Rheinisches Ärzteblatt 12/ 2022

Thema 20 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2022 Ärztekammer Nordrhein drückt Solidarität mit dem ukrainischen Ärzteverband und allen Beschäftigten des Gesundheitswesens in der Ukraine aus Die Kammerversammlung unterstützt die im Rahmen der 73. Generalversammlung des Weltärztebundes (WMA) in Berlin verabschiedete Resolution über humanitäre und medizinische Hilfe für die Ukraine vom 10. Oktober 2022 (https://www.wma.net/policiespost/ wma-resolution-in-support-of-medical-personnel-and-citizens-of-ukraine-in-the-face-of-therussian-invasion/) Ärztliche Leitung für Gesundheitsämter unverzichtbar Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert, dass Gesundheitsämter in aller Regel von Ärztinnen und Ärzten mit der Weiterbildung Facharzt/Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen geleitet werden. Das wird den vielfältigen Anforderungen an Gesundheitsämter, u. a. beim Infektionsschutz, dem Hygieneschutz, der Schwangerenund Mütterberatung, der Kinder- und Jugendgesundheit, der medizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderungen, psychischen Erkrankungen oder Abhängigkeitserkrankungen und beim Umgang mit anderen vulnerablen Gruppen wie Wohnungslosen, am ehesten gerecht. Auch die Erstellung von ärztlichen Gutachten, Attesten und Zeugnissen gehört ebenso wie die Arzneimittelüberwachung u. a. zu den gesetzlich vorgeschriebenen ärztlichen Aufgaben der Gesundheitsämter. Das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW) vom 25. November 1997 hat eine ausreichende Besetzung mit Fachärztinnen und Fachärztinnen für das Öffentliche Gesundheitswesen sowie mit anderen Fachärztinnen und Fachärzten vorgeschrieben. Über die dort festgelegte ärztliche Leitung der medizinischen Dienste hinaus ist es jedoch geboten, auch die Gesamtverantwortung der Leitung eines Gesundheitsamtes einer bzw. einem sachgerecht qualifizierten Ärztin bzw. Arzt zu übertragen, um die untere Gesundheitsbehörde als eigenständige fachlich kompetente dritte Säule des Gesundheitswesens zu erhalten. Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz regeln Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert das EU-Parlament auf, umgehend die EU-Verordnung 745/2017 (Medical Device Regulation) in Bezug auf die Konformitätsbewertungsverfahren für Bestandsprodukte anzupassen. Über die Übergangsphase fordert sie den deutschen Gesetzgeber auf, Ausnahmegenehmigungen für Bestandsprodukte zu erlassen. Ressourcen sparen! Keine teure Hardwareerneuerung in der TI Die Kammerversammlung fordert die Gesellschafter der gematik GmbH auf, die aktuell bekannt gewordene mögliche Erneuerung/ Aktualisierung der auslaufenden Sicherheitszertifikate für alle Konnektoren zuzulassen. Hierdurch können bei Krankenkassen Kosten in Höhe von ca. 300 Mio. Euro eingespart werden. Gerade in Zeiten der hohen Inflation und der drohenden Rezession sowie der Energiekrise ist der Staat gefordert, Steuer- und Versichertengelder zweckorientiert und mit möglichst hoher Effektivität einzusetzen. Digitalisierung und TI einfach und schnell und nicht alternativlos Die Probleme der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden pausenlos von allen Seiten den Anwendern vorgetragen, die gezwungen sind, solche mangelhaften Systeme zu benutzen. Ein zentrales Problem bildet dabei die nahe- zu völlig fehlende Interoperabilität der Pro- gramm- und Anwenderteile. Diese kann zurzeit nur überwunden werden mit immensen Kosten, da sich die Anbieter jede Anpassung teuer bezahlen lassen und selbst wenn man eine solche Anbindung erworben und hat installieren lassen, treten häufig vielfältige Probleme auf, die wiederum in aller Regel nur mit finanziellem Aufwand zu beheben sind. Für Softwareanbieter sind das „wahre Goldgruben“ wobei dann auch noch Versuche bestehen, diese zu monopolisieren. Von daher wehren sich Softwareanbieter mit allen Mitteln gegen transparente und einfache Lösungen. Die Ärztekammer wird aufgefordert, diese Transparenz und Einfachheit für die digitale Anwendung bei der Ärzteschaft von der Politik zu verlangen. Im Übrigen muss es immer auch analoge Alternativen geben, um nicht Teile unserer Gesellschaft abzuhängen, die aus welchen Gründen auch immer keinen Zugang zur digitalen Welt haben. Zudem müssen wir Patienten auch behandeln können, wenn die Systeme ausfallen. Steuerung des Behandlungsprozesses als ärztliche Kernaufgabe Die Steuerung des Behandlungsprozesses ist ärztliche Kernaufgabe und muss dies auch im Rahmen eines allgemeinen Heilberufsgesetzes bleiben. Dazu gehören Diagnostik, Indikationsstellung und Feststellung des individuellen Behandlungsbedarfs sowie Überwachung des Heilerfolges. Zur Steuerung des Behandlungsprozesses gehört auch die Koordinierung und Über- wachung der Tätigkeit von Angehörigen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe. Kooperation der Gesundheitsberufe Zur Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen stellt die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fest: Ärztinnen und Ärzte kooperieren mit anderen Gesundheitsberufen, die zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung befugt sind, und unter Trennung der Verantwortungsbereiche. Ärztliche Tätigkeiten können delegiert werden, wenn • es sich nicht um eine unter einen beson- deren Arztvorbehalt fallende Tätigkeit handelt und • die zur Ausführung der Tätigkeit ver- pflichtete Person hinreichend ausgebildet ist und über die für die Tätigkeit ent- sprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt und

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