Inwiefern hat sich die Vorbereitung vor den
Spielen für dich verändert?
Ich habe nichts verändert. Auch wenn ich in
den vergangenen Jahren nicht von Beginn
an zum Einsatz gekommen bin, habe ich
mich so vorbereitet, als würde ich spielen.
Als zweiter Torwart muss man immer damit
rechnen, dass etwas passiert. Ich versuche
mich ganz entspannt und normal auf ein
Spiel vorzubereiten und habe keine besonde-
ren Rituale.
Du strahlst sowohl auf dem Spielfeld als auch
außerhalb Gelassenheit aus. Nimmst du men-
tales Training in Anspruch?
Für Spieler, die davon überzeugt sind, ist es
sicher eine große Hilfe. Aber ich bin bisher
ohne klargekommen, konnte meine Situati-
on immer gut selbst einschätzen.
Gehen die Menschen in Bremen jetzt anders
auf dich zu?
Ich merke, dass mein Bekanntheitsgrad
enorm gewachsen ist. Viele erkennen mich
auf der Straße, sprechen mich an. Bisher war
das immer sehr angenehm. Ich hoffe, dass
es so bleibt. Denn ich versuche auch immer
freundlich zu sein. Das ist mir wichtig.
Wie schützt du dich vor ‚falschen Freunden‘?
Bis jetzt musste ich mich damit glück-
licherweise noch nicht beschäftigen.
Es stimmt: Man lernt viele Leute
kennen als Fußballer, muss wis-
sen, was sie von einem wollen.
Ich kann Menschen sehr gut
einschätzen. Und wenn sie
sich als ‚falsche Freunde‘
herausstellen sollten,
würde ich schnell einen
Schlussstrich ziehen.
Nach dem Nordderby
gegen den HSV bist
du auf den Zaun vor
der Ostkurve gestie-
gen und hast mit den
Fans gefeiert. War es
untypisch für dich, so
aus dir herauszugehen?
Es war ja nicht das erste Mal. Schon nach
einem Spiel in Nürnberg hatten mich die
Fans mal darum gebeten. Eigentlich war das
immer Tims Sache, und ich will ihn nicht
kopieren. Aber es ist schön, mit den Fans zu
feiern. Deshalb habe ich es gerne gemacht.
Gab es beim Auswärtsspiel in Hoffenheim ein
Wiedersehen mit Tim Wiese?
Nach dem Spiel haben wir uns kurz getrof-
fen. Er hat mich beglückwünscht zu unse-
rem Sieg. Ich habe ihm gute Besserung ge-
wünscht – wie das unter Torhüter-Kollegen
eben so ist. Es war unser erster Kontakt, seit
Tim weg ist. Wir haben hier bei Werder lan-
ge Zeit jeden Tag gemeinsam trainiert und
hatten ein sehr gutes Verhältnis.
Deutschland hat ein unerschöpfliches Poten-
zial guter junger Torhüter. Warum?
Viele Torhüter bekommen schon in jungem
Alter sehr gutes Training. Und das zieht sich
dann bis oben durch. Deutschland ist in Sa-
chen Torwart-Trainer sehr gut aufgestellt.
Das führt dazu, dass immer wieder starke
Leute nachkommen. Der ‚Markt‘ wird im-
mer enger. Es ist für Torhüter nicht leicht,
bei einem Top-Verein zu spielen. Auch des-
halb bin ich froh, dass ich bei Werder bin.
Ein Torwart-Kollege in deinem Alter ist Ron-
Robert Zieler von Hannover 96. Im Jahr 2009
habt ihr gemeinsam für Deutschland an der
Junioren-WM in Ägypten teilgenommen. Nicht
alle Beobachter haben damals verstanden,
dass Zieler die Nummer eins war...
Er spielte damals in England, kam dort nur
wenig zum Einsatz. Ich durfte schon re-
gelmäßig in der Regionalliga spielen, hatte
also mehr Spielpraxis. Deshalb bin ich ehr-
lich: Ich habe die Entscheidung von Trainer
Horst Hrubesch auch nicht verstanden. Nur
einmal, beim 4:0 gegen Kamerun durfte ich
spielen, habe auch gut gehalten. Die Erfah-
rungen dieses Turniers möchte ich auf kei-
nen Fall missen. Ron hat sich in den
letzten Jahren super entwickelt.
Da möchte ich auch ir-
gendwann hin.
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WERDER MAGAZIN 298
INTERVIEW