Rheinisches Ärzteblatt 12/ 2022

34 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2022 von Beweiserleichterungen entwickelt. DieseGrundsätze hätten sichbewährt. „Wir tätennicht gut daran, sie vollständig aufzu- gebenundeinganzneues Systemzuetablieren“, sagte der BÄK-Präsident. Er warnte zudemdavor, Ärztemit immermehr Dokumentationspflichten zubelasten, damit diese im Zweifel die Richtigkeit einer Behandlung belegen könnten. Ein solcher unverhältnismäßiger bürokratischer Aufwandkoste Zeit undgehe letztlich zulasten einer guten und patientenorientierten Versorgung. Nach Ansicht von Reinhardt wird der Fokus beimThema Patientenrechte zudem zu schnell auf die Frage der Arzthaftung ge- richtet. Patientinnen und Patienten hätten zuvorderst dasRecht, fehlerfrei behandelt zu werden. „Ein Patientenrechtegesetz 2.0 muss deshalb früher ansetzen“, forderte der BÄK-Präsident. ImSinneder Prävention müssten Arbeitsbedingungen für das gesamte medizinische Personal geschaffen werden, die esmöglichst verhinderten, dass Fehler entstehen. „Vorbeugen ist besser als entschädigen“, sagte Reinhardt. Klar sei aber auch, dass die Patienten imFalle eines berechtigten Behandlungsfehlervorwurfs angemessen entschädigt werdenmüssten. Ärzte und Patienten auf Augenhöhe EineStärkungder Patientenrechtebei Be- handlungsfehlern hat sich auch die Ampel- regierung auf die Fahne geschrieben. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Bei Behandlungsfehlern stärken wir die Stellung der Patientinnen und Patienten im bestehenden Haftungssystem. Ein Härtefallfonds mit gedeckelten Ansprüchen wird eingeführt.“ Ein Vollzugsproblem bei der Durchsetzung von Patienteninteressen bescheinigte denn auchRainer Sbrzesny dem System. Der Referent imStabdes Patienten- beauftragten der Bundesregierung be- mängelte die zum Teil hohen Hürden für Patienten, wenn diese ihre Patientenakten einsehen oder Belege für vermutete Behandlungsfehler beibringen wollten. Er hält deshalb die Verabschiedung eines Patientenrechtestärkungsgesetzes für notwendig, umdie Begegnung vonÄrztenund Patienten auf Augenhöhe zu erreichen. Das Wissensgefälle und die Informationsasymmetrie zwischen beiden Parteien führten noch immer zu Ungerechtigkeiten. Im November 2012 beschloss der Deutsche Bundestag das Patientenrechtegesetz. Damals diskutierten Experten auf dem Kölner Medizinrechtstag Chancen und Risiken des Gesetzes aus ärztlicher, juristischer und politischer Sicht. Knapp zehn Jahre später steht die Zukunft der Patientenrechte wieder im Fokus der Veranstaltung. von Martin Bornemeier Transparenz über die Rechte von Patientinnen und Patienten herzustellenundderenDurchsetzung zu erleichtern – das war das Ziel des Patientenrechtegesetzes von 2012. Jetzt, zehn Jahre später, mehrten sich die Forder- ungen nach einem weiteren Ausbau der Patientenrechte, erklärte Professor Dr. jur. Christian Katzenmeier, Leiter des Instituts für Medizinrecht der Universität zu Köln. Diskutiert werde zum Beispiel über eine VerschärfungderDokumentationspflichten vonÄrzten, Erleichterungenbei der Beweis- führung für Patienten bei vermuteten Behandlungsfehlern bis hin zur generellen Beweislastumkehr oder auchdie Schaffung eines Entschädigungsfonds für die Opfer von Behandlungsfehlern. Die Zukunft der Patientenrechte stand deshalb im Mittelpunkt des 7. Kölner Medizinrechtstags am 21. Oktober, zu dem Katzenmeier Vertreter von Patienten, Ärzteschaft, Rechtswissenschaft und der Haftpflichtversicherer geladen hatte. Nicht noch mehr Dokumentation Die Rechte der Patientinnen und Patienten seien integraler Bestandteil jeder Behandlung. Würden sie missachtet, sei das auch einVerstoßgegendas ärztliche Selbstverständnis, betonte Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). ÄrztinnenundÄrzte seien„hochengagiert“, wennes darumgehe, Fehlernvorzubeugen, weil jeder Fehler auch ihnen nahegehe. „Fehler werden aber nie ganz zu vermeiden sein“, gab Reinhardt zu bedenken. Entscheidend sei, dass man aus ihnen für die Zukunft lerne.Mit Blick auf denUmgangmit vermuteten Behandlungsfehlern habe die Rechtsprechung ein differenziertes System Forum „Vorbeugen ist besser als entschädigen“ „Aktuell mehren sich Forderungen nach einem weiteren Ausbau der Patientenrechte“, Prof. Dr. jur. Christian Katzenmeier, Institut für Medizinrecht der Universität Köln. Fotos: Martin Bornemeier „Die verfassungsrechtlich gebotene und vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünschte Begegnung auf Augenhöhe findet im Behandlungsverhältnis noch nicht statt“, Rainer Sbrzesny, Referent des Patientenbeauftragten der Bundesregierung. „Schlechte Rahmenbedingungen für die Berufsausübung befördern Fehler“, Dr. Klaus Reinhard, Präsident der Bundesärztekammer.

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