- nalen Erhebungen wird davon ausgegangen, dass etwa ein Drittel der Todesfälle bei entsprechendemManage- ment und regelmäßigem Notfalltraining vermieden werden kann [4]. Professor Dr. med. Friedrich Wolff und Professor Dr. med. Ludwig Brandt sind Stellvertretende Geschäftsführende Kommissions- mitglieder und Dr. med. Beate Weber ist die für die Dokumentation und Auswertung zuständige Referentin der Geschäftsstelle der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein. [1] AWMF Leitlinie 087-001. Empfehlungen für die strukturel- len Voraussetzungen der perinatologischen Versorgung [2] https://www.bda.de/docman/alle-dokumente-fuer-such index/oeffentlich/empfehlungen/540-eev-2011-s-183-190/ file.html [3] Rath W, Heyl W. Müttersterbefälle: Fehler analysieren und vermeiden. Frauenarzt 59 (2018); 680–685 [4] Rath W, Hofer S, Sinicina I. Fruchtwasserembolie – eine interdisziplinäre Herausforderung. Epidemiologie, Diagnos- tik und Therapie. Dtsch. Ärztebl. 111(2014); 126–132 Anästhesiologisch relevante Verfahren in der Geburtshilfe LITERATUR

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