Wie groß war die Umstellung?
Sehr groß. Ich war gerade 15 geworden und
zum ersten Mal von zu Hause weg. Davor
hatte ich bei meinen Eltern im beschauli-
chen Pfaffenhofen an der Ilm gewohnt. In
eine Großstadt wie Hamburg zu kommen,
war etwas ganz Neues. Auch wenn es im In-
ternat viel Unterstützung in allen Bereichen
gab, war ich zum ersten Mal auf mich allei-
ne gestellt. Und es war nicht immer leicht,
sich bei den vielen unterschiedlichen Cha-
rakteren und Mentalitäten der Jungs dort
durchzusetzen.
War es schon länger dein Wunsch gewesen,
diesen Sprung ins Internat eines Bundesligis-
ten zu schaffen?
Ich wollte so weit wie möglich kommen in
meiner Karriere. Deswegen bin ich aus Pfaf-
fenhofen zur SpVgg Unterhaching gewech-
selt. Mein Vater hat mich jeden Tag zum
Training gefahren – 75 Minuten hin und
dann wieder zurück. Diesen Aufwand habe
ich nicht betrieben, um einfach nur in Unter-
haching zu spielen. Ich wollte schon damals
in die Bundesliga. Und beim Probetraining
in Hamburg wollte ich mich unbedingt ge-
gen die anderen Konkurrenten durchsetzen.
Es war nur noch ein Platz im Internat frei,
und den habe ich mir geschnappt. Darüber
war ich sehr glücklich.
Nächste Station war für dich der SV Kapfen-
berg in Österreich. Warum bist du diesen
Schritt gegangen?
Ich konnte beim HSV, nachdem ich aus der
Jugend kam, zwar gut trainieren, habe aber
nicht auf höchstem Niveau gespielt. Diese
Möglichkeit habe ich in Österreich bekom-
men, deswegen habe ich den Schritt nie
bereut. Für mich waren es drei sehr erfolg-
reiche Jahre beim SV Kapfenberg. Ich habe
mehr als 100 Liga-Spiele gemacht. Diese
Spielpraxis hat mir sehr gut getan und war
für meine weitere Karriere sehr wichtig.
Deutschen Torhütern wird im Ausland generell
eine große Wertschätzung entgegengebracht.
Wie war es bei dir?
Ich war nicht von Beginn der Vorbereitung
an gesetzt, sondern musste mich durchset-
zen. Aber ich hatte mir durch die sehr gute
Ausbildung in Deutschland einige Qualitäten
angeeignet, die mich vom zweiten Torwart
abgehoben haben. In der Saison habe ich
dann von Anfang an gespielt, gute Leistun-
gen gezeigt. Und schon nach einigen Spielen
war klar, dass ich gut in die Mannschaft pas-
se. Ich war nominiert für den ‚Bruno‘
(
Wahl
zum Spieler der Saison in Österreich, Anm.
d. Red.)
,
hatte ein hohes Ansehen in der
Liga, auch bei den Gegnern, wurde in frem-
den Stadien nie ausgepfiffen. Es war eine tol-
le Zeit. Ich könnte sicher immer wieder nach
Österreich zurückgehen, wenn ich wollte...
Hat sich in der Liga in den vergangenen Jahren
schon angedeutet, dass der Fußball in Öster-
reich im Aufwind ist?
Ich habe es von Anfang an so empfunden,
dass die ersten fünf Mannschaften, also Aus-
tria und Rapid Wien, Sturm Graz, Salzburg
und auch der SV Ried, der häufiger interna-
tional dabei ist, sehr guten Fußball spielen.
Man sieht es ja auch an ‚Zladdi‘
(
Zlatko Junu-
zovic, Anm. d. Red.)
.
Er hat sich in der Bun-
desliga schnell zurecht-
gefunden, ist ein wich-
tiger Spieler für uns. In
Österreich hat sich in
den vergangenen Jahren
viel getan. Die Liga wird
teilweise noch immer
unterschätzt.
Wie waren deine Begeg-
nungen mit ‚Zladdi‘ in
Österreich?
Wenn ich mich richtig
erinnere, hat er mal ein
Tor gegen mich gemacht.
Aber ich habe auf jeden
Fall auch einige gefähr-
liche Schüsse von ihm
gehalten
(
lacht)
.
Sein
Club Austria Wien hat-
m
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WERDER MAGAZIN 294
INTERVIEW