Rheinisches Ärzteblatt 12/ 2022

32 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2022 Immer wieder kommt es in der Patientenversorgung zu kritischen Ereignissen oder (Beinahe-)Fehlern. Seit 2012 können Ärztinnen und Ärzte und andere medizinische Berufe über CIRS-NRW, die anonyme Berichts- und Lernplattform, über solche kritischen Ereignisse berichten und Vorschläge zur Fehlervermeidung anbieten. Ende November beging die Plattform in Münster ihr zehnjähriges Bestehen. von Jocelyne Naujoks Willkommen im Room of Horrors“, steht an der Tür. Wer einen erstenBlick indenRaum wagt, der erkennt sofort, dass es sich hierbei um ein Patientenzimmer handeln soll. In einer Ecke steht ein Krankenbett, in demeineweibliche Puppe liegt. Sie wird augenscheinlich mit Sauerstoff versorgt und bekommt intravenös Medikamente. Auf einem Beobachtungsbogen erfährt man, dass es sich hier um das Zimmer der 74-jährigen Eva Schock handeln soll, diemit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Neben Haupt- und Nebendiagnosen sind hier auch Allergien und Angaben zu ihrem Akutzustand sowie ein Medikamenten- plan erfasst. In der Patientenakte, die sich ebenfalls im Raum befindet, sind weitere Details zu Frau Schocks Gesundheitszustand enthalten. Auf einem Nachtisch neben dem Bett liegt eine Medikamentenbox. Ein Joghurt wartet darauf, gegessen zu werden. Hinter dem Bett lehnt eine Krücke an der Wand. DemaufmerksamenBeobachter entgeht nicht, dass in diesem Patientenzimmer einiges nicht so ist, wie es sein sollte. So liegt die Sauerstoffflasche auf demBett, sowohl die Krücke als auch die Notrufklingel sind außer Reichweite der Patientin und in der Hand hält Frau Schock eine Packung Zigaretten. Kein Szenario, das so oder so ähnlich nicht schon vorgekommen wäre, erklärt Marcel Debray, Qualitäts- und Risikomanager bei der Hospitalvereinigung St. Marien in Köln auf dem diesjährigen CIRSNRW Gipfel in Münster Anfang November. Dubrey hat gemeinsam mit seinen Kolleginnen den Raum für diesen Tag präpariert undbewusst insgesamt zehnFehlerquellen eingebaut. Eine einfache und effektiveMethode, um im Krankenhaus niederschwellig und mit simpler technischer Ausstattung Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal für Fehler im Krankenhausalltag zu sensibilisieren und so die Patientensicherheit zu erhöhen, sagt Debray. CIRS-NRW feiert zehnjähriges Jubiläum Kritische Ereignisse in der Patienten- versorgung offen anzusprechen, aus ihnen zu lernen und so die Patientensicherheit zu erhöhen, ist auch Ziel von CIRS-NRW, demeinrichtungsübergreifendenLern- und BerichtssystemzurMeldung von kritischen Ereignissen in der Patientenversorgung, das auf dem CIRS-NRW Gipfel sein zehnjähriges Jubiläum feierte. „Fehler passieren, sollten sich aber nicht wiederholen“, sagt Mark G. Friedrich, kaufmännischer Geschäftsführer der Ärztekammer West- falen-Lippe. Wie wichtig ein konstruktives Miteinander der Heilberufe ist, um Fehler zu verhindern, betont Dr. Hannes Müller, Forum CIRS-NRW: Aus Fehlern lernen Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Seit 2019 sind die Apo- theker- und Ärztekammern, die Kassen- ärztlichenVereinigungenunddie Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalens ebenso wie das Ärztliche Zentrum für Qualität inderMedizin (ÄZQ) Teil des CIRSNRW-Teams. Obwohl Gefahrenquellen für die Patientensicherheit grundsätzlich bekannt seien, blieben sie im Alltag oft unentdeckt oder würden zumindest nicht korrigiert, sagt Risikomanager Debray beim CIRSNRW-Gipfel. Die Gründe dafür seien zahlreich. Ursache sei häufig einemangelhafte Fehlerkultur im Haus. Um Gefahren zu minimieren, braucht es laut Debray ein hohes Situationsbewusstsein und das Wissen um potenzielle Fehlerquellen. Das verlange eine genaue Wahrnehmung der Situation und vorrausschauendes Handeln. Ziel des sogenanntenRoomof Horrors sei daher, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen realistischen Einblick zu geben und die Gefährdungen imklinischenAlltag erlebbar zu machen. „Außerdemmacht es extrem Spaß“, sagt Dubrey, zumindest wenn es die Fehlerkultur des Kranken- hauses erlaube. Der „Room of Horrors“ ist gespickt mit Fehlern, die die Patientensicherheit gefährden. Foto: Klaus Dercks

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